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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Zufall handeln
können, doch bald darauf wiederholte sich der Prozess in Skizzen von Materialbausteinen
mit zunehmend steigender Qualität.
    Die
Visionen schienen ohne jeglichen wechselseitigen Bezug zu erscheinen, und ihre
Deutung wurde bald zum wichtigsten Projekt der Stiftung. Tatsache war, dass die
Zeichnungen, die hinterlassen wurden, nachdem der Kontakt zur Quelle abgerissen
war, eine jahrzehntelange Arbeit nach sich zogen.
    Erst
später, als man jede Vision erschöpfend gedeutet hatte, begann man damit, neue
Funde zu simulieren. Es existierten immer noch Proben des funkelnden Staubs,
der in Glaskapseln mit Bleiverschluss verwahrt wurde. Dieser eigenartige Staub
besaß Reste der überirdischen Energie, die sich in der Unterwelt befand. Ein
übriggebliebener Glanz, den nur eine Person mit genügend Sensibilität in Geist
und Seele aufzufassen vermochte.
    Genau
darin bestand Elenas Fähigkeit, und sie hatte ihnen geholfen, weiter zu
kommen, als man je zu hoffen gewagt hätte. Ihre eigene Geschichte vergessend,
war sie wie ein folgsames Kind für all die kleinteiligen Bilder belohnt worden,
die sie während der ersten Jahre hatte
aufzeichnen können.
    Doch als
sich ihr Körper in den einer Frau zu verwandeln begann, hatte der Staub in den
Behältern nicht länger zu ihr gesprochen. Er lag lediglich in Form von grauen
Aschepartikeln im Glas, leblos und stumm.
    Als Vater
sie darauf hinwies, dass sie inzwischen immer öfter versagte, verteidigte sich
Elena damit, dass sie nichts dafür konnte, wenn das Material in den Glaskapseln
seine Kraft verlor. Doch als die anderen Kinder mit neuen Funden kamen, hatte
man sie entlarvt, und sie musste zugeben, dass ihre Sinne tatsächlich abgestumpft
waren.
    Dass Vater
sie dennoch bei sich behielt, war seiner bemerkenswerten Gunst zuzuschreiben.
Für ihn hatte sie ihr Ziel bereits erreicht, und die Suche nach einer neuen
Rolle war ausschließlich ein Versuch, ihre Existenz zu rechtfertigen.
    Von den
Männern der Sicherheit hatte Elena lernen müssen, ihren
Körper als Waffe zu benutzen. Auch hier erwies sie sich als erstaunlich
begabt. Sie brachten ihr bei, Maschinen zu bedienen, von deren
Leistungsfähigkeit sie niemals auch nur zu träumen gewagt hätte. Sie drillten
sie im Nahkampf und lachten sie aus, bevor sie lernte, ihre Mimik unter
Kontrolle zu bringen.
     
    Dann hatte
er in einem unerwarteten Anfall von Sentimentalität ausgerechnet ihr den
Auftrag erteilt, Erik Halls Fund nach Hause zu holen. Vater hätte ja auch
jemand anderes schicken können, was im Nachhinein betrachtet vermutlich eine
weitaus bessere Idee gewesen wäre.
    Sie war
erfolgreich - und hatte versagt. So lautete die Botschaft, die in den
vergangenen Tagen wiederholt ausgesprochen worden war. Und nun würde es ihre
Aufgabe sein, all das, was so unfassbar schiefgelaufen war, wiedergutzumachen.
    Seitdem
das Kreuz im Tresorraum des Bankgebäudes verwahrt wurde, waren die inneren
Stimmen, die sie zu vernehmen meinte, wieder verstummt. Sie verschwanden
gemeinsam mit der Erinnerung an ein anderes Leben und hinterließen in Elena
eine absolute Leere.
     
    Les supremes adieux
     
    Als Don
die Treppe vom Untergeschoss des Mausoleums wieder hinaufkam, musste er sich
erst mal vorbeugen und mit den Händen auf den Knien abstützen, woraufhin er
tief durchatmete, um den entsetzlichen Gestank vom Abflussrohr aus seinen
Lungen zu vertreiben. Als er dort im bläulichweißen Lichtschein auf dem
schmutzigen Fliesenboden stand und keuchte, kreisten seine Gedanken um die
Frage, was er eigentlich zu finden gehofft hatte.
    Ein in den
Beton gemeißeltes Bild von Strindbergs Kreuz und Stern? Irgendeinen Hinweis?
Was hatte er erwartet? Eine Skizze der Sphären des Bunsenbrenners, die jemand
zwischen den Grabstein des Sarkophags und die Betonwand gesteckt hatte?
    »S'iz nur
vi redn tsu der vant«, stöhnte Don vor sich hin und
hievte die Holzluke zurück an ihren Platz, um den ekelhaften Gestank
einzudämmen.
    Dann
schleppte er sich zur Wand des Mausoleums, wo er mit den Armen um seine dünnen
Beine geschlungen zusammensank. Dort blieb er hocken, bis plötzlich eine
Schultertasche vor seinem Gesicht herunterbaumelte.
    »Sie
können sie vielleicht brauchen«, meinte Eva.
    Don nahm
ihr die Tasche aus der Hand und durchsuchte ihr Inneres gierig, bis er ein
bulgarisches angstlösendes Präparat fand, von dem er nicht mal mehr wusste,
dass er es aus seinem Arbeitszimmer in Lund mitgenommen hatte.
    Als die farbenfrohen
Tabletten auf

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