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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Was will er?« Die Mantuanerin drückte ihren langen Fächer auf seinen fuchtelnden Arm; er solle sich nicht erregen, die Dinge würden bald wieder ausgeglichen sein. – »Ausgeglichen. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, was das Ganze soll. Was dahinter steckt.« Eleonore behutsam: »Wohinter.« »Nun versteh doch, Eleonore. Ihr versteht mich gewiß, Ehrwürden. Höre doch einmal. Es ist ja gar kein Grund für den Herzog vorhanden, gegen mich zu sein. Ich habe ihm keinen Anlaß geboten. Er ist Haupt des Heeres mit der ungeheuersten Vollmacht. Wir bestreiten sie ihm nicht.« Seufzend Lamormain: »Er will nicht.« Bittend Ferdinand mit gespanntem Gesicht: »Was ist, Pater. Was wißt Ihr.« Nichts, als daß dem Herzog nicht genug sei an den Vollmachten und an dem Heer; daß er nicht zufriedenzustellen sei. – Was er denn wolle. – Er vergißt nicht, daß man ihn bei Regensburg weggeschickt hat. Er läßt das nicht liegen, es ist ihm wichtig für sein Handeln wie irgend etwas. Und nun gibt er keine Ruhe. – »Wir haben ihn nicht besänftigt mit dem neuen Kommando?« »Den Herzog?« »Nun?« Lamormain lachte freundlich, tauschte Blicke mit der Kaiserin, die lächelte: »Kaiserliche Majestät. Ich will kein Beispiel geben. Es sollte mir auch schwer sein, für den Herzog ein Beispiel zu finden. Im Grunde braucht man nur zu sehen – wenn ein Stein auf einen Marmorboden geworfen wird –, eine Kante von dem Stein bricht ab: diese Kante ist nun in alle Ewigkeit ab, sie kann nur durch einen Entschluß Gottes wieder am Stein befestigt werden.« – »Nun?« »Der Herzog weiß, wer er ist. Er hat es in Regensburg gemerkt. Es paßt ihm nicht, er verzeiht es nicht, daß er so ist, unser, der Kaiserlichen Majestät Feldhauptmann, und weiter nichts.« Ferdinand biß mit gerunzelter Stirn an seinem Handknöchel, er arbeitete mit dem Zeigefinger an seiner Unterlippe, brachte hervor: »Seht einmal, Lamormain. Ist es Euer Eindruck – hat man dem Herzog irgend etwas in den Weg gelegt.« »Nicht doch«, lachte behaglich Lamormain. »Oh, warum lacht Ihr denn«, Ferdinand seufzend, flehend, »sagt mir doch, was ist.« Mit großer Weiche der Jesuit: »Majestät wollen wissen, was man dem Herzog in den Weg gelegt hat. Nichts. Es hätte keiner wagen können. Er hat ja die ganze Macht allein.« Erleichtert Ferdinand: »Nun also.« Lamormain mußte ein anspielendes Lächeln unterdrücken: »Es genügt ihm nicht.« Unsicher Ferdinand, an seinem Gesicht, an seinen Händen hängend, die ganze schwarze starke Gestalt des Jesuiten mit den Augen verschlingend: »Es ist ihm nicht genug.« Und im Hintergrund fühlte er sich etwas regen, ganz unerwartet sich aus dem Grauen Tiefen schieben, etwas mit tausend Füßen, das lief, lief, das ihm entgegenlief, dem er entgegendrängte, gegen das er sich stemmte. »Puh, puh«, spie er. Das wieder. Dahin, dahin wieder.
    Er stand aus dem Sessel auf, das Kleid Eleonorens rauschte neben ihm, es duftete stark neben ihm; sie war, wie der Ekel sein Gesicht entstellte, zu ihm gedrängt. Sie gingen nebeneinander Arm in Arm über die Teppiche der Galerie. Lamormain stellte sich an die Brüstung der Galerie. »Es ist ihm nicht genug«, flüsterte Ferdinand, als sie an Lamormain vorbeizogen, hielt etwas an. Sein ausgerenktes Gesicht. Er hielt Eleonore an beiden Armen vor sich fest. Die Mantuanerin halb weinend: »Er ist ein Teufel.« Von der Seite Lamormain schwer, traurig: »Kein Teufel. Ein armer Mensch.«
    Er hielt noch die Mantuanerin umfaßt, stierte ihre Augen an wie Fremdkörper, ihre verkräuselten Haare, ihren auseinandergezogenen Mund, ihre abwärts gesenkten Mundwinkel, einen Finger hob er: »Dies ist es. So sind die Menschen. Der Pater hat es gesagt.«
    Und wieder wimmelten über ihn die tausend kleinen krebsartigen Füßchen, der schuppentragende langgestreckte Leib; der Leib war so dicht über ihm, er hatte Neigung, sich zu bücken.
    »Was sagst du dazu?« Sie mit tränenerfüllten Augen, gebrochener Stimme, ihn im Gehen fortziehend; sie suchte ihrer Stimme einen leichten Ton zu geben: »Es wird nicht schwer sein, etwas gegen ihn zu tun. Wir brauchen darum nicht zu sorgen. Wir werden morgen den Fürsten Eggenberg und unseren lieben Schlick bitten. Sie werden uns erzählen, was zu tun ist.«
    Der Kaiser ließ sich, ihren Arm ablösend, in seinen breiten Abtstuhl nieder; die geschnitzten Menschen empfingen ihn, über die Lehne fließend, Männer Kinder Frauen, abgleitend, sich hebend, er fragte Lamormain:

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