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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Schußgewehr und zwei Pistolen; die Offiziere schrien, wenn sie den Degen umlegten: warum sollte man sich mit dem schweren Gewehr und Pistolen schleppen. Konstabler Schneller Schanzbauer Granatiere Minatoren Bergknappen Pontoniere Petardierer schleiften ihre Füße durch den Lehm des Artillerielagers, ließen untätig die Mäuler hängen, verfluchten Granaten Petarden Lunten Ladungskapseln. Schlichen davon zum Schweden, Sachsen. Fragten, wo Krieg sei. Immer noch liefen Neugeworbene an, wurden zu besonderen Fähnlein zusammengeschlossen; nach einundzwanzig Kommandos wurde die Pike exerziert, neunundneunzig Tempi brauchte das Feuern und Wiederladen, hundertdreiundvierzig Kommandos die Musketen; die Alten standen dabei, grinsten und zogen mürrisch weiter. Auch in die Jungen wurde Mißtrauen gelegt, die Strafen stiegen, Wippgalgen, hölzerne Esel wurden überall vermehrt. Die alten Söldner freuten sich mit Grimm: es war das einzige, das sie an die früheren Jahre erinnerte. Heiß wurde draußen geworben, die Agenten ließen trommeln: zehn Gulden Werbegeld, für den Tag zwölf Kreuzer. Während die Rotten zuströmten, schmolzen innen die Heere aus, zogen die neuen in den Schwund hinein; das leckende Rinnsal war nicht zu stopfen.
    Heftigkeiten kamen vor. Gegen Artilleristen, die an sächsische und schwedische Händler Munition und Stückkugeln verkauften, verbanden sich Freifähnlein von Kürissern, legten sich in Hinterhalt, nahmen den Betrügern das fremde Geld ab; stießen einige nieder; sie selbst erzwangen sich Aufsicht über größere Waffenlager; ihre heimliche Verpfändung und Verschleuderung betrieb man dann im Verein. Offiziere wurden in solche Affären mit hineingerissen, gegen die Generalspersonen wurden die Vorfälle geheimgehalten, Mannschaften und Offiziere riskierten Posten und Leben. An der bayrischen Front und nach Schlesien hin brachen Fähnlein und Rotten aus, führten auf eigene Faust Krieg. Durch die schärfsten Mandate war Aldringen wie Graf Schaffgotsch bedeutet, jeden Kampf zu verhindern, Plänkeleien und Provokationen zu bestrafen. Die Truppen waren nicht zu halten, die Obersten mußten froh sein, wenn die Abteilungen von ihren wilden Exkursionen zurückkamen und sich den vorsichtig sanften Strafen beugten und nicht einfach beim Feind blieben. Die Offiziere gewöhnten sich, Spione und Vertrauensleute bei den einzelnen Regimentern zu halten, um jedem Ausbruch von vornherein zuvorzukommen; es war ein gefährliches Mittel, das sich oft gegen die Offiziere selbst richtete. Denn bisweilen verrieten sich die Spitzel, wurden erkannt, gegen die Offiziere wurden Anfälle unternommen, die Truppe wankte, die Führer mußten gewechselt werden.
    In Böhmen gärte es am wildesten; hier waren keine Feinde, gegen die man sich wenden konnte; das Gros der Offiziere lagerte in Städten und Dörfern unter den Truppen, die Aufsicht war schärfer als an den Außenfronten. Um seine Soldaten fest in der Hand zu halten, hatte der Herzog zu Friedland den eisernen erbarmungslosen Christian von Ilow zum obersten Inspekteur ernannt. Ilow war aufgeklärt worden vom Kanzler Elz, dem Rittmeister Neumann, zuletzt aufs intensivste vom Grafen Trzka: mit aller Macht müsse das Heer bei der Disziplin erhalten werden; der Herzog brauche es parat und schlagfertig, dürfe keine eigene Regung in den Truppen aufkommen, sei jeder widerspenstige Offizier zu entfernen, revoltierende Regimenter aufzulösen und unter zuverlässige zu stoßen. In Ilows Händen lag das Amt des Inspekteurs gut, er hatte keine Ohren für die Klagen vieler Obersten: Truppen seien kein toter Körper, kein Stock oder keine Muskete, die man nach Belieben an die Wand stellt oder vorzieht; die Truppen brauchten Bewegung, Aufgaben. Man durfte nicht ohne Gefahr so zu dem langen Feldmarschall sprechen, er war rasch mit Roheiten da, drohte mit Profoß und Reiterrecht. Lethargisch bissen die Offiziere in den Eisenzaum, den man ihnen hinhielt; inzwischen zuckten die Tumulte weiter durch die Truppen. Böhmen wurde das Opfer Hunderter kleiner Banden, die sich aus dem Heeresverbande loslösten, bisweilen eingefangen und zusammengeschossen wurden. Einzelner wurde man nicht habhaft; sie tauchten immer wieder bei den Regimentern unter, wie es hieß, gedeckt von den Offizieren selbst.
    Um die furchtbare Neujahrszeit schien das ganze Land wie auf Signal von einem tobenden revoltierenden Truppenschwarm bedeckt zu sein. Zu Plünderung und Vergewaltigung ganzer Ortschaften kam es.

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