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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Stiftung gefasst wurde. Sie
werden es mit Ihrem Hintergrund vielleicht sogar als eine Art Ehre betrachten,
könnte ich mir denken.«
    Don
schüttelte den Kopf in einem Versuch, aus seinem traumartigen Zustand zu
erwachen. Vater missverstand seine Geste und fuhr irritiert fort:
    »In einem
historischen Augenblick wie diesem existiert kein Raum für persönliche Zweifel.
Unten in der Krypta, die die SS und Heinrich Himmler Walhalla nannten
...«
    Vater
spuckte das Wort regelrecht aus.
    »Unten in
der Krypta stehen, wie Sie wissen, zwölf Sockel an den Wänden, die nun endlich
ihren wahren Nutzen erfahren können. Auf ihnen sitzen derzeit elf, wie soll ich
sagen ... Schlüsselpersonen der Stiftung in einem Kreis, der ein
abgeschlossenes telekinetisches Feld bildet. Das Kreuz und der Stern werden an
einer Kette auf die heiße Flamme des Gasrohrs hinuntergelassen. Wenn die Gegenstände
die richtige Temperatur erreicht haben, werden sie zu Strindbergs
Navigationsinstrument zusammenschmelzen. Auf der oberen Sphäre werden die
Sterne des Kleinen Wagens wieder leuchten, und der Polarstern wird uns die
Öffnung zur Unterwelt weisen. Und in diesem Augenblick, Don Titelman, beginnt
eine neue, weitaus freundlichere Zeit.«
    »Ich
vintsh aych glik«, sagte Don, »na dann wünsche ich
Ihnen viel Glück.«
    »Ihnen?
Sie werden selbst dort unten sein«, sagte Vater. »Betrachten Sie es als
letzten Dienst für die Stiftung.«
    Don
schaute die junge Frau in Rot fragend an, die ihm einen Tag zuvor Strindbergs
Stern abgenommen hatte. Sie erwiderte kurz seinen Blick, bevor sie betreten
wegschaute.
    »Die Sache
ist die«, fuhr Vater fort, »dass die Stiftung anlässlich Wiliguts Tod
versprochen hat, eine Zeremonie abzuhalten, die den Triumph des jüdischen
Blutes über die Nationalsozialisten ehrt. Sie sollte an dem Tag stattfinden, an
dem das Kreuz und der Stern in dem hübschen Turm, der speziell zu diesem Zweck
errichtet wurde, wieder zusammenschmelzen.«
    »Das
jüdische Blut, ich verstehe nicht ganz ...«
    Don geriet
ins Wanken, woraufhin die junge Frau im Abendkleid rasch ein paar Schritte auf
ihn zumachte, um ihn zu stützen.
    »Ihr jüdisches
Blut«, erklärte Vater. »Wir benötigen Ihr jüdisches Blut. Das Versprechen
beinhaltete außerdem, die Aushöhlung unten in der Krypta zu füllen. Elena
...?«
    Don
spürte, wie die Frau zögerte.
    »Es ist
soweit«, sagte Vater.
    Sie blieb
erst unbeweglich stehen, doch dann legte sie sich Dons Arm über die Schultern
und flüsterte ihm zu:
    »Wenn Sie
so freundlich wären, mir nach unten zu folgen.«
    Bereits am
Eingang zum oberen Saal nahm er den Geruch nach brennendem Gas wahr. Don
schloss die Augen und hängte sich wie eine Stoffpuppe an Elena, während sie ihn
die steilen Treppenstufen hinuntergeleitete.
    Als er
wieder aufschaute, stand er am Eingangsgewölbe des kreisförmigen ockerfarbenen
Raums der Krypta. Vom bläulichen Licht der Gasflamme im runden Steinbassin von
unten angestrahlt saßen elf ältere Männer in einem unvollständigen Zirkel auf
den Steinsockeln.
    Elf fahle
Männergesichter drehten sich zu ihm um, als er sich auf die Treppe zubewegte,
die in die Tiefe des Steinbassins hinunterführte. Don wurde immer noch von
Elenas Schulter gestützt, und als er hilfesuchend seinen Blick die Wände
entlanggleiten ließ, sah er, dass sich sowohl Eberlein als auch die Kröte unter
den Männern im Kreis befanden, die jeden seiner Schritte genau beobachteten.
    Das leise
Gemurmel in der Krypta ebbte ab, als Don die Aushöhlung des Bassins erreicht
hatte. An der Decke oberhalb der brennenden Flamme erblickte er die
schmutziggelbe Silhouette des Hakenkreuzes. Aus den vier Öffnungen in seiner
Mitte hingen jetzt grobgliedrige Ketten herunter. Sie wurden in einem
viereckigen Drahtnetz zusammengeführt, auf dem Strindbergs Stern und das weiße
Kreuz lagen.
    »Geben Sie
mir Ihre Hand«, flüsterte Elena ihm ins Ohr.
    Don war
jetzt so nahe dran, dass er die Wärme des Feuers spüren konnte.
    »Fallen
Sie auf die Knie.«
    Er
gehorchte und sank auf die Steinplatten in der Mitte des Bassins hinab,
während ihn zunehmend Übelkeit plagte. Er sah einen Metallgegenstand in ihrer
Hand aufblitzen. Don schaute weg und spürte den beißenden Schmerz, als die
Schneide des Messers die Adern entlang seines Unterarms durchschnitt.
    »Es ist
gleich vorbei«, flüsterte Elena, während sie ihn festhielt, so dass er nicht
nach vorne umfallen konnte.
    Das rote
Blut schoss in einem Strahl in die Flamme hinein.

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