Wallenstein (German Edition)
ernst war mit dem Anmarsch der Spanier.
Schwebend ging Slawata hinaus, an Trautmannsdorf hängend. »Was meint Ihr«, fragte der Böhme, »Ihr weint ja fast. Der Herzog lebt noch. Er ist noch nicht tot.« »Sie werden ihn umbringen. Sie wollen ihn beseitigen. Graf Schlick ist kein Mensch. Er ist ein Untier. Es wäre besser, Friedland regierte hier, ganz, schrankenlos, und nichts bewegte sich gegen ihn.« »Meint Ihr«, seufzte Slawata und hing dem Gedanken träumerisch nach, »warum wollen wir so Unmögliches bedenken. Es schickt sich in der Tat alles gegen Friedland. Es hat etwas Elementares an sich.« »Slawata, Ihr seid mein Freund«, Trautmannsdorf wandte sich plötzlich an den andern, »wollen wir uns zusammentun. Wir wollen dem Herzog helfen. Ich kann es nicht mit ansehen. Seit Monaten geht es so gegen ihn, Schlick hat alles in der Hand, Eggenberg sagt nicht nein, der Weg ist fast schon vorgezeichnet.« Ein glückliches Gefühl ging durch Slawata; es war so schön, was der andere vorschlug; kurios war es, daß grade ihm dieser Antrag wurde, aber warum sollte er nicht einmal dem Herzog helfen, helfen, ihn retten. In ihm winselte, zwitscherte es: ich will mit dem Grafen dem Herzog helfen, wir spielen zusammen mit ihm, ich muß ihn doch beseitigen.
Und erst in diesem Augenblick war ihm flammend klar und durchrieselte ihn mit Wonne und Seligkeit, daß er wahrhaftig vorhatte, den Herzog zu töten. Riesenhoch lohte es durch ihn: ich will ihn töten, er labte sich an dem Feuer, wuchs stolz daran hoch.
Voll Dank drückte er dem kleinen Grafen den Arm; ihm sei nichts Lieberes begegnet den Tag als dieses Wort des Grafen Trautmannsdorf, man solle den Herzog nicht dem Grafen Schlick überlassen; nein, sie wollten sich selbst an ihn heranmachen. Trautmannsdorf starrte ihn an; Slawata in seiner halben Berauschtheit merkte es erst spät: »Was stiert Ihr so.« »Wir wollen uns selbst an ihn heranmachen.« Slawata sah ihn an; das hatte sein Mund gesagt, er erinnerte sich nicht; was tat sein Mund. Launisch, gefaßt lachte er: »So will ich meinen Mund schlagen, der sich auf eigene Füße stellen will. Was sagte er. Er ist ein Kalb. Ich möchte mich an den Herzog heranmachen, ihm die Gefahren schildern, ihn führen.« »Das will ich doch auch so gerne. Wollen wir ihm helfen.«
Und Slawata sog den aufrichtigen Schmerz und die Sorge des anderen wie einen starken leidenschaftlichen Geruch ein.
Wie er vor seinem Schreibkabinett saß, schrieb er. Er teilte dem Friedland die Machenschaften am Hofe mit, daß Schlick mit den Jesuiten den Ton angebe, Eggenberg aus Angst mitmache; daß viele gegen ihn seien; bald werde Schlick und Questenberg ihn zur Rede stellen; wichtige Personen am Hofe hätten ihn im Verdacht des Verrats, wichtige entscheidende Personen. Er überlegte sich nicht einmal, als er dies schrieb, wie er seine Teilnahme für den Herzog begründen sollte und was der Herzog dazu sagen würde.
DER KAISER hielt sich in der Burg auf. Er beobachtete mit argwöhnischen Mienen, was um ihn vorging. Ein sonderbares Vibrieren hatte noch in Wolkersdorf in ihm begonnen. Es trieb ihn, seine Umgebung zu beschnüffeln. Man hatte ihm von den Befürchtungen um Friedland berichtet: das waren dieselben Worte, die sie zu ihm gesprochen hatten, ehe man ihm das Generalat übertrug. Der Schwede war hin, jetzt mußte man auf der Hut vor dem General sein. Sie sagten es.
Er gab die Jagden auf. Eine Beängstigung Befremdung wuchs in ihm. Er verschwieg sich, daß er vor den Heiligenbildern und Kruzifixen nicht stillstehen konnte, daß er gepeinigt davon fortgetrieben wurde. Er wollte fort aus Wolkersdorf. Er war eines Morgens fast nach Wien geflohen. Er verlangte bald den, bald den Herrn zu sich zum Vortrag. Sein Geheimsekretär wurde von ihm herumgeschickt, dann befragte er ihn ruhelos. Etwas Ängstliches hielt ihn neuerlich in der Burg fest. Mit Widerwillen Widerstreben verharrte er. Die Kaiserin, die fast ein Witwendasein in tiefer Religiosität abgeschlossen in ihrem Flügel führte, kam näher an ihn. Sie tauschten Worte über einige Ordensdinge. Sie war beglückt, daß er nun selbst Schmerz über diesen Wallenstein empfand und damit rang; auch zu ihr waren diese Dinge gekommen durch ihren Beichtvater; auf den Kaiser zu wirken hatte sie aber abgelehnt. In ihr zuckte es wieder, sich ganz neben ihn zu stellen; die Trauer um Mantua lichtete sich etwas; der Mann neben ihr sah gequält aus.
Plötzlich bemerkte sie, daß, je mehr sie sich
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