Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wallentin, Jan

Wallentin, Jan

Titel: Wallentin, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Strindbergs Stern
Vom Netzwerk:
Himmel darstellte, waren sie in eine großzügige Küche
gekommen. Dort hatte die Kröte eine Tür aufgeschlossen, die in den fensterlosen
Servierraum führte. Nachdem sie Eva und Don gebeten hatte einzutreten, übergab
sie dem dünnhaarigen Sicherheitspolizisten die Schlüssel.
    Schranktüren
mit gelb melierter Täfelung, mit Leinöl versiegelte Regale oberhalb der Spüle
und des Ausgusses. In einem glänzenden Spritzschutz aus Zink spiegelten sich
Schalen mit Schneebesen und Kellen, und zwei schwere Gefrierschränke standen
surrend neben der graukarierten Laminatfläche der Arbeitsplatte. Hinter einer
getönten Glastür mit einem kleinen Schloss konnte man einen Weinkeller
erkennen, in dem Flaschen auf feingliedrigen Metallgestellen lagerten.
    Die Kröte
hatte in Richtung der beiden Matratzen auf dem Boden genickt, woraufhin es im
Schloss rasselte, als der Dünnhaarige die Tür hinter sich zuzog und abschloss.
    Anfänglich
hatte Don noch ihr gedämpftes Murmeln auf Schwedisch von draußen hören können,
doch bald war das Flüstern verstummt. Vielleicht waren die beiden
Sicherheitspolizisten eingeschlafen, denn die Zeiger der Uhr hatten sich inzwischen
von zwölf auf drei weiterbewegt.
     
    Während
der Stunden in der beengten Unterkunft hatten Don und Eva Eberleins Drohung
ausgiebig hin- und herwenden können. Als Don ihr davon berichtete, glaubte Eva
ihm erst nicht. Doch dann stellte sie fest, dass von all dem, was geschehen
war, nachdem sie das Polizeigebäude in Falun verlassen hatten, die Sache mit
den gefälschten Fingerabdrücken wahrscheinlich noch am wenigsten überraschend
war. Don erwähnte etwas von der Tradition der Deutschen, Wahnsinn mit unerbittlicher
Methodik zu paaren, und im Zuge einer fortschreitenden Müdigkeit hatte die
beiden eine Art Schlaftrunkenheit beschlichen, so dass aus dem Inneren des
Servierraums jetzt unterdrücktes Gelächter erklang.
     
    Doch nun
stand Eva von der in Plastik gehüllten Matratze auf und ging auf den langen
Spültisch zu. Sie öffnete auf gut Glück ein paar Schranktüren und fand
schließlich ein großes Trinkglas, das sie mit Wasser füllte. Dann schien sie es
sich anders zu überlegen und goss es in den Ausguss. Don folgte ihrem Blick
hinüber zur Glastür und den verschwommenen Flaschenreihen im Weinkeller.
    »Sie haben
doch in Geschichte geforscht«, begann Eva. »Über die Symbole des
Nationalsozialismus, war es nicht so?«
    Don
nickte, doch sie hatte sich bereits abgewandt und durchsuchte die Schubladen
unterhalb der laminierten Arbeitsfläche.

»Was ist
also die gängige symbolische Bedeutung eines Messers?«
    »Eines
Messers ...?«
    Er suchte
in seiner Erinnerung und stellte fest, dass zumindest noch einige Bruchstücke
vorhanden waren.
    »Ein
Messer bedeutet normalerweise Opfer und Rache. Auch Tod.«
    Er atmete
tief ein und fuhr mit geschlossenen Augen fort:
    »Mit einem
Messer zu schneiden kann symbolisieren, dass man etwas befreit, wie man
beispielsweise im Buddhismus als Zeichen für die Erlösung des Ichs jegliche
Form von Unwissen und Hochmut wegschneidet.«
    Er hörte,
wie Eva die Schubladen wieder schloss.
    »Für die
Christen bedeutet das Messer Märtyrertum. Der Apostel Bartholomäus wurde zum
Beispiel lebendig mit einem Messer gehäutet.«
    Er hörte
das Klacken ihrer Absätze, als sie sich über die Klinkerplatten des Fußbodens
bewegte.
    »Für die
Nazis gehörte das Messer mit dem Hakenkreuz zusammen. Im Emblem der Thule-Gesellschaft
war die Swastika mit einem Dolch durchkreuzt. Die Männer der SS erhielten bei
ihrer Aufnahme doppelschneidige Dolche, mit denen sie ihr Leben schützen
sollten. Man vertrat die bizarre Idee, dass man auf diese Weise in den
Adelsstand gehoben wurde, in direkter absteigender Rangfolge nach den Rittern
im Deutschen Orden.«
    Es
klapperte und wurde wieder still, doch Don hatte gerade erst begonnen:
    »In der
altnordischen Mythologie besaß die Göttin Hei ein Bett, das Krankenlager
genannt wurde, der Name ihres Tellers war Hunger, und von ihrem Messer
behauptete man, dass es ...«
    »Danke,
das genügt«, sagte Eva.
    »Von ihrem
Messer behauptete man, dass es Hungertod hieß.«
    Als Don
aufschaute, sah er, dass Eva sich ihm zugewandt hatte. In der Hand hielt sie
ein spitzes Tischmesser.
    »Das, was
ich eigentlich wissen wollte ...«, sagte Eva und ging auf die Tür des
Weinkellers zu. »Was ich wissen wollte, war, ob man ein Messer auch als einen
...«
    Sie
steckte die Klinge ins Schloss.
    »Als einen
Schlüssel

Weitere Kostenlose Bücher