Wallenstein (German Edition)
Dorfstraße wurde kenntlich. Lord Dibgy saß zuerst oben; in seiner Ungeduld stürzte er sogleich, fluchte, blieb im Steigbügel hängen. Der heranstolpernde Bursche, mit dem er gefochten hatte, half ihm freundlich auf; sie winkten sich zu. Roß hinter Roß trabten sie vorsichtig durch die Waldung. Das Rasseln Klirren Dröhnen wurde vernehmbarer. Die Hauptchaussee auf München war erreicht; da standen zehn Mann mit Musketen quer über dem Weg: Durchritt auf München untersagt; wollten sie in die Stadt, müßten sie im Bogen herum durch den Wald. Keine Auskunft; ständen seit dem Abend hier. Als sie zu dritt auf die von Süden einfallende Chaussee stießen, war der Weg verstopft und es war die bayrische Armee selbst, mit Fußvolk Artillerie und Reiterei, mit Troß Bagage Munition und allem Volk, das durch München rückte. Es ging nach Norden. Digby wurde mitgerissen; war eingekeilt zwischen Wagen. Sie stiegen ab; sie hielten im Getümmel ihre Pferde fest am Zaum, da man sie ihnen mit List und Gewalt nehmen wollte; man ließ das Pech der Fackeln auf ihre Hände tropfen. Sie kamen zwischen zwei Trupps Wallonen. Offen trugen die Herren ihre blanken Degen in der Hand. Dem Lord gelang es, vor dem Austritt aus der Stadt sich herauszuhauen; die beiden anderen kamen nach Stunden zum Vorschein ohne Degen und Hut, nachdem ihnen ein geschmeichelter Kornett zu ihren Pferden verholfen hatte. Stundenlang mußte Digby in seiner Herberge sitzen in heftigem Zorn, denn die Straßen waren überfüllt. Er trieb am Abend seinen Kammerdiener zu Richel: wann er ihm eine Aufwartung machen könnte. Statt Antwort kam am folgenden Vormittag ein unbekannter Herr in Jesuitentracht zu ihm mit einem kurzen Empfehlungs- und Beglaubigungsschreiben des Geheimrats: dies sei der gestrenge, besonders vertraute, vielliebe Herr von der Gesellschaft Jesu, der Pater und gelehrte Doktor Jakob Keller, Rektor des Münchener Kollegs, in alles wohl eingeweiht und dem britischen Gesandten zu schuldiger Observanz bereit. Er erklärte mit lieblichen Worten, des Herren williger Freund um so mehr zu sein, als er eben zurzeit den Besuch des englischen Jesuitenprovinzials Partius empfangen habe, der überaus angenehme Zeitungen aus diesem wohlregierten Lande gebracht habe. Der Anblick des Paters, der ihm gleich diesen fatalen Knüppel zwischen die Beine warf, vermehrte seinen Zorn; er begehrte zu wissen, was der Herr Rektor bei ihm abzulegen hätte. Und als sich der friedlich zu Rede und Antwort erbot, toste er los, was dies sei, dieser Heereszug mitten im Frieden, während der Friedensverhandlungen; welche deutschen Methoden sich hier kundtäten nach den freundlichen, huldreichen Worten des Kaisers. Was den Herrn Rektor, der sich zu setzen verschmähte bei Seiner Gnaden dem Lord und Grafen, ehrlich betrübte, sofern nämlich ihm nichts bis zu diesem allerdings wichtigen Augenblick von einem Frieden bewußt sei zwischen der bayrischen Durchlaucht und dem proskribierten Ächter, vielmehr übe der Herzog im Namen des Heiligen Reiches, wie verabredet, die Exekution gegen jenen aus, der in der Oberpfalz erschreckend hause; man würde bald das bedauerlich heimgesuchte Land von seinen Brandschatzern befreit und in den allgemeinen deutschen Frieden einbezogen haben. Auch Digby blieb an seinem Stuhl stehen, fragte heiser, warum man aber, warum aber der wohledle Herr Bartholomäus Richel, Seiner Durchlaucht in Bayern Vizekanzler und Geheimer Rat, ihm dies verschwiegen habe bei seinem zweimaligen Besuche, wiewohl des längeren und breiteren Kriegs- und Friedensfragen durchgegangen seien. Warum habe man oder Herr Richel angehört, daß er beruhigende Depeschen nach England und dem Haag schickte.
Oh, man werde doch nicht wagen, einem erfahrenen Gesandten von dem Rufe des Lord Digby Vorschriften zu machen über seine Depeschen. Wie überaus erfreut Herr Richel, dieser würdige und fromme Mann, von dem Besuche und der ausgesprochenen Friedensliebe des hohen Gastes gewesen sei, wie sehr er bedauert hätte, nicht auch die beiden pfälzischen Räte zu empfangen, die sich auf Abgabe ihrer Instruktionen und Denkschriften beschränkt, könne er bezeugen. Bei längerdauerndem mündlichem Verkehr der beiden Parteien, daran zweifle er, der Jakob Keller, nicht, wäre ihr Verhältnis zum wohledlen Bartholomäus Richel noch herzlicher geworden, und er hoffe auch jetzt noch, daß man keinen Vorwurf auf diesen untadligen Herrn werfe.
Dies sei also ein Krieg zur Besetzung der Oberpfalz? Es
Weitere Kostenlose Bücher