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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Blick auf Eberleins lächelnden Mund. Seine Lippen waren etwas zu
rot und seine Zähne merkwürdig grau.
    »Etwas von
einem Stern, ja«, fuhr Don fort, »es waren so viele unterschiedliche Versionen.«
    Eva Strand
drehte sich zu ihm um:
    »Sie
müssen nicht ...«
    »Ja, und
nicht nur ein Stern«, sagte Don. »Erik Hall redete in der Tat auch von einem
Dokument, das er dort unten gefunden hatte. Es handelte sich um einen derart
bescheidenen Fund, dass ich mir keine weiteren Gedanken darüber gemacht habe.
Ein paar Zeilen in einem Brief, oder vielleicht war es auch eine Art
Postkarte.«
    Dann sah
er Eberlein in die Augen, betrachtete seinen Anzug; arrogante deutsche
Oberschicht.
    »Hat er
Ihnen erzählt, was in den Zeilen stand?«, fragte Eberlein tonlos.
    »Ja, ich
kann mich nicht so genau erinnern ... der Inhalt war recht unzusammenhängend,
nahezu so, als wäre er verschlüsselt«, sagte Don.
    »Verschlüsselt?«
    »Ja, oder
möglicherweise war es ein Gedicht. Unter den Worten befand sich eine Jahreszahl
und der Name eines Ortes.«
    »An was
genau erinnern Sie sich?«
    »Ich ...«,
begann Don. »Ja?«
    »Es kommt
darauf an, wie man rechnet, aber vielleicht kann man sagen, dass ich insgesamt
vier Worte in Erinnerung habe sowie einen Ortsnamen und eine Jahreszahl.
Hygiene-Institut der Waffen-SS, Konzentrationslager Ravensbrück 1942.«
     
    Die
Postkarte
     
    Der
Teppichboden breitete sich in einem dunklen Rechteck unter dem Tisch mit dem
verschlossenen Metallschrein aus, und als Don seinen Blick in der Stille hinauf
an die Decke der Bibliothek schweifen ließ, schätzte er, dass sich die obersten
Buchrücken auf einer Höhe von nahezu fünf Metern befanden.
    Wenn er
nur eine Möglichkeit gefunden hätte, sich an den letzten Dezimetern der alten
Isolierung aus der Jahrhundertwende und der äußersten Schicht an Dachziegeln
vorbeizuschieben, würde er über den offenen Nachthimmel hinausblicken und
vielleicht sogar den Turm der Seglora Kirche erahnen können.
    Eine
mögliche Hilfestellung bei dieser Art von Ausbruchsversuch könnte die mit
Rädern versehene Messingleiter bieten, die ein paar Meter entfernt von der
zusammengesunkenen Gestalt der Kröte an die Wand gelehnt stand, doch irgendwie
erschien ihm die Leiter zu verbogen. Don sah jetzt ein, dass es unmöglich war,
an der Wand hochzuklettern, denn die Reihen mit den Bücherregalen hatten
begonnen, sich dermaßen stark nach innen zu wölben, dass es schien, als senke
sich der gesamte Raum über ihm.
    Im Schein
der Glaslampen mahlten Eberleins Kiefer, eine Bewegung, die sich bis hinauf an
seine Schläfen fortsetzte, wo sich die durchsichtige Haut des Deutschen wie von
einem schnellen Puls weitete. Plötzlich erklang ein schabendes Geräusch, und
die Kröte erhob sich von ihrem Hocker neben der Messingleiter.
    Auf seinem
Weg zum Tisch vermied sie es, Eva und Don direkt anzusehen, und als sie näher
kam, beugte sie sich unmittelbar vor und flüsterte Eberlein etwas zu. Es war
unmöglich zu verstehen, was die Kröte sagte, doch der schwerfälligen
Satzmelodie zufolge schloss Don, dass sie deutsch sprach. Eberlein schaute stur
geradeaus, während er ihr zuhörte, den Blick auf einen Punkt weit hinter Don
in Richtung der verschlossenen Doppeltüren gerichtet.
    Als die
Kröte verstummte, nickte Eberlein sachte. Dann stand er auf und richtete den glänzenden
Stoff seiner Anzughose. Er sagte:
    »Ich muss
kurz ein Telefonat führen.«
    Doch das
Lächeln, das dieses Mal folgte, war flüchtig und erreichte kaum seine Augen.
Das Gesicht des Deutschen, das im Verlauf seiner vorangegangenen Ausführungen
mehrfach gestrahlt hatte, war inzwischen wieder blassgrau und erstarrt.
     
    Nachdem
sich die Türen hinter Eberlein geschlossen hatten, setzte sich die Kröte ihnen
direkt gegenüber an den Tisch. Eva Strand hatte bereits begonnen, ihre Papiere
zu ordnen und legte sie zusammen mit dem Stift in ihre Tasche. Als ihre Hand
wieder sichtbar wurde, hielt sie ein rotes Handy zwischen den Fingern. Sie
schaute die Kröte fragend an, doch die zuckte lediglich mit den Achseln.
    Nach
einigen Sekunden begann das Display zu leuchten, und die Rechtsanwältin gab
rasch eine Nummer ein. In der Erwartung, dass am anderen Ende jemand abheben
würde, heftete sie ihren Blick auf Don.
    Don sah,
dass sich ihre Stirn in Falten legte, sie schaute hinunter auf das Handy,
unternahm einen neuen Versuch, drückte die Tasten diesmal sorgfältiger und
langsamer. Neben den Ziffern war die Anzeige für das

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