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Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
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Netz leer. Die
Glupschaugen der Kröte weiteten sich ein wenig.
    »Ich nehme
an, dass Sie hier im Haus einen Festnetzanschluss haben?«, fragte Eva.
    Anfänglich
kam keine Reaktion, doch als Don die Frage auf Deutsch wiederholte, schüttelte
die Kröte ihren massigen Kopf.
    Don
beobachtete, wie sie einen weiteren Versuch unternahm, doch dann begannen seine
Gedanken abzugleiten. Das Amphetamin schien eine Lücke in sein
Erinnerungsvermögen gerissen zu haben, denn die Bilder, die ihm vorher noch so
klar erschienen, waren jetzt verschwommen und unscharf. Die Fotografien aus dem
letzten Lager auf Vitön, die er einmal gesehen hatte - Strindbergs unter einem
Steinhaufen begrabener Leichnam, Andrees Logbuch, die sterblichen Überreste von
Knut Fraenkel -, kamen ihm nach den Eindrücken von Eberleins Glasnegativen
jetzt wie doppelt belichtet vor.
    Er gab ein
trockenes Husten von sich, ein Lachen, das er bereits auf dem Weg aus der Kehle
heraus zu unterdrücken vermochte, während er an die Zeichnungen mit den Sphären
denken musste, die Strahlen über der Nordhalbkugel und Eberleins behutsame Bewegungen
mit seinen baumwollbekleideten Fingern. Es war, als befände er sich in einem
Saal mit lauter zersprungenen Spiegeln an den Wänden, und um wieder
hinauszugelangen tat Don, was ihm am einfachsten erschien: Er öffnete seine
Schultertasche und versorgte sich mit sechs Milligramm Xanor.
     
    Er hatte
den Deckel des Döschens gerade wieder zugeschraubt, als das Türschloss hinter
ihm klickte und die Doppeltüren wieder Licht hereinließen. Eberlein war zurück.
    »Ich kann
mir nicht vorstellen, dass Sie erfolgreich waren«, bemerkte Eva, als der
Deutsche sich dem Tisch näherte. Er blickte sie verständnislos an.
    »Ihr
Assistent meint, es gäbe kein Festnetztelefon. Und von hier drinnen kann man
nicht telefonieren.« Sie zeigte ihm ihr Handy.
    »Nein, das
stimmt«, bestätigte Eberlein. »Es hat mit dem Abhörschutz zu tun; es existiert
eine Art Störsender im Haus, wenn ich es recht verstehe. Wie gesagt, die Villa
gehört inzwischen der Deutschen Botschaft, und dort gelten besondere
Bestimmungen.«
    Die
Rechtsanwältin legte ihr Handy wieder in die Handtasche und schob ihren Stuhl
zurück.
    »Telefon
oder nicht, wenn Sie keine weiteren Fragen haben, müssen wir jetzt gehen. Ich
hoffe wirklich, dass dieser merkwürdige Ausflug nun ein Ende hat.«
    Die
letzten Worte richtete sie direkt an den dünnhaarigen Säpomann und seinen
Kollegen, die nun ebenfalls in die Bibliothek gekommen waren.
    »Es tut
mir leid, aber das ist nicht der Fall«, entgegnete Eberlein.
    Er legte
erneut seine Hand auf Dons Schulter und drückte sie leicht:
    »Auch wenn
ich persönlich Ihren Worten im Hinblick auf Ravensbrück gerne glauben möchte,
scheinen sie in Deutschland keinen großen Eindruck zu hinterlassen. Sie würden
Ihnen gerne einen Vorschlag unterbreiten. Einen Kompromiss, den ich unter vier
Augen mit Ihnen besprechen möchte.«
    »Ich
verstehe nicht ganz ...?«, merkte Eva Strand an.
    Doch
Eberlein hatte den Sicherheitspolizisten bereits ein Zeichen gegeben,
woraufhin der Dünnhaarige an ihre Seite trat und ihren Arm erfasste.
    Zuerst sah
es aus, als wollte sie sich weigern, doch dann resignierte sie und stand mit
großer Mühe auf. Ihre Gelenke schienen völlig steif zu sein, die
hochgeschlossene Bluse war zerknittert, und unter den hellen Nylonstrümpfen
schlängelten sich bläuliche Adern.
    Eberlein
hielt ihr den Mantel hin.
    »Es dauert
nur wenige Minuten«, sagte er.
    Eva nahm
ihren Mantel in Empfang, hängte sich ohne zu antworten die Handtasche über die
Schulter und sah Don lange an.
    »Was auch
immer er sagt, wir werden bald wieder zurück in Falun sein.«
     
    Als sich
die Doppeltüren hinter Eva und den beiden Säpomännern schlossen, nahm Eberlein
auf dem Stuhl neben Don Platz. Ihn umgab der Duft seines schweren Aftershaves,
während sein Blick Don nahezu hypnotisierte. Die Hand, die der Deutsche auf
seinen Oberschenkel gelegt hatte, war schmal und mit einem zierlichen
Handgelenk versehen, als gehörte sie einer Frau.
    »Es gibt
heutzutage so viele moderne Systeme«, begann Eberlein.
    Don ließ
seinen Blick in Richtung der Türen gleiten, doch die weiche Stimme lockte ihn
zurück:
    »Das, was
früher ein simpler Verschluss war, kann heute aus einer Anordnung bestehen, die
die Iris in einem Auge scannt, oder die Linien eines Fingerabdrucks überprüft.
Gerade was Daktylogramme anbelangt, ist ein Teil dieser Systeme inzwischen

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