Wallentin, Jan
einen Tag, nachdem Strindberg und Andree die Mündung des
Tunnels zu erforschen begannen, zu erreichen. Nach Aussage der Norweger
gebärdeten sich die Schweden unnötig aggressiv, und der Schusswechsel war allein
ihre Schuld. In irgendeiner Weise hatten Jansen und seine Männer offenbar herausgefunden,
wie der Bunsenbrenner und die Sphären funktionierten. Denn als sie schließlich
Kontakt zur Stiftung aufnahmen, wussten die Norweger alles über die Verschiebungen
des Strahls und wie man die Positionswechsel nachvollziehen konnte. Während
der vier Jahre, die seit 1897 vergangen waren, hatten sich die Walfänger auch
mehrfach hinunter in die sogenannten >Säle der Unterwelt< begeben. Was
sie dort entdeckten, konnten sie allerdings nicht so recht erklären, doch sie
begriffen immerhin, dass es sich um etwas Wertvolles handelte.«
Don
hüstelte.
»Die Säle
der Unterwelt?«
»So haben
die Norweger sie genannt«, erklärte Eberlein. »Sie hatten entdeckt, dass die
Öffnung im Eis, obwohl sie sich jeden dritten Tag verschob, jedes Mal in die
gewaltige Passage mit den ... ja, unterirdischen Sälen hinunterführte. Doch zu
diesem Zeitpunkt hatten sie auch eingesehen, dass sie weder das Geld noch das
Wissen besaßen, um irgendeinen Nutzen aus dem ziehen zu können, was die Säle
bereithielten. Also schlugen die Norweger einen Tauschhandel vor. Sie selber
würden die Kontrolle über Strindbergs Kreuz und Stern behalten und als Wächter
über die Öffnung fungieren. Und die Stiftung würde ihrerseits
wissenschaftliche Experten dorthin schicken und mittels ihrer
Geschäftsverbindungen das, was man dort unten fand, in einen angemessenen
ökonomischen Gewinn umwandeln.«
»Und was
fand man dort unten?«, fragte Don.
Eberlein
lächelte, während man hören konnte, wie der Wind draußen vor der Burg zunahm.
Don sah im Augenwinkel, dass Eva Strand inzwischen ebenfalls aufmerksam
zuhörte.
»Nichts,
auf das sich die Forscher des frühen zwanzigsten Jahrhunderts verstanden«,
sagte Eberlein. »Es vergingen fast zehn Jahre intensiver Studien, bis es der
Stiftung gelang, eine ehrlich gesagt ziemlich primitive Methode zur Ermittlung
des ... hinterlassenen Wissens zu entwickeln. Wissen ist übrigens nicht ganz
das richtige Wort, vielleicht eher schwer zu deutende Einflüsterungen im
Hinblick auf die äußere Beschaffenheit des Daseins, eine Art mentaler Grundriss
davon, wie diese Welt rein physisch aufgebaut ist.«
»Das
klingt wie ein Mysterium, was ich noch nie richtig verstanden habe«,
entgegnete Don.
»Doch um
Antworten zu erhalten, mit denen man etwas anfangen kann, muss man auch die
richtigen Fragen stellen, oder nicht?«, meinte Eberlein. »Vor allem aber muss
man selber zumindest eine vage Auffassung davon besitzen, wie das Dasein
beschaffen ist. Die Forschung der Stiftung begann also während des ersten
Jahres des zwanzigsten Jahrhunderts, wo ein Begriff wie Higgs-Teilchen wie ein
Schmutzpartikel klang, den es zu entfernen galt, und es immer noch mehr als
dreißig Jahre dauern würde, bis James Joyce das Wort Quark erdichtete.
Neutrinos, Mesonen, die astronomischen Geheimnisse der Quasaren ... Wir
sprechen von einer Zeit, in der man noch nicht einmal Darwins Evolutionslehre
akzeptiert hatte. Dampflokomotiven wurden damals als fortschrittlich erachtet.
Das Mauser-Gewehr mit seinem rauchschwachen Schießpulver als höchste Form der
Kampfkunst angesehen. Die Stahlspirale war wohl bekannt, aber kaum die
DNA-Spirale. Niemand hätte die Bedeutung einer solchen Entdeckung verstanden,
auch wenn eine Person sie infolge einer visionären Eingebung niederschreiben
würde. Und unglücklicherweise endeten alle diese Aufzeichnungen im Sommer 1917
- in dem Jahr, in dem das Kreuz und der Stern unerwartet verschwanden.«
»1917?«,
fragte Don.
»Als der
Stern im Grab von Malraux versteckt wurde«, murmelte Eva.
Eberlein
saß abwartend im Schein der Porzellanlampe. Dann fuhr er fort:
»Die
letzte längere Expedition wurde im Spätherbst 1916 durchgeführt. Im Hinblick
auf die Technik, zu der die Stiftung damals Zugang hatte, herrschten extrem
widrige Wetterverhältnisse in der Arktis. Die Proben dieser Expedition sind die
letzten, die bis heute aufbewahrt werden. Im Juni 1917 teilten die Norweger
mit, dass das Kreuz und der Stern spurlos verschwunden seien, und damit verlor
natürlich das Abkommen für die Stiftung jegliche Bedeutung. Alle
Geschäftskontakte wurden abgebrochen, und wenn ich es richtig verstanden habe,
starb dieser
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