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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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stimmten zu?« »Sie baten dringend darum und unter energischen Hinweisen. Ich mußte den Sprecher beruhigen, daß dies auch wirklich geschehen sollte.«
    Während der Gouverneur und der Oberst auf Schemeln nebeneinander an dem roten Kachelofen saßen, trat der schöne braunlockige Slawata ein, ein noch jugendlicher Mann mit kühner spitzer Nase, böhmischer Kammerrat und weitläufiger Verwandter des von Wallenstein, setzte sich unter dem Fenster auf eine Truhe. Er fragte, seine Handschuhe über das Knie spannend, mit sanfter Stimme, wie die Durchlaucht die Deputation der böhmischen Landesoffiziere gestern empfangen habe: »Wie beliebten Durchlaucht die Herren zu bescheiden?« »Nicht, zunächst gar nicht. Dann las ich laut den Schluß des Schriftstücks durch, das übrigens gut verfaßt war – ich glaube Euren Stil erkannt zu haben, Herr Slawata.« Der bog sitzend den Kopf zurück, verneigte sich mit vieldeutigem Lächeln: »Man wandte sich an mich; ich redigierte ungern.« Liechtenstein winkte ihm vom Schemel herüber: »Ich danke Euch für die Klarheit der Gesichtspunkte, die Schärfe des Ausdrucks. Besonders die Unterschrift ist von einer Exaktheit, die nichts zu wünschen übrigläßt.«
    »Euer Durchlaucht haben mir empfohlen, in meiner Umgebung für Klarheit zu sorgen.«
    »Und am Schluß des Schriftstücks, den ich laut vorlas, stand die Jahreszahl.«
    »Nun?« drängte Wallenstein händeklatschend.
    »Die Jahreszahl war eine glänzende Pointe von Euch, Herr Slawata. Sie zuckten nicht mit der Wimper. Ich trieb es so weit, Herr Oberst, am Ende dreimal die Jahreszahl zu lesen. Sie standen nur ernst, im Wohlgefühl ihrer Sache da.«
    »Ich kann mir gut vorstellen die Herren«, kehlte der vergnügte Oberst, »sie hatten uns alle in der Tasche, saßen schon hier und beehrten unsern allergnädigsten Herrn mit Berichten über unsere schmähliche Wirtschaft.«
    Der Gouverneur: »Ihr seid ihnen nicht wohlgesinnt, Herr Oberst.«
    »Ihr hättet mich doch einladen sollen zu dem Empfang.«
    Sinnend betrachtete ihn das wächserne Ziegengesicht: »Vielleicht habt Ihr recht. Ihr hättet schweigen müssen, und sie wären noch glorioser abgezogen.«
    Wallenstein stampfte vor Spaß mit den Füßen: »Ich hätte sie gern gesehen. Sprachen sie nicht von Breuners Regiment?«
    »Nein«, lachte der lange frierende Greis, dem oft die Augen zufielen, »erst das nächste Mal werden sie’s tun.«
    »Sie tun’s«, kreischte Wallenstein.
    Slawata legte stolz den Hinterkopf an den Fensterrahmen, freute sich des Spektakels.
    Als von Wien die Antwort eingetroffen war und die Herren wieder vor Liechtenstein traten, stand Wallenstein neben ihm am Ofen gebückt auf dünnen gelben Beinen, stumpfe Lederweste mit roter Schärpe, die Jacke schwarz und golden hervordringend, spanische Wülste um die Schenkel, blickte sie aus kleinen klaren Augen fest an. Der Fürst Liechtenstein überragte ihn noch; er sah wie maskiert aus unter seinem breitkrempigen Hut mit hellroter nackenwallender Feder; ein schmaler weißer Kragen hing um den knöchernen Hals; die Brust war staffiert mit einem dicken Lederkoller, unter dem das grüne Unterkleid hervorkroch; ein breites goldenes Wehrgehenk belastete ihn. Wallenstein hatte dem Gouverneur gesagt, er wolle den Brüdern und Vettern sich nicht entziehen, ihren Haß gern auf sich lenken.
    Gemeinsam wurde ihnen das kaiserliche Intimat verkündet. Wer es gewagt hätte und noch wagen könne, im Namen der Stände an den Kaiser zu schreiben.
    Wer sei Beamter und getraue sich einen solchen unehrerbietigen trotzigen Ton gegen die Römische Erwählte Majestät anzuschlagen. Wer sei sich seines Amtes so wenig bewußt, um dem Kaiser und seinem Rat unbefragt zu widersprechen. Und wenn sie Böhmen seien, so mögen sie hingehen auf den Weißen Berg und fragen, was dort geschehen sei, und weiter hinunter in den Tiergarten und nachsehen, wer dort liege. Wofern es doch sicher und erwiesen wäre, daß, so wenig sie wüßten, wer sie seien, sie wüßten, wann sie lebten. So wolle es ihnen denn Kaiserliche Majestät nicht vorenthalten, daß die Prager Schlacht geschlagen sei und sei entschieden zum Vorteil Habsburgs. Das Land aber ist unter das Schwert gefallen, erobert durch das Schwert, das nur Leichen und Gehorsam kennt. Dies mögen sie sich vergegenwärtigen in allem, was sie sagten schrieben täten und beschlössen. Möchten dessen auch bald gedenken und nicht noch mehr verspielen.
    Fürst Albrecht von Wallenstein, der

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