Wallenstein (German Edition)
das mit Recht sagen. Und als die Kaiserin den aufmerksamen Kopf hob, ihn fragend anblitzte, den Arm sinken ließ: ja, seit Regensburg, seit seiner Entlassung; seit da sei dem Friedland nicht mehr zu trauen; er verirre sich immer mehr. »Seit seiner Entlassung«, hauchte die Mantuanerin errötend, legte sich im Sessel zurück; »man durfte ihn doch wohl entlassen.« Ernst Lamormain: gewiß, er sei vom Kaiser angestellt und nicht auf Lebenszeit, aber die Menschen seien nun einmal im Grunde ihres Herzens eigentümlich, ein Gefühl für die Rechtsverhältnisse sei nicht da; da kümmere sich einer nicht darum, ob jener Kaiser sei und er Kämmerer; er will seine Begehrlichkeit befriedigen, er läßt sich nicht fortschicken.
»Was ist das?« Ferdinand fest angelehnt, die linke Hand vor dem Mund: »Fortgeschickt. In Regensburg. Der Herzog zu Friedland ist mein Freund gewesen. Sein Grimm, wenn er da ist, hat mit Regensburg nichts zu tun.« – Lamormain: man erzähle sich, er datiere seit Regensburg. – Ferdinand: in Regensburg sei das Reich geordnet worden; der Streit der Kurfürsten sei beendet worden; das Reich habe sich gefestigt wie niemals. Friedland hat auf Festigung und Sicherung des Reichs gedrungen; was komme man mit Regensburg; wie solle Regensburg ihn, gerade ihn schlimm beeinflußt haben. Mit demselben tiefen herzlichen Blick nahm Lamormain, gebückt über sich sitzend, seine Worte an, traurig die Stirn runzelnd; leise vorsichtig: »Er ist in Regensburg entlassen worden.« »Von wem redet Ihr, Ehrwürden.« »Vom Herzog zu Friedland.« »Eben. Es ist doch kein Lakai oder Barbier entlassen worden. Es ist der Herzog zu Friedland.« »Was macht es.« »Nun sprecht doch, Ehrwürden, um Jesu willen.« »Er ist von der Römischen Majestät mit Glimpf entlassen worden. Er war Generalfeldhauptmann der kaiserlichen Armada, hatte den dänischen König geschlagen, den niedersächsischen Kreis beruhigt.« »Ich habe ihn mit mehr als Glimpf entlassen. Ich habe ihm Geschenke geschickt, es ist keine Woche vergangen, daß ich ihm nicht ein freundliches Wort gab, er war mir immer mein Oberster Feldhauptmann, ich war ihm stündlich gnädig und huldvoll.« »Ihr wohl, Kaiserliche Majestät. Ihr wart ihm huldvoll und gnädig. Aber er nicht der Kaiserlichen Majestät. Denn er war der Friedländer, der Herzog zu Friedland, Wallenstein; oh, wer das ist, Wallenstein. Und er ist beleidigt worden, er hat gehen müssen, hat der Kurfürstlichen Durchlaucht in Bayern weichen müssen.« »Wir reden im Kreis. Das Reich hat es erfordert. Der Herzog weiß es. Ich habe ihm nicht übel gewollt.« Immer still der Priester: er hätte, sagt man, dem Kurfürsten in Bayern weichen müssen.
Flammend blickte, beide Arme schräg über die Lehne legend, Eleonore den Kaiser an, dessen Gesicht klein in seiner Gequältheit erschien, etwas Drohendes in ihrer Stimme: man erzähle sich überall, es sei nicht der Kaiser, sondern der Bayer gewesen, der den Herzog abgesetzt habe. Durchbohrend Ferdinand vorgebeugt: »Denkst du das auch?« Sie legte sich angstvoll zurück: »Ich fragte dich.« Heiser Ferdinand: »Frage nicht, Eleonore. Du denkst zuviel an Mantua.« Sein Ausdruck wechselte, wie er sie fixierte; dann sanfter: »Du weißt nicht, wie es zugegangen ist. Ich habe Italien nie übel gewollt. Friedland auch nicht. Ich hätte dir gern Freude gemacht, Eleonore.« Sie hauchte, fast zärtlich, sich über ihren Schoß errötend breitend: »Ich weiß, Ferdinand. Verzeih mir.«
Sie schwiegen. Die Schloßwache marschierte mit langsamem Gesang über den Hof, das helle Winterlicht erfüllte bis in die Winkel den warmen weiten Raum. Lamormain, anscheinend zuhörend: »Welche schönen weltlichen Lieder es gibt.« Der Kaiser, der gebrütet hatte, auffahrend, als wenn er etwas abwürfe: »Also es sieht aus, als wenn ich schuld an der Lage bin. An den Verwicklungen. Vielleicht, nein, ich bin schuld an dem sogenannten Verrat Wallensteins. Das alles leuchtet mir nicht ein. Ich sage es zehnmal. Und wenn man mir zehnmal und zwanzigmal widerspricht.« Nach einer Pause hitzig mit Gesten gegen Lamormain, der sich hochgesetzt hatte: »Und wenn ich Schuld habe. Wir reden jetzt nicht davon. Wie lange ist Regensburg her. Ich kann es schon gar nicht mehr denken. Regensburg ist schon fast nur eine Einbildung. Was kommt man mit Regensburg. Wenn ich den Herzog entlassen habe, dann ist alles wieder gutgemacht. Wenn er beleidigt war: er ist Feldhauptmann geworden; er hat, was er will.
Weitere Kostenlose Bücher