Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)
bleibt Wallner wie angewurzelt stehen. Am Herd kocht jemand, eine fremde Frau, vielleicht 30, klein, dürr, schulterlanges blondes Haar.
Nein.
Es ist Dolora, die Köchin. Schön öfter ist es Wallner jetzt passiert, daß er sich vor Dolora oder der Putzfrau, Eva, erschrocken hat; er hat sich noch immer nicht ganz an die neue Situation gewöhnt. Anas Bedingungen für den Umzug in die Villa nach Chammünster waren gewesen, daß sie im Haushalt entlastet werden würde und sie sich voll auf die Boutique konzentrieren könne. Wallners Einwand, daß man ja mit dem Börsengang ein hohes Risiko auf sich genommen habe und vielleicht später einmal finanzielle Polster benötige, lehnte sie ab. Sie sehe es nicht ein, auf Sachen zu verzichten, die sie sich all die Jahrzehnte – Jahrzehnte! – in Cham gewünscht habe und die sie sich nun endlich leisten könne. Wallner hatte gedacht, er könne die Diskussion um die Putzfrau und die Köchin aufschieben, indem er einfach, immer wenn ihn Ana abends fragte, was denn nun sei, welche Bewerberin in die engere Wahl komme, erwiderte, er sei sehr müde, könne heute einfach nicht mehr, ob sie das nicht später einmal besprechen könnten, am Wochenende zum Beispiel – was sie dann natürlich nicht taten.
Eines Tages aber hatte, als er nach Hause kam, Ana mit einer dicklichen Blondine, ungefähr 30, im Wohnzimmer gesessen. Sie waren lachend ins Gespräch vertieft gewesen, schienen ihn zuerst überhaupt nicht wahrzunehmen, bis Ana ihm die Blondine als die neue Putzfrau vorstellte. Ana hatte ihr einfach so, ohne Wallner noch einmal zu konsultieren, den Job gegeben, ebenso wie Dolora. Beide waren ursprünglich aus Tschechien, hatten einen leichten Akzent, möglich, daß ihnen ihre Herkunft bei Ana einen Bonuspunkt eingetragen hatte, die in ihnen Verbündete sehen mochte, die Ostblock-Connection sozusagen. Die wenigen Male, die Wallner Eva und Dolora zu Gesicht bekommt, verwechselt er sie oder geht ihnen tunlichst aus dem Weg. So sind oft das einzige, was ihm anzeigt, daß die beiden tatsächlich für Ana und ihn werktags arbeiten, der Teppich, die Fenster und Möbel, die plötzlich anders riechen, künstlich, nach Melonen oder Zitronen – Eva mußte ein anderes Reinigungsmittel als Ana verwenden –, die Speisen, die zwar aussehen wie früher – Ana und er hatten einen Speiseplan erstellt –, aber nicht so schmecken; Dolora muß bestimmte Gewürze verwenden, die ihm bis dahin unbekannt gewesen sind. Zuerst hatte Wallner Evas und Doloras regelmäßige Anwesenheit in der Villa beunruhigt. Er hatte nicht schlafen können. Seit er die Schlüssel für die Schreibtischschubladen immer bei sich trägt und seinen Laptop in den Safe sperrt, geht es etwas besser. Man kann nie wissen.
Wallner macht schnell einen Schritt zurück und geht leise den Flur entlang, zur Treppe nach oben. Dolora hat ihn nicht gesehen.
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Rhett Butler lehnt am Ende der Treppe und schaut nach oben. Den rechten Arm hat er auf den Pfosten gestützt, den linken in die Hüfte gestemmt. Seine pechschwarzen Haare sind stark pomadisiert. Er hat die Augen leicht zusammengekniffen und lächelt schlitzohrig.
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„Ja Moment. Es geht doch hier vor allem um unser Profil. Es geht doch hier auch darum, wie, ja, und vor allem wo wir uns in den nächsten Jahren sehen. Sind wir das Unternehmen aus Cham, das national reüssiert, meinetwegen, oder sind wir das europäische Unternehmen mit Tochterfirmen dort und dort und dort. Ich höre da jetzt immer: Das ist doch ein Risiko, schau dir Rosenheim an, 20 Jahre schwarze Zahlen und innerhalb von zwei Jahren Insolvenz, laß uns warten, laß uns die sein, die wir sind und so weiterfahren wie bisher, laß uns noch fünf Jahre warten, bis es auch an der Börse besser läuft, und dann können wir überlegen, ob so etwas wie Marckelsheim überhaupt ein Thema ist. Und jetzt sage ich auch mal etwas. Wir werden an der Börse nicht punkten, wenn wir nicht expandieren. Wir werden nicht weiter die Aufträge bekommen, wenn wir uns nicht andere Märkte erschließen. Und, ja, darf ich mal etwas fragen: Wie kann es sein, daß meine Unterlagen sagen, die Maschinen in Marckelsheim seien erst vor fünf Jahren erneuert worden, das Gebäude sei saniert worden, und der Leiter sagt mir am Telefon, die Angestellten haben ein Durchschnittsalter von unter 40 und Straßburg werde in spätestens einem Jahr Probleme mit Zentrope bekommen? Und das erklärt ihr mir jetzt erst einmal.“
„Dazu kann ich nur sagen: Der
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