Wallentin, Jan
keine Klinke befand, begriff
er, dass man ihn in eine Zelle gesperrt hatte.
Er legte
sich hin und versuchte einzuschlafen, doch in dem Moment, als sich sein Körper
langsam entspannte, kehrte der Schnauzbart gemeinsam mit einem Kollegen
zurück. Sie packten ihn an den Oberarmen und trieben ihn mehrere Treppen hoch
in diesen Vernehmungsraum mit der blinkenden Neonröhre.
Anfänglich
hatten sie sich mit dem Fragenstellen abgewechselt, doch in der letzten Stunde
schien es, als hätte der Kollege aufgegeben. Er hatte sich vor kurzem
entschuldigt und den inzwischen sauerstoffarmen Raum verlassen, um Kaffee zu
holen. Doch der Polizist mit dem Schnauzbart gab immer noch keine Ruhe:
»Also Don
... was haben Sie gestern Nacht zu Hause bei Erik Hall gemacht, außer Ihre
Tabletten einzunehmen?«
Der
Polizist hatte eine verschlissene Ledertasche vom Boden hochgenommen und sie
auf den Tisch gestellt. Er wühlte mit seiner Hand zwischen Döschen und
Einwegspritzen herum, während er seinen Blick auf Don richtete.
»Sie
haben, jetzt wollen wir mal sehen ...«
Dann
begann er methodisch, die Packungen aufzureihen.
»Stesolid,
Rohypnol, eine unbeschriftete Flasche ...«
»Ich habe
doch gesagt ...«
In dem
Moment, als Don seine Tasche erblickte, bekam er Atembeschwerden und spürte,
wie seine Lippen zusammenklebten. Schließlich brachte er die Worte hervor:
»Ich habe
doch gesagt, dass ich Arzt bin.«
»Apodorm,
Ketogan, noch eine unbeschriftete Packung, und dann hier: Dolcontin, Medikinet,
Xanor, Haldol, Modiodal, Subutex ...«
»Sie
können gerne bei der Generaldirektion für das Gesundheitsund Sozialwesen
anrufen und ...«
»Oxycontin,
Sobril, Nitrazepam, Morphin, noch ein Döschen Stesolid, eine unbeschriftete
Dose mit Kapseln ... Ephedrin ...«
Schließlich
drehte er die Tasche auf den Kopf, und ein Häufchen loser Tablettenkärtchen
gefolgt von einigen Spritzen in Plastikhüllen und einem Gummiriemen mit
Schnalle landeten auf dem Tisch.
Dann
stellte er den Kassettenrekorder aus und ließ die Stille eine Weile wirken,
bevor er erklärte:
»Sie
wissen ja, früher oder später werden wir die Reste der Flasche finden, die Sie
benutzt haben, um Erik Hall den Schädel einzuschlagen.«
Don
bemühte sich, nicht auf die Ansammlung der Medikamente zu schauen, und grub
seine Fingernägel in die Handflächen, um die Bewegung zur Schachtel mit
Nitrazepam, die am nächsten lag zu unterdrücken.
Sein Herz
hämmerte schon wieder wie wild, und warum merkte dieser Polizist denn nicht,
dass er unter Atemnot litt? Jene tsemishung, dieses
verdammte Chaos in seinem Kopf. Er musste dem Wust seiner Erinnerungen Einhalt
gebieten: Halls durchschnittene Stirn, der ausgefranste rechte Vorderlappen
seines Gehirns, das Auge, das aus der Höhle gerutscht war, und das Bild der
langsam starr werdenden Grashalme, an denen das Blut gerade getrocknet war.
Don
betrachtete den Polizisten vor sich, der inzwischen wahrscheinlich nur noch
vage Erinnerungsfragmente besaß und bald ein Foto benötigen würde, um sich
überhaupt daran zu erinnern, wie das Opfer ausgesehen hatte. Für den
Schnauzbart hatte sich das Bild bereits begonnen aufzulösen. Für ihn würde es
kein Problem sein zu schlafen.
Es
klopfte.
Als sich
die Tür öffnete, sog Don dankbar die mit Sauerstoff angereicherte
hereinströmende Luft ein. Im Türrahmen stand der Polizeikollege, der nach
anderthalb Stunden mit zwei Bechern dampfendem Kaffee zurückgekommen war.
Doch dann
stellte Don fest, dass hinter ihm im Korridor noch eine weitere Person stand.
Eine Frau in beigefarbenem Mantel mit hochgestecktem hellen Haar. Es war schwer
einzuschätzen, wie alt sie war; Don würde auf fünfundvierzig tippen. Die nach
unten weisenden Linien um ihren Mund herum offenbarten, dass die Zeit ihre
Spuren hinterlassen hatte.
Der
Kollege stellte den Kaffee auf den Tisch des Vernehmungsraums, und der
Schnauzbart begann unmittelbar aus seinem dampfenden Plastikbecher zu
schlürfen. Dann drehte er sich mit fragendem Blick zu der Frau im Korridor um.
Der
Kollege räusperte sich:
»Das ist
Rechtsanwältin Eva Strand. Sie sagt, dass sie von Afzelius in Borlänge
hergeschickt worden ist.«
Er
bedeutete der Frau hereinzukommen. Sie machte ein paar Schritte vor und stellte
sich dann abwartend in die Türöffnung. Der Kollege legte dem Schnauzbart eine
Hand auf die Schulter:
»Die
Staatsanwältin wird im Hinblick auf die Festnahme umgehend eine Entscheidung
fällen, dann wäre es doch angebracht,
Weitere Kostenlose Bücher