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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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sie haben nicht gesehen, wohin es ging, haben mich wüsten lassen wie einen Alb in der Nacht. Und als sie es gesehen hatten – haben sie mich nicht beseitigt! Nicht! Nicht! Den Kurhut lassen sie ihn sich aufsetzen! Paßt auf, Lamormain, paßt auf. Habt Ihr Spaß daran!«
    »Ihr hättet hingehen sollen zu ihm.«
    »Zu ihm. Zu wem?«
    »Zu Maximilian in Bayern.«
    »Was hätte ich bei Max sollen?«
    »Ihr hättet zu ihm hingehen sollen bis in seine Residenz. Und nicht warten. Und wenn sein Barbier morgens bei ihm stünde, hättet Ihr zu ihm eindringen müssen.«
    »Und was hätte ich drin zu tun gehabt?«
    »Ich frag’ Euch.«
    »Ich?«
    »Ihr wißt es. Nicht den Blick herunter, allergnädigster Herr. Bin ich Euer Beichtiger? Seht in meine Augen.«
    »Ich hätt’ es nicht gekonnt. Ihn niederwerfen! Ich hätt’ es nicht getan.«
    »Und dennoch wie Ihr sagtet: ›Das Unglück soll ihr Begleiter sein, die Klöster verbrannt, über den Knochen nichts als die Haut‹.«
    »Pater, ich bin ein Mensch. Was wollt Ihr von mir?«
    »Gebt mir Antwort: Warum gingt Ihr nicht zu ihm? Später, nachdem Euch die Niederlage vor ihm gereut hat?«
    »Ihr wollt mir meine Ruhe nehmen.«
    »Ich will Euch die Bürde abnehmen, allergnädigster Herr, da Ihr mein Beichtkind seid. Sprecht. Ist Euch nicht wohl?«
    Ferdinand, ganz in weißer Seide, hatte seinen Hut abgerissen, in raschem Tempo ging er dem hinkenden Pater voraus, der schwer schnaufte und sich den Halskragen hinter ihm öffnete. Rechts seitlich traten die Bäume auseinander, im Hintergrund eines schattigen Platzes wurde ein niedriges kreuztragendes Bauwerk sichtbar, von Galerien umgeben, das Tor hoch und bildergeschmückt: eine Kapelle der heiligen Magdalena. Ferdinand, bläulichweißen Gesichts, stob in die Mitte des Platzes, aber der Pater folgte; er stützte sich auf seinen Krückstock, hielt den fliehenden Mann im Auge, folgte.
    »Kommt Ihr mit, Pater?« schrie der Weißseidene nach rückwärts. Vor ihm sprang das Tor auf. Da war Kühle und ein weiter stiller Raum. Von traulichen warmen Farben die Luft durchblüht, die runden Fenster prangten mit holden Bildern; seitlich und hinter dem Altar spielten Lichtstrahlen um die Bildsäulen, die Sockel mit heiligen knienden betenden erbarmenden Frauen, tönten sie blau violett purpurrot. Magdalena, die Büßerin, über den grünen Rasen geschmolzen, in ihrer Mitte, die goldene Aureole über dem Haar. Das Tor knarrte hinter ihnen; Ferdinand stand gehetzt, heftig schnaufend, mit dem Rücken gegen die Tür an einem der Pfeiler, die zu viert an jeder Seite durch den Raum liefen.
    Der Stock des Priesters stieß auf den gestampften Mörtelboden: »Ich war nicht so rasch auf den Füßen wie Ihr, allergnädigster Herr. Ich suchte Euch. Ist Euch nicht wohl? Sprecht Euch aus, allergnädigster Herr.«
    »Mir ist gewiß wohl.«
    »Ich konnte die letzten Tage nicht zu Euch kommen, ich wollte, daß die Besinnung in Euch erwache. Ich bin Priester, Majestät, mit einem großen Amt gegen Euch vertraut. Ich lass’ Euch nicht aus, was Ihr auch unternehmt. Ihr wißt, daß Himmel und Erde versperrt sind und daß es keine Rettung und Flucht gibt, es sei denn in die Hölle.«
    »Dies alles versteh’ ich nicht, lieber Pater Lamormain, mein lieber Freund.«
    »Ja, das bin ich. Es ist gut, daß Ihr es fühlt. Ich muß mehr Mut haben, als Ihr gegen Euren Schwager Max in Bayern. Ich muß, wie Ihr Euch auch spannt, mich einzig vor Gott verdient machen um Euch.«
    »Mein Heiland, wer seid Ihr? Was wollt Ihr?«
    »Ich bin der gottesfürchtigen Gesellschaft Jesu Pater; Euer Führer an den Thron Gottes.«
    »Ihr seid nicht der Satan. Mich schauert’s.«
    »Weicht mir nicht aus. Wißt Ihr, was Ihr seid? Allergnädigster Herr: Ihr seid feige, sündhaft, hochmütig, grausam.«
    Der Priester flüsterte eindringlich, seine bäurischen Züge waren unverändert ruhig, er hielt den Blick gegen den Boden; seine Faust ruhte schwer auf dem Stock. Der andere wölbte an der Säule müde und ergeben den Rücken, er ließ die Arme abwärts fallen: »Ihr seid nicht der Satan. So will ich hingehen zu Maximilian; ich bin der Kaiser, er hat mir nichts abzuzwingen mit Gewalt und Drohung, ich will es ihm sagen, ich will gerecht sein gegen den Pfälzer, wie es einem Kaiser gebührt; jetzt soll es geschehen.«
    »Ihr werdet nicht hingehen.«
    Der Kaiser drehte den schweißtropfenden Kopf gegen den Priester; von den Schläfen lief der Schweiß über die Ohren, rann auf die Schultern, wo

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