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Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Wallner beginnt zu fliegen (German Edition)

Titel: Wallner beginnt zu fliegen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas von Steinaecker
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Uli und ich sind ja dagewesen und haben uns das angeschaut. Und wir haben auch den Rost an den Kränen gesehen. Buchstäblich. Rost. Und den Putz, der von der Werkhalle gebröckelt ist. Da kann der Monsieur Aimard Ihnen noch soviel versichern, und in den Unterlagen kann stehen, daß das ja eigentlich eine schnieke Firma sei und nigelnagelneu und so weiter. Der Uli und ich sind aber da gewesen. Marckelsheim ist die Katze im Sack. Das sage ich jetzt. Wenn wir das machen, brauchen wir gar nicht die nächsten zwei Jahre abwarten, sondern können gleich die Insolvenz anmelden. Und ich stehe da mit meiner Meinung auch nicht allein da. Der Uli sieht das ganz genauso, und Herr Resch wird sicher so seine Probleme bekommen, seinen Aktionären zu verklickern, daß sie ihr Geld in eine Bruchbude investieren sollen, nur weil es Herr Wallner so wünscht. Uli?“
    „Ja, das stimmt schon so, wie das der Henning sagt.“
    „Also ich muß auch sagen, daß mir das mit Marckelsheim, ich sage jetzt mal, als nicht ganz realistisch erscheint. Nach dem, was da Herr van Riet und Herr Wiget so erzählen, ist das schon sehr schwer, den Aktionären zu sagen: Sagt ja.“
    Es entsteht eine Pause.
    Wallner schaut auf die Pappeln vor dem Fenster, deren Blätter in der Sonne glitzern.
    Er sagt: „Wir machen das jetzt einfach so. Sollte sich der Rat nicht für Marckelsheim entscheiden, trete ich als Vorstand zurück, bitte schreiben Sie das mit, Frau Beck.“
    „Aber da hat doch jetzt niemand was davon, wenn du jetzt ausrastest, Stefan. Du kannst uns doch jetzt nicht zu drohen anfangen, Stefan.“
    „Na, wir stimmen jetzt einfach ab. Wir stimmen jetzt einfach ab. Und dann sehen wir schon.“
    „Ich glaube, wenn ich das sagen darf, wir sollten das Ganze vertagen.“
    „Also wir stimmen dann ab. Bitte die Stimmen dafür.“
    Wallner hat die Hand beim Sprechen gehoben.
    „Ich stimme jetzt nicht ab, Stefan.“
    „Uli, laß uns einfach abstimmen, und wir haben das Ganze hinter uns.“
    „Ich stimme nicht ab.“
    „Dann zählt das als Enthaltung, du hast doch Herrn van Riet gehört, oder sollen wir jetzt erst darüber abstimmen, ob wir abstimmen sollen. Also noch einmal. Die, die dafür sind, sagen jetzt: Ich bin dafür. Ich bin dafür.“
    Es entsteht eine Pause.
    „Und jetzt bitte die Gegenstimmen. Herr van Riet?“
    „Dagegen.“
    „Herr Resch?“
    „Ich votiere dagegen. Ja.“
    „Uli?“
    „Stefan.“
    „Uli?“
    „Dagegen.“
    „Gut. Dann schreiben Sie jetzt bitte, Frau Beck. Vorschlag der Übernahme der Firma in Marckelsheim mit einer zu drei Stimmen abgelehnt. Gleichzeitig tritt Stefan Wallner mit sofortiger Wirkung als Vorstand des Aufsichtsrats zurück. Punkt.“
    Wallner öffnet die Tür und tritt auf den Flur. Jemand ist ihm gefolgt und faßt ihn am Arm. Es ist Wiget.
    Wiget sagt zu Stefan: „Was soll denn das Ganze? Das ist doch alles nicht dein Ernst, Stefan.“
    Er hat die Augen weit aufgerissen.
    Wallner bleibt stehen und sagt: „Ja Moment. Es geht doch hier um unser Profil, Ulrich. Es geht doch hier darum, wie, ja und vor allem, wo wir uns in den nächsten, sagen wir, drei bis sechs Jahren sehen, bis wir abtreten, Uli, und wie es danach mit der Firma weitergeht. Darum geht es. Sind und bleiben wir, bis wir abtreten, Uli, die Firma aus Cham, die national reüssiert oder werden wir das europäische Unternehmen mit Tochterfirmen dort und dort und dort.“
    64
    Wallner sperrt die Haustür auf, schlüpft aus seinen Halbschuhen, indem er mit der Fußspitze das Fersenende des jeweils anderen Schuhs festhält, er hängt seinen Übergangsmantel auf einen der Kleiderbügel im Einbauschrank, zupft den rechten Ärmel glatt, weil sich eine Falte gebildet hatte.
    Wallner verspürt großen Hunger auf Brot, Wurst und Gewürzgurken.
    Er öffnet im Flur die Küchentür und versucht den Gesichtsausdruck von Wut und Trauer noch mal deutlicher werden zu lassen, weil er Ana im Eßzimmer nebenan hört und weiß, daß sie in wenigen Sekunden in die Küche kommen wird, um ihn zu begrüßen.
    Er beißt seine Zähne fester zusammen, damit seine Wangenknochen stärker hervortreten und verengt seine Augen, zudem schiebt er die Unter- gegen die Oberlippe, so daß seine Mundwinkel nach unten zeigen müßten.
    Ana ist nach wenigen Sekunden in die Küche eingetreten. Wallner kann an ihrem vergrößerten Bewegungsradius, dem Gestikulieren mit den Händen, dem breiteren Tonumfang der Stimme, lauter als gewöhnlich, umgehend erkennen, daß Ana sehr gut

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