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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Bergmannsgugel sein Narr Jonas auf dem Steinboden und arbeitete etwas. Rasch schlug Ferdinand das Fenster zu, stieg, dem Diener abwinkend, auf einer Wendeltreppe hinab. Der Hof grasbewachsen, heiß, leer. Es lag da vor einem Schuppen ein Sandhaufen. Ohne daß der Zwerg ihn beachtete, setzte sich der Kaiser, ohne Hut, in grüner loser Joppe, auf ein geschlossenes Faß am Eingang des Schuppens. Es tat ihm wohl, hier zu sitzen; wie gedrängt war er heruntergegangen; es tat ihm sehr wohl. An einen Balken legte er den Kopf, dachte an nichts, während er gerade vor sich blickte. Dann fiel ihm ein, es möchte möglich sein, hier zu schlafen; schob sich tiefer unter den kleinen Schuppen, atmete tief und, wie er die Augen schloß, schlief er schon, fest und streng, wie er begehrte. Nach einer Weile rührte der Narr mehrmals den Schuh des Kaisers. Der Kaiser zuckte, öffnete die Augen.
    Der alte Schalk gurgelte heimlich, neugierig zudringend: »Hast mir zugeguckt, Ferdel?«
    Der rührte sich nicht.
    »Gelt, hast mir zugeguckt. Sag’s. Was meinst du?« Als der nicht antwortete, machte sich der Wicht an sein Geschäft.
    Nach einer Weile schwebte der Schatten Ferdinands von rückwärts über das Zeichenbrett des Narren; der Kleine hob listig den Finger: »Gelt, du hast mir zugeguckt. Ich arbeite, ich arbeite.«
    »Was ist?« Der Narr hatte auf einem Kistenbrett im Sand große leere Folianten liegen; aus einem Krügchen goß er Tinte vorsichtig über sie, tuschte die Tinte sorgfältig in breiten Pinselstrichen aus in die Ecken, an die Ränder.
    »Ich dichte.«
    »Was ist mit der Tinte?«
    »Ich schreibe ein großes Werk über die Sterne, den Himmel, die Hexen und die Teufel. Bald ist’s geschehen.«
    Wie sonderbar, daß der Kaiser nicht lächelte, starr und streng auf die Bogen sah, das Gesicht nicht verzog; er schlief wohl noch.
    »Wenn die Sonne schön warm und hell scheinen wird diese Woche, ist es fertig. Es kommt nur auf die Sonne an, Ferdel, im Dunkel geht es nicht voran.«
    »Was ist.«
    »Wenn du mich nicht verraten willst, grüner Löwe, will ich’s sagen. Und wenn du mir etwas geben willst.«
    »Was ist.«
    Er bewegte sich vorwärts. Der Narr greinte: »Jeden Bissen schnappen sie mir vor der Nase weg. Wenn du gestern gesehen hättest, von den Forellen. Kaum hab’ ich etwas gesehen davon.«
    »Komm mit.«
    Weinend schleppte der Zwerg sich hinter ihn, deckte mit einem Sack alles sorgfältig zu: »Nicht schlafen kann ich vor Kummer. Aber doch bin ich ihnen allen über.«
    Er sah den Mann neben sich strahlend an: »Ich zeig’s dir. Komm zurück. Ich schreibe ein großes Werk über die Geister. Die Weisheit muß verbreitet werden unter die Menschen. Aber es dauert alles so lange, hab’ ich gesehen, ein Buch jahrelang, jahrelang. Viele Weise sterben, grüner Löwe, ehe sie ihr Buch fertig haben. Und darum –.« Er sah zu, wie sich Ferdinand wieder in den Sand setzte, fragte gespannt: »Aber du verrätst mich nicht.«
    »Nicht, nicht.«
    »Es gibt viele, die mir alles absprechen und mich am liebsten umkommen lassen würden.« Bang hob er den kleinen Tintenkrug unter dem Brett hervor, wies ihn: »Sieh selber, was ich für einer bin. Mein Buch ist, wenn unser Herr Petrus im Himmel will, bald fertig. Ich lass’ es dich zuerst sehen dann.« Und der Kleine goß über einen frischen Bogen Papier einen Strom Tinte, fing an zu wischen, entzückt plappernd: »Sieh an, wie es geht. Sieh, wie es läuft. Ich mache es auf einmal. Da, eine ganze Seite auf einmal, aus dem Fäßlein kommt der Brunnen. Im Nu. Gewischt in die Ecke, eins, zwei. Ich bin nicht so dumm, mir Federchen schnitzeln, in die Tinte stoßen, Tröpflein herausfischen. Ja, glaub’s schon, kann lange fischen, bis das Fäßlein leer ist. Und wenn das Fäßlein nicht eintrocknet, fischen sie drei Jahre daran. Seht bei mir. Flink, hurtig, im Nu. Das ist der ganze Witz. Sieh her, Ferdel, hier unten.«
    Auf dem Sand standen sechs kleine Krüge. »Seit gestern«, flüsterte geheimnisvoll der Schalk, deckte sie rasch zu. »Ich hol’ die Krüglein aus deiner Kanzlei, sie schimpfen, daß sie weg sind; morgen setz’ ich ihnen mein erstes Büchlein hin, die Krüglein daneben: werden sie Augen reißen. Ist von Gespenstern, Hexen und allen sieben Gestirnen, hab’ mir weidlich alle ausgedacht und hurtig drauflosgeschrieben. Oh, was sie alles drin lesen werden; auch von dir, Ferdel, und meinen Feinden! Finden sich alle drin.«
    »Nun muß ich sorgen, lieber Jonas, daß du Doktor

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