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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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auf Isaaks Haupt, sank zurück, zuckte noch einmal vom Munde an bis in die Zehen hinunter und tat keinen Atemzug mehr. Rebekka brach in heftiges, verzweiflungsvolles Schluchzen aus, während ihr Bruder in dumpfem, tränenlosen Schmerz die Züge des Verblichenen anstarrte. Das Mädchen konnte sich nicht fassen, sie zerriß ihr Kleid, schlug sich die Brust, warf sich zu Boden, kurz, gab sich dem leidenschaftlichsten Jammer hin.
    Erst nach vielen Stunden vermochte sich Isaak so weit zu fassen, daß er die Papyrusrolle, auf die der Tote die wirren Buchstaben geworfen, zu sich steckte, um sie vor dem Auge Uneingeweihter zu bewahren. Während seine Schwester das Gesicht des Toten mit ihren Tränen badete, ihn laut um Verzeihung bat, ihn beschwor, ihre Reue anzuerkennen und noch ein liebes Wort an sie zu richten, zog er behutsam das Schriftstück hervor, um die Zeichen zu enträtseln. Kaum jedoch hatte er sich einigermaßen in die Rolle vertieft, um seinen Kummer zu vergessen, so fühlte er, wie ihm dies fast allzu gut gelang, denn von nun an fand kein anderer Gedanke mehr in seinem Haupte Platz, als der, Besitzer der geheimnisvollen Reichtümer zu werden. Den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinein saß er über der Rolle. Er vergaß Schlaf und Speise, überhörte die Mahnung seiner Schwester und bemerkte nicht, daß man die Leiche seines Vaters aus dem Zimmer getragen. Eine wahrhaft dämonische Goldgier hatte ihm das wichtige Blatt eingeflößt. Als ihm Rebekka Vorwürfe machte über seine Teilnahmlosigkeit, gewahrte er erst, daß die Leiche aus dem Zimmer verschwunden war. Da übermannte ihn denn freilich eine Art Rührung, doch diese war bald wieder verwischt, als sein Auge das verheißungsvolle Blatt streifte. Endlich nach langem Brüten sah er ein, wie unmöglich es ihm sei, diese Zeichen zu entziffern, die da auf dem Blatte tanzten; er mochte die Rolle drehen und wenden wie er wollte, sie mit dem spärlichen Lämpchen beleuchten, wie er wollte, sie gab ihm keinen Aufschluß. Die Aussicht, die Schrift nicht lesen und somit den Schatz nicht heben zu können, stürzte ihn schließlich in eine solche Verzweiflung, daß ihm Tränen aus den Augen quollen und er nach vielem ratlosem Überlegen seine Schwester weckte, die bereits Müdigkeit und Schmerz in einen fieberartigen Halbschlaf versenkt hatte. Er teilte der verstört Dreinschauenden das Geheimnis mit, so gut er dies in seinem Erregungszustand vermochte. Rebekka, durch diese Mitteilung völlig wieder in ihre frühere stürmische Lebenslust zurückversetzt, machte sich sofort über die Rolle her.
    »Du bist gescheit,« meinte ihr Bruder schmeichelnd, » ein Weib hat mehr Scharfsinn als zehn Männer; dir gelingt gewiß, was mir nicht gelingen wollte: in dies närrische Gekritzel Sinn zu bringen, die abgebrochenen Worte klug zu verbinden, auf daß ich genau die Stelle kennen lerne, durch welche ich in das Innere des Gebäudes dringe. Diese Stelle muß ich genau kennen, denn Zeit, zu suchen, läßt mir die Gefahr des ganzen Unternehmens nicht.«
    »Hier steht,« begann Rebekka, nachdem sie die Schrift überflogen, »gleich im Anfang folgendes: die Türe liegt über dem Wasserspiegel des Nil.« – »So weit kam ich ebenfalls,« bestätigte Isaak, »dies hatte mir bereits der Vater mündlich mitgeteilt. Weiter, lies weiter.«
    »Halt,« rief das Mädchen, »höre, ob ich recht erraten, dies Zeichen, welches aussieht wie eine betrunkene Mumie, soll heißen: suche –!«
    »Möglich, Schwesterlein! Entziffere das Folgende.«
    Sie sann über dem Blatt, ihre Lippen bewegten sich, ohne zu sprechen. Nach einiger Zeit flüsterte sie:
    »Suche in der Wandmalerei –«
    »Wandmalerei! könnte dieser Schnörkel, der einem vor Lachen geplatzten Nilpferd ähnlich sieht, heißen?« warf Isaak heiter dazwischen, »wahrlich, ich beneide dich um dein scharfes Auge, schlaues Weib.«
    »Es sind Hieroglyphen,« belehrte Rebekka, »die du nicht völlig verstehst; der Vater bediente sich von nun an der ägyptischen Schrift. Also: Suche in der Wandmalerei das Bildnis des Gottes Sebek, welcher sitzt auf einem Thron und dessen Haupt dasjenige des Krokodils ist.«
    »Wir kommen zum Ziel,« jubelte Isaak, »weiter, teure Schwester; ich möchte dich küssen, Mädchen. Warum gab ich dir diese Rolle nicht schon früher, wir wüßten bereits die Stelle.«
    »Es ist klar am Tag,« fuhr Rebekka lesend fort. »Da, wo der Gott seine Hand auf das Knie drückt, genau da, wo er die Lotosblume hält,

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