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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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verboten, so kündet dieses Blatt, heute und morgen ihre Wohnungen zu verlassen, weil Ramses, der Sohn der Sonne, siegreich zurückkehrt aus der Feldschlacht gegen die Chetas.«
    »Ja,« sagte der Beamte, »eure Gegenwart soll den festlichen Aufzug nicht entweihen, ihr Schakale. Aber einen Kuß könntest du mir doch reichen, Jüdin, du bist verflucht hübsch; so malen sie die Göttin Isis holdlächelnd auf die Wände des Tempels. Komm, kleine, weiße Schilfschlange, laß dich fangen.«
    Rebekka wehrte lachend ab, während sich der derbe, braunrote Ägypter, von Begierde entzündet, wild an sie schmiegte, reiche Belohnung bietend. Bald kamen noch einige Ägypter, brachten Wein und stritten sich um den Besitz der Jüdin. Isaak suchte ärgerlich sein Lager; dies Hindernis kam ihm sehr ungelegen; er sann darüber nach, ob er es vielleicht umgehen könnte, während die lebenslustigen Zechgenossen Rebekka in ein Nebengemach zogen, aus welchem bald Gesang und Gelächter das stille Haus durchtobten.
    *           *
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    Menes hatte indes keinen Tag vorübergehen lassen, ohne eifrig danach zu trachten, mit dem Mädchen auf irgendeine Art, an irgendeinem Ort wieder zusammenzutreffen; leider lange erfolglos. Eine glühende, verzehrende Sehnsucht bemächtigte sich seines träumerischen Gemüts; die Abwesenheit ihrer Gestalt hielt seine Phantasie in beständiger Spannung; im wachen Traume sah er sie vor sich; auf den Straßen ließ er kein Gesicht an sich vorüber, ohne es beobachtet zu haben. Es wurde ihm klar, daß sie ihn absichtlich mied. Eines Morgens war er, eine halbe Stunde oberhalb Memphis, am Nil auf und ab gewandelt, um ein astrologisches Werk zu studieren. Der Ort war still; rings vom hohen Schilfe eingerahmt, war er wie gemacht zum heimlichen Studierzimmer. Das Geflügel im Schilf plauderte in der Ferne, die Frösche sangen ihr eintöniges Lied herüber, das stille Leben der Wassertiere bot Anlaß zu manchen sinnigen Betrachtungen. Sollte man, sagte er zu sich selbst, nicht glauben, wenn man das behagliche Treiben dieser kleinen Geschöpfe im goldglänzenden Wasser beobachtet, es fehle ihnen nichts, sie seien völlig glücklich! Und doch lauert auf jedes dieser Wesen schon ein anderes, welches seiner zur Nahrung bedarf. Keines dieser Geschöpfe ist seines Daseins sicher, ihr Leben ist nur eine Galgenfrist, viele dieser Tiere entstehen nur, um größeren zur Speise zu dienen. Ein solches Stückchen Uferschilf ist ein verkleinertes Bild des Menschenlebens. Menes hatte sich eben niedergelassen, eine Schnecke vor den Bissen eines wurmartigen Weichtiers zu retten, als ein nicht sehr entfernter Schrei an sein Ohr schlug. Rasch sprang er auf. Das war ein menschlicher Schrei! Wer konnte hier in der Nähe sein? Vielleicht ein wasserschöpfendes Weib, das von einem Krokodil überrascht wurde? Doch Krokodile ließen sich in solcher Nähe der Stadt kaum mehr sehen. Er lauschte gespannt; der Schrei wiederholte sich nicht; brütende Sonnenhitze lag auf dem entfernteren, blitzenden Nil, leise säuselte das Rohr. Hatte er sich getäuscht? War es eine Vogelstimme gewesen? Er bog um ein dichtes Schilfgestrüpp, hielt die Hand vor das sonngeblendete Auge und gewahrte im Rohr, wie in einem Gitterwerk, zu seiner größten Überraschung eine Gestalt. Diese Gestalt stand aufrecht mitten im Wasser; ihr Haupt hing, von einem Tuche bedeckt, auf die Brust herab wie geknickt; ihre Füße verschwanden unter den Wellen; so stand sie, wie eine steinerne Göttin. Ja, es war ein Weib, das dort stand und rätselhafterweise nicht untersank. Er bog das Schilf völlig zurück – bei allen Göttern! war sie es? sie! die er suchte und nicht fand? Myrrah! Und in welcher Lage befand sie sich! Was wollte sie hier? Seine Brust hob sich gewaltsam, er trat bis dicht an das Wasser heran und rief hinüber: »Myrrah! was beginnst du? Wie kommst du hierher.« Sobald diese Worte verklungen waren, zuckte es sichtlich über die Züge des Mädchens, es duckte das Köpfchen noch tiefer herab und machte eine abwehrende Bewegung. Nun erst, als diese Bewegung den Körper des Mädchens und das sie umgebende Wasser erzittern machte, gewahrte Menes, daß sie auf einem schwimmenden Baumstamm stand, der sich langsam über die Flut erhob und einige grünliche Äste zeigte. Hatte sie freiwillig diese gefahrvolle Stütze gesucht? Oder hatte ihr der Stamm als Rettungsmittel gedient? Aber warum bemüht sie sich nicht, den Baum ans Ufer zu ziehen? Das hätte sie leicht vermocht,

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