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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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so, daß seine Stimme zerriß. Er hielt dafür, man müsse rasch aller Welt, auch der feindlichen, zeigen, welcher Siege man sich bewußt sei; der Pfälzer und sein freibeuterischer Anhang sei in alle Winde geblasen; möge man den fremdländischen Beschützern der Friedensbrecher zeigen, daß man halte, was man habe, daß man den Mut zu Erfolgen habe, daß man auch wagen werde, weiter zu siegen, wenn einer darauf dringen sollte.
    Mit einem gezwungenen Lächeln fragte Ferdinand vorbeispazierend: »Sind Eure Kassen gefüllt?«
    »Zur Siegesfeier?«
    »Nein, zu neuen Kriegen.«
    Zur Zeit stünde alles gut, man könne nicht zu weit denken, es sei jedenfalls gut, so zu scheinen, als herrsche Überfluß; auch darum sei die Feier nötig, um als Drohung zu wirken; es müßten von mehreren dem Kaiser nahestehenden Seiten, jedoch nicht von kaiserlichen Beamten, heftige Reden an der Tafel und öffentlich geführt werden; auf die Fremden sei mit vielem Pomp zu wirken.
    »Ich habe nur zu erscheinen und mich zu freuen?«
    »Nicht doch, Majestät. Daß die Römische Majestät sich Ihrer Siege freut, weiß alle Welt. Sie mag nun offen zeigen, wie Sie sich freut. Wenn ich ein biblisches Bild nehmen darf, ohne in das Gebiet meines Gönners und Freundes, des ehrwürdigen Paters Lamormain, zu pfuschen, so möchte ich an den judäischen König David erinnern, der singend und lauteschlagend, ja tanzend hinter der Bundeslade einherzog, nachdem er die Feinde geschlagen hatte.«
    »Wie hieß noch die, die aus dem Fenster sah, als er vorüberzog?«
    Die Anticamera des Kaisers war von einem dunklen Licht erfüllt, das aus den beiden bunt verblendeten Fenstern über den Tisch Ferdinands nur wenig in den tiefen Raum vordrang und die riesigen Figuren erhellte, die in den Wandnischen saßen, Maria mit ihrem Kinde, den glühenden Heiland, der das Kreuz in den Händen vor sich trug; zwischen den Pfeilerpaaren der Längsseite üppige Gemälde neben Gemälden auf der Wandfläche, deckenhoch, von goldflügeligen Engelsköpfen umgeben; zwei mächtige ebenholzschwarze Engelleiber lagen über dem Türrahmen, blickten blind nach oben. Eggenberg war nicht die beiden Stufen zu dem Sitz Ferdinands hinaufgestiegen; beklommen stand er auf dem Fußteppich, sah den Fürsten zu sich heruntertreten: »Was soll es mit dem Weib?«
    »Ich möchte wissen, wer mir zusehen wird bei dem Feste.«
    »Die Heiligen im Himmel werden zusehen, die für uns gestritten haben.«
    Beide Hände Ferdinands lagen zitternd auf Eggenbergs Schultern: »Oh, Ihr! Wie seid Ihr rasch avanciert zu Heiligen; ich bin Euch wohl noch Anbetung schuldig. Und Ihr, Eggenberg, wenn ich Euch doch noch kenne, von Grätz, wißt Ihr, wo Ihr noch nicht so viel wart, ist Euch nicht bange bei Eurer Rolle? Sagt von der Leber; es wird das einzige sein, was mich an Euch erfreut. Hat man Euch dies aufgehalst, und steht Ihr nun hier –, nicht wahr, es ist jämmerlich, und Ihr merkt es?«
    »Allergnädigster Herr«, sagte der alte Mann, seine Unterlippe bebte; er schwieg.
    »Sprecht weiter, Eggenberg.«
    »Allergnädigster Herr –«, Eggenberg raffte sich zusammen.
    »Weiter, mein alter Freund, Brautführer meiner Schwester nach Spanien.«
    Leise der Geheimrat, den Kopf hebend: »Es war eine schöne Zeit, als ich nach Spanien zum König Philipp ging. Majestät ist jetzt viel allein; wie gern wollte ich meine alten Glieder ölen und wieder solchen Gang tun im Dienste Eurer Majestät. Ja, Majestät.«
    »Warum ist die Majestät so viel allein, Hans Ulrich?«
    »Majestät ziehen sich zurück von uns. Wir werden ein Fest feiern. Es soll ein Siegesfest sein. Wenn es doch auch zugleich eine Friedensfeier sein dürfte zwischen dem allergnädigsten Herrn und uns allen, die verlassen sind.«
    Ferdinand stand hinter seinem Schreibsessel, den er mit beiden Armen von hinten umfaßt hielt; matt hauchte er, ausdruckslosen fremden Gesichts: »Hört auf, Herr. Redet nicht so weiter zu mir. Macht mich nicht schwach.«
    Er hob den Sessel auf, stieß ihn kurz auf den Boden, knirschte mit den Zähnen: »Über Euer Fest, Herr, werdet Ihr morgen beschieden werden.«

    AUF DEM Gang zur Kapelle blickte sich fünf Tage vergeblich Ferdinand nach seinem Beichtvater um. Da standen in zwei Reihen die Hellebardenträger, breitbeinig, in den erzherzoglichen Panierfarben Rot und Weiß, Blau und Gelb; die Hellebarden geätzt, mit langen stählernen Spießklingen, die emporwuchsen aus dem starken Schaft, der halbmondförmige Beile und Haken trug;

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