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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Geschäfte seines Herrn zu mischen; sein Respekt war zugleich Bequemlichkeit; ein Schutz vor übermäßiger Inanspruchnahme. Ihm fehlte die Herzlichkeit; sein scharfes Urteil war im Laufe der Jahrzehnte eingerostet im humanistischen Spintisieren über Vergil und Sueton. Für Ferdinand war das Geheimnis des Briefes vollendet mit dem Binden des Fadens, gelegentlich siegelte er. Das übrige vertraute er Frey an. So kamen ein zwei ungesiegelte Briefe den üblichen Weg in die Hände des Obersthofmeisters, der bei der Auffälligkeit der Situation, der Häufigkeit von Briefen an diesen englischen Empfänger, Verdacht schöpfte, heimlich einen las, ihren Inhalt auf der Stelle dem verblüfften Eggenberg mitteilte, bevor er das kaiserliche Siegel beifügte. Eggenberg wagte angesichts des unglaublichen Vorfalls nur noch den höchst verschwiegenen Abt Anton ins Geheimnis zu ziehen; Behutsamkeit schien ihm das Wichtigste für den Augenblick. Sie kamen, in der stillen Behausung des Abtes umeinandergehend, überein, nunmehr planmäßig jeden Brief zu öffnen, aufzufangen und entsprechend seinem Inhalt zu handeln. Der Obersthofmeister hatte schon unabhängig von ihnen die Öffnung der letzten Briefe vorgenommen; jetzt erfolgte dies im verschlossenen Dienstzimmer des Meggau in der Burg vor den beiden Geheimen Räten. Es schien einmal, als hätte Ferdinand Verdacht geschöpft, sein Kurier lief unprotokolliert durch; da ließ ihn Meggau auf der Straße hinter Wien niederwerfen von gedungenen Zigeunern; dieser Brief enthielt den erschreckenden Hinweis auf das evangelische Interesse des Königs Jakob. Es schlug dem Faß den Boden aus. Man konnte nicht ohne Trautmannsdorf weiter. Erstaunlicherweise zeigte der sich gar nicht verwundert, schien etwas Ähnliches vermutet zu haben. Nach seinem Rat wurden alle Briefe durchgelassen, aber dauernd die Kuriere auf den Straßen niedergeworfen und beraubt; dem Kaiser sollte Mitteilung werden von der Unsicherheit der Wege durch malkontente Ungarn und entlassene Söldner.
    Furchtbar, unerwartet schwer traf dieser Bericht den versunkenen, ja zärtlich ausgeglichenen, verspielten Kaiser. Jäh brüllte er, man vernachlässige die Sicherheit seiner Korrespondenz. Steif und kalt standen vor ihn gerufen Eggenberg und Trautmannsdorf, entschlossen, nichts zu antworten. Es fehlte nicht viel, daß der Kaiser sich zu direkten Drohungen gegen sie herbeiließ. »Man hat Interesse an meinen Briefen«, schrie verzweifelt Ferdinand. Er konnte nicht fassen, daß die Worte, die er mit Liebe gemalt hatte, vor nichtswürdige berechnende Gesichter gezogen waren, auf der Straße lagen. Rasend war er; geschändet, tief beleidigt kam er sich vor. Und im Hintergrund verstand er, was man mit ihm vornahm. Was diese hier mit ihm vornahmen. Der jähe Umschwung ließ ihn verwirrt fünfmal dasselbe fragen. Rasch gingen die Räte. Eggenberg war draußen im Vorsaal leichenblaß, zitterte; er war so erschüttert, daß er nur immer sagte: »Es muß ein Ende nehmen damit, Trautmannsdorf.« Abt Anton gab ihm bekümmert recht. Der verwachsene Graf hielt sich still für sich; etwas Geduld; die Situation würde sich bald klären.

    IN DIESEN Tagen war es, wo der Kapuzinermönch Valeriano Magni, eine Kreatur Maximilians, seit Wochen unterwegs, am Hofe ankam, um im Auftrag seines Fürsten die Ausstellung eines Diploms, betreffend die Übertragung der Kur an Max, zu erbitten. Schweigend verwies ihn Ferdinand an den Abt Anton zurück, der noch erzählte, jener Mönch komme, wie verlaute, aus Paris, wo Bayern sonderbare Fühlung mit dem Staatssekretär Puisieux genommen hätte. »Warum nicht?« lachte stoßweise der Kaiser. »Ja, warum nicht«, bekreuzigte sich Anton.
    »Singt mir was vor«, schrie der Kaiser den Johann Valentini an; und der Chor mußte stundenlang in der Anticamera singen. Die Sänger waren erschöpft, der Tenor Pichelmayer versagte, der Kaiser wanderte ruhelos an der Wand vor einem Gobelin, welcher die Befruchtung Ios darstellte, hin und her; schwieg die Kapelle, so schrie er bald gegen die Bänke: »Ihr sollt singen.« Er ließ sich Tirolerwein kommen; dann mußten die Streicher und Flötisten spielen; er wurde nicht müde zu wandern. Keiner der vertrauten Kammerherren vermochte an ihn heran; Frey erlebte nichts als unverständliche Jähzornausbrüche.
    Wie eines Mittags Ferdinand, gedunsener Kopf, sehr starre Augen, durch ein Fenster auf einen kleinen Burghof blickte, saß da einsam neben einem leeren Wagen in der braunen

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