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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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könne doch nicht bestritten werden.
    Keineswegs. Keineswegs könne es freilich auch behauptet werden. Es sei die Reichsexekution gegen den Ächter Mansfeld, der auf oberpfälzischem Boden stände.
    Digby warf den Stuhl ab; diesen Boden verteidige sein Herr, sein Landesfürst, ferner der Kurfürst Friedrich; gegen ihn kämpfe der Bayernherzog, man solle es zugeben und nur schnöde die Verhandlungen brechen.
    Beliebe der Herr solche Untat nicht von einem frommen Mann wie Richel und gar Herzoglicher Durchlaucht zu glauben. Die Verhandlungen sollen um des Erlösers willen nicht abgebrochen werden, der ganze tief religiöse Standpunkt der bayrischen Regierung widerstrebe einem kriegerischen Wesen, immer sollten die Verhandlungen weitergehen, immer weiter. Ja, er, der Keller, sei hier, um die Punktation zu fördern.
    Verhandeln? England jetzt verhandeln? Er warne den Herrn.
    Der Pater schaute in seinen Hut. So läge es gewiß nicht an Bayern, wenn das Friedenswerk nicht gefördert werde; das betrübe ihn bitterlich. Gerade in diesem Augenblick würde man ergiebig verhandeln können und zweifellos am besten nach der Vollendung der Exekution. So müsse er »Vale« sagen.
    An der Tür meinte er lächelnd, bevor er sich bedeckte: so wisse er freilich auch nicht, ob er bei dem Herrn Lord die Geneigtheit des Herzogs vorbringen sollte, ihn in Audienz zu empfangen; eben sei der Herzog zurückgekehrt; sein erstes sei die Frage nach dem Unterhändler gewesen.

    »WO HABT Ihr gesteckt, Ihr Herren; hinter dem Gitter, im Affenkäfig? Habt Ihr geschaut, gewinkt, wie sie Trompeten geblasen haben? War ein Spaß, nicht wahr?«
    Rusdorf hatte sich bei anhebendem Getöse nachts aufgemacht, hatte sich von der zechenden Stadtwache zwei Begleiter erzwungen, war mit ihnen, während Pawel die Papiere im Losament bewachte, das jeden Augenblick unter Vorwänden geplündert werden konnte, zur alten Residenz, zum Richel, Jocher oder wen er träfe, gedrungen, um inständig Auskunft zu erbitten. Hatte sich vor die verschlossenen Tore drohend gestellt, war wegen seiner Neigung, französische Brocken zu gebrauchen, für einen Spion von einem vorüberziehenden Schwerereitertrupp gehalten worden. Die Stadtwache verließ ihn auf finsterer fackeldurchwehter Straße; man beschimpfte und kujonierte ihn. Troßbuben Sergeant Profoß, wen er fragte, jauchzten aber dasselbe: »Es geht auf die Oberpfalz.« Keine neue Frage änderte die Gewißheit: man überfiel mit Übermacht sein Land, sein Heimatland. Dann bebte Pawels Schlafkammer unter dem verzweifelten Wutgeschrei des bettgeworfenen kleinen Rats und dem bitteren Gestöhn des kniend betenden anderen. An ihre Fenster schlug der freche Lärm der vorüberwandernden Regimenter, das Fauchen des verwüstenden siegesdurstigen räuberischen Heereswurms, Fackellicht auf Fackellicht bläkte gegen ihre Decke; die Nacht rückte vor. Volkes kein Ende! Ihr armes Land sollte ersäuft werden.
    Als Digby mit zerrauften Kleidern wild am Morgen in ihre Zimmer fuhr, schwankten sie übernächtig zorngebläht vor ihn; er mußte sich erschreckt den Hut abreißen, in eine Ecke drängen, sie schienen halb wahnsinnig ihn meucheln zu wollen. Schrien »Verrat« über ihn: »Der Herr hat uns an den Bayern verkauft, er hat es uns angedroht, er hat es getan; ein Pfaffenhund ist er.« Er zog sich knirschend zwischen ihren Degen an die Tür, sie wollten ihm nicht glauben, daß er selbst übertölpelt sei; erst standen zwei Hunde vor ihm, jetzt wiesen schnarchende Bestien ihm Zähne. Nicht Digby war es, sondern Pawel, sich am Stock schleppend, der befahl mit einer knirschenden Ruhe, sogleich aufzubrechen aus Bayern, das treulose verlockende höllische Land zu verlassen und sich zu Mansfeld zu schlagen. Die Wagen wurden ihnen vom herzoglichen Hofe nebst Salvaguardia an alle Truppenteile gestellt, das Bedauern ausgesprochen, die Herren so eilig zu sehen.
    Hinter Amberg stießen sie nach Tagen auf die schwärmenden Vorhuten Mansfelds. Sie ließen den Grafen von Bristol nicht los, bis er die kostbaren Geschenke des Kaisers Ferdinand mit Einschluß der goldenen Waschschüssel verkauft, den Ertrag gezwungenermaßen dem Bastard geschenkt hatte. Nach einer furchtbaren Szene zwischen den dreien in der Gegend von Cham hinter dem abgebrochenen Hauptquartier des Feldherrn verließ Digby die deutschen Herren, verließ über Brüssel bläkend rachedurstig den Kontinent.
    Die beiden wandten sich nach Norden, nach dem Haag, an den Pfälzer Erzratgeber, den

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