Wallentin, Jan
wenn Titelman jemanden bekäme, oder?«
Der
Schnauzbart schlürfte ohne zu antworten weiter seinen Kaffee.
»Wenn Sie
nicht jemand anderes haben, den Sie vorziehen?«, ließ der Kollege verlauten,
und es dauerte einige Sekunden, bis Don begriff, dass die Frage an ihn
gerichtet war.
»Jemand
anderes ...?«
»Einen
anderen Verteidiger, den Sie vorziehen würden.«
Don
schüttelte matt den Kopf. Es fiel ihm immer noch schwer zu verstehen, wie er
hier hatte landen können. Die Frau kam in den Raum herein, ging auf die
Schmalseite des Tisches zu, ergriff eine Stuhllehne und wandte sich an den
sitzenden Polizisten:
»Darf ich
...?«
Während
der Schnauzbart etwas Unverständliches murmelte, nahm sie schließlich Platz.
Dann reichte sie Don die Hand: »Hallo. Ich heiße Eva Strand und bin
Rechtsanwältin.« Don begrüßte sie.
»Wir haben
die Nachricht von dem Mord, und dass bereits jemand festgenommen worden ist,
im Radio gehört. Wenn ich es richtig verstehe, sind Sie also Don Titelman?«
Er nickte,
und es schien, als wollte er ihre warme Hand nicht loslassen. Sie ließ ihn
gewähren.
»Wie ich
es verstanden habe, sitzen Sie hier bereits den ganzen Morgen und müssen Fragen
beantworten? Dürfen weder telefonieren noch etwas essen, haben keinen Kaffee
bekommen, nichts?«
Da Don
nicht die Kraft aufbrachte zu antworten, wandte sie sich an den Schnauzbart:
»Habe ich
das richtig verstanden?«
»Ja, aber
...«
»Dann
denke ich, dass es an der Zeit wäre, Don Titelman ein Frühstück zu bringen.«
Der
Schnauzbart rührte sich anfänglich nicht, doch als er merkte, dass sie es ernst
meinte, stand er zögernd auf.
»Und all
die Sachen hier auf dem Tisch ...?«, fragte die Rechtsanwältin und deutete auf
die Medikamentensammlung.
Jetzt, da
der Polizist sich aufgerichtet hatte, schien er einen Teil seiner Sicherheit
wiederzugewinnen:
»Ja, sehen
Sie selbst. Subutex - ein Substitutionsmittel für Heroin. Und das hier sind
alles Benzodiazepine, oder sogenannte Tranquilizer.«
Er begann
auf die verschiedenen Döschen zu zeigen:
»Das hier
ist etwas Russisches, hier sind drei unbeschriftete Döschen. Hier hat er
Spasmophen mit Morphin und dann noch 'ne ganze Menge Fixerzeug. Sie sehen es ja
selbst.«
»Hat er
ein Rezept für Subutex?«
»Ja, in
der Tasche dort liegen ein paar Verordnungen.«
»Aber ...«
»Für
Spasmophen?«
Der
Schnauzbart nickte widerwillig.
»Dann
schlage ich vor, dass Sie sich umgehend entschuldigen und sämtliche
rezeptpflichtige Medikamente meinem Klienten überlassen. Für alles andere hätte
ich gerne Beschlagnahmeprotokolle, und dann werden wir uns später vor Gericht
damit auseinandersetzen.«
Don hielt
die Hand der Rechtsanwältin immer noch fest, und jetzt war er sicher, dass er
sie nie wieder loslassen wollte.
Der
Polizist begann missmutig, die Medikamente zurück in die Tasche zu packen und
schob sie Don schließlich über den Tisch zu.
»Und dann
wollten Sie ihm noch etwas zu essen bringen ...«, merkte die Rechtsanwältin an.
Schwer
ausatmend bewegte sich der Schnauzbart auf seinen Kollegen im Türrahmen des
Vernehmungszimmers zu. Dort wandte er sich noch einmal um:
»Eva
Strand sagten Sie, ja?«
Sie nickte
flüchtig, ließ Don dabei jedoch nicht aus den Augen. »Von der
Rechtsanwaltskanzlei Afzelius in Borlänge?« Sie nickte erneut. »Sind Sie neu
dort?«
»Na ja, so
neu nun auch wieder nicht ... Ich arbeite seit letztem Sommer hier oben,
nachdem ich aus Stockholm weggezogen bin.
Dort habe
ich dreizehn Jahre lang als Strafverteidigerin gearbeitet. Wieso fragen Sie?«
»Er meint
nur, dass man so selten neue Gesichter sieht«, sagte der Kollege einlenkend.
»Hier oben
arbeiten wir nämlich zusammen«, fügte der Schnauzbart an.
»Aha ...«,
antwortete Eva Strand.
»Ja, das
wollte ich nur sagen. Dann willkommen!«
Der
Schnauzbart trottete auf dem Korridor von dannen, während sein Kollege ihm
nachgrinste. Dann wandte er sich wieder an die Rechtsanwältin:
»War 'ne
ziemlich lange Nacht.«
»Ich
verstehe. Für meinen Klienten natürlich auch. Und jetzt... würde ich Sie
bitten, uns einen Moment alleinzulassen.«
Erst als
der Kollege die Tür hinter sich zufallen ließ, löste Don seinen Griff um die
Hand der Rechtsanwältin.
Sie zog
ihren Mantel aus und legte ihn über ihre Stuhllehne. Darunter trug sie eine
Kostümjacke mit Fischgrätenmuster und Schulterpolstern sowie eine rostbraune
hochgeschlossene Bluse. Don fand, dass sie mit ihrem leicht kantigen
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