Wallenstein (German Edition)
wohltemperierte, allen angemessene alte katholische Glaube. Sie könnten schon immerhin, wenn sie sonst etwas glaubten, es glauben. Störe sie niemand darin; wer wird gleich schimpfen, wer wird einem Menschen nicht erlauben, ein bißchen zu glauben, was ihm beliebe. Der katholische Glaube sei wie ein Lämmlein oder wie ein Geblendeter, den man am Bändchen führt; er folge völlig den Menschen. Seht hin, ich zeig’ euch, wie das Lämmlein lagert und fromm spielt. Das katholische Christentum wolle nichts vom Menschen, keinen Zwang, kein bißchen Gewalt. Aber die lutherischen Prädikanten schwatzen großmächtig daher von »Überzeugung« und dem »inneren Glauben« und was noch, das das Christentum verlange. Verlangen könne man schon, aber wer solle das leisten. Wer hätte denn Zeit für all das Zeug? Wieviel Menschen hätten denn Lust, sich soweit mit diesen hohen und gar schweren Sachen abzugeben; müßten sich ja fürchten, sich daran zu vergreifen in ihrer Einfalt. Da wolle das gute fromme katholische Christentum von seinen Gläubigen nichts als ein bißchen Händefalten, einen sonntäglichen Spaziergang, Geflüster, einen Kniefall.
»Und ist das schwer. Es ist fürwahr nicht so schwer, wie diese Säcke zu tragen und daheim sich mit seinem Hauskreuz herumzuplacken. Ein kleiner Spaziergang, o je, wieviel mehr verlangen die Herren Richter, die Lehrer in der Schule von einem Kind; solch Kind wird gequält. Ja freilich, man muß manchmal fasten. Das lass’ ich gelten, es ist nicht jedermanns Sache; aber zehn Heller, zwanzig Heller: ein anderer fastet für dich, oder der Priester erläßt es dir. Das katholische Christentum erlaubt jedem, der ihm anhängt, sich in der erhabensten Gesellschaft der Märtyrer und Heiligen einheimisch zu fühlen. Kein Betrüger kann ein einfacheres und wirksameres Mittel erfinden, um hoch und höher zu kommen; und keiner kann sich ein Ziel stecken, das höher ist. Welche großmächtige Gewalt besitzt die katholische heilige Kirche. Und gibt es eine Gewalt, die ihre Macht sanfter gebraucht; sie kann im Diesseits und Jenseits die meisten Menschen spießen, sieden, brennen, schmoren lassen. Statt dessen stellt sie ihnen schöne Bilder hin in hohen Gotteshäusern und man braucht sie nur anzugucken. Sie tut Orgeln und die geübtesten feinsten Sänger auf die Chöre, und man braucht sich nur hinzusetzen und zuhören; währenddessen hat man nichts nötig als sich das Fluchen und Gotteslästern zu verkneifen, das auch sonst nicht schön klingt. Alles liefert die Kirche den Menschen, sie setzt ihnen reiche, ja königliche Häuser hin. Wenn man es recht betrachtet, was ist denn die Kirche anders als ein Fürstenhof, an den alle, Bauern Bettler Edle Ritter und Grafen Barone bis zum Römischen Kaiser hinauf, gleichmäßig geladen sind, um sich zu ergötzen. Jeder kann an ihren Vergnügen teilnehmen, jeder kann sich als Fürst vorkommen, er ist in seinem Haus. Ihr Törichten, was wollt ihr. Ihr braucht nicht beten, braucht euch nicht bemühen. Alles wird euch abgenommen. Wir sind die Schlösser an der Himmelstür: Ihr braucht uns nur bitten, wir machen auf. Das Himmelreich kann euch nicht entgehen. Wir haben so viel Gnade geerbt, die Märtyrer haben uns davon hinterlassen, daß wir und unsere Gläubigen bequem Jahrtausende davon in dulci jubilo leben können. Und haben dabei gar nicht nötig, arg hauszuhalten. Wo sollen wir nur hin mit den ganzen Scheuern der Gnade. Wir werden ja manchmal Lust bekommen, so einem armseligen Protestantlein, das unter dem Tisch hockt, ein Knöchelchen hinzuwerfen. Und ihr – ihr könnt nur immer tun, was ihr wollt. Wer katholisch ist, kann ruhig inzwischen auf Erden seines Weges ziehen. Für ihn ist gesorgt. Es ist alles vorbereitet; er braucht sich nicht drum zu bemühen. Geht hin, wohin ihr wollt, es nimmt euch keiner was weg. Ihr habt zu pflügen, zu düngen, das Vieh zu füttern, die Pferde zu striegeln, von den Kindern ist eins bockig, euer Nachbar zankt mit euch. Es gibt für euch soviel schöne und wichtige Sachen, Wein Musik Tanz kleine gelustige Fräuleins Kartenspiele Hahnenschlagen Kirmes. Und die Raufereien und dem Nachbarn die Zähne zeigen. Wir werden euch nicht stören dabei. Wir hüten schon euren himmlischen Besitz.«
Der Dominikaner wackelte vergnügt mit dem Finger: »Gell, eine feine Religion? Was sagt ihr zu meiner Religion?« »Läßt sich hören«, sagten die beiden Bauern. Sie setzten sich zu fünf in eine Mulde des Waldbodens; die Bauern
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