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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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entlang und landete
auf der Nummer 1913 mit dem Namen Camille Malraux.
    Don watete
durch die braune Brühe auf den Grabstein zu und hielt den Meißel mit beiden
Händen hoch, um ihn nicht aus seinen vor Kälte zitternden Händen zu verlieren.
Es fühlte sich an, als würde sich unter Wasser etwas an seinem Bein festsaugen
und sein Fußgelenk wie eine schlammige Fessel umschließen, die ihn zurückzuhalten
versuchte.
    »Sie hören
nie auf mich zu erstaunen, Don Titelman.«
    Don wusste
nicht, ob er die Worte nur selber gedacht oder tatsächlich Evas Stimme
vernommen hatte, doch nun war er endlich so weit gekommen, dass er sich an der
Wand mit den Grabsteinen abstützen konnte. Er warf einen Blick zurück zur Rechtsanwältin,
die auf dem trockenen Teil der Treppe in die Hocke gegangen war.
    Nachdem er
den Grabstein von Malraux mit den Fingern abgesucht hatte, fand er einen
kleinen Spalt, der ihm vielversprechend erschien. Er schob den groben Meißel so
tief er konnte hinein, kam aber nur wenige Zentimeter weit. Dennoch lehnte er
sich mit seinem gesamten Körpergewicht zurück und stemmte sich mit einem Ruck
so kraftvoll wie möglich auf den Schaft.
    Aus dem
Beton brach ein Stück heraus, und es spritzte so stark, dass er Wasser ins
Gesicht bekam.
    »A bisele
naches!«, fluchte Don.
    Er musste
sich vorbeugen, denn er hatte eine ordentliche Ladung des Gestanks eingeatmet.
Während ihn eine Welle der Übelkeit erfasste, vernahm er eine Stimme, die ihn
entfernt an Evas erinnerte. Ihm schien, als sagte sie, dass sie kurz weggehen
würde, um etwas zu holen. Als Don sich umdrehte, sah er sie gerade noch auf der
Treppe nach oben verschwinden.
    In seinen
Stiefeln stand die eiskalte Brühe, und seine Strümpfe und Hosen waren bis auf
die nackte Haut durchnässt.
    »Reboynesheloylem
...«
     
    Als Eva
endlich zurückkehrte, zeigte sie Don, was sie in der Hand hielt. Es war ein
rauer Granitstein, den sie nun so weit es ging vorstreckte. Er watete auf sie
zu und nahm ihn entgegen.
    »Sind Sie
sicher, dass Sie nicht hinunterkommen möchten?«
    Die
Rechtsanwältin lachte auf, hielt sich jedoch sofort eine Hand vor den Mund, um
nicht tiefer als notwendig einzuatmen.
    Don
versuchte mit Beinen wie Eisblöcken zum Grabstein von Malraux zurückzuwanken.
Ihm blieb nicht viel Zeit, bevor er nichts mehr würde ausrichten können.
    Er schob
den langen Meißel in den Spalt hinein und hämmerte mit dem Stein auf seinen
Schaft. Bereits beim zweiten Versuch splitterte der Holzgriff ab, und kurz
darauf ließen die Schläge des Steines gegen das Metall seine Hand taub werden.
    Bald ging
ihm die Kraft aus, und er hoffte, dass er den Meißel nun weit genug
hineingeschoben hatte, um ihm einen kräftigen Schlag von der Seite verpassen zu
können. Er holte mit dem ganzen Körper aus und traf den herausstehenden Schaft
mit so viel Kraft, dass sein Oberkörper nach vorne katapultiert wurde, während
der Grabstein plötzlich nachgab und sich bewegte.
    Don fing
sich wieder, griff mit den Fingern um die steinerne Kante und begann die Platte
vollständig aus ihrer Position zu rücken.
    Als sich
die Steinplatte schließlich löste, war sie so schwer, dass sie ihm sofort aus
den Händen rutschte. Mit einem dumpfen Poltern fiel sie unmittelbar vor seinem
Körper herunter und versank neben seinen Füßen im Wasser.
    Don
schaute auf und sah, wie Eva die Taschenlampe jetzt in den länglichen Sarkophag
hineingerichtet hatte. Der Lichtstrahl traf auf eine blassgelbe Kugel, die mit
grauschwarzen Strähnen bedeckt war. Es dauerte einen Augenblick, bevor er
begriff, dass er auf den Scheitel eines Schädels blickte.
    »Und
jetzt?«, fragte er Eva.
    »Können
Sie nicht versuchen, ihn herauszuheben?«
    » Gotteniu
...«
    »Greifen
Sie einfach um seine Schultern und ziehen Sie.«
     
    Don riss
sich zusammen und schaute in den Sarg. Malraux lag auf dem Rücken, die Füße
einwärtsgedreht. Er führte seine Hände sachte innen an der Betonwand des
Sarkophags entlang, um nicht die Wangenknochen und die Reste dessen berühren zu
müssen, was einmal die Ohren gewesen sein mussten. Griff mit den Fingern zu,
ohne sehen zu können, was er da umfasste und spürte etwas Knochiges, von dem
er hoffte, dass es die Schulter des Franzosen war. »Seien Sie vorsichtig«,
flüsterte Eva.
    Sein
Ziehen an der einen Schulter bewirkte nichts. Der Rücken der Leiche schien am
Beton festgeklebt zu sein. Doch als Don zusätzlich die andere Schulter ergriff
und heftig zog, löste sich das Skelett von

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