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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Tränen füllte.
    »Wie bist du verwandelt – hassest du mich denn?«
    »Ich dich hassen?« frug sie tonlos, wie im Traum.
    »Ja, es scheint, du hassest mich.«
    »Und wenn es so wäre –«
    »Myrrah – du – o ihr Götter –«
    »Sei ruhig,« lispelte sie, »du verstehst mich falsch – ich hasse dich nicht, sondern ich müßte dich hassen.«
    »Warum suchst du den Tod, Unglückselige?«
    »Eben weil ich dich hassen muß,« klang es kaum hörbar aus ihrem Munde.
    Dann lächelte sie seltsam.
    »Was kümmert es dich,« lächelte sie, »sei fröhlich mit deinen Zechgenossen, erzähle ihnen, wie du ein armes Mädchen zum Narren gehabt; das wird sie erheitern, besonders wenn du sagst, es sei eine Jüdin gewesen. Sei wie die übrigen; beschimpfe mich doch, das ist bei weitem klüger. Hörst du?«
    Darauf eilte sie mit fliegenden Schritten von dannen, Menes in einem Zustand völliger Trostlosigkeit, tiefster Bestürzung zurücklassend. Sein Geist war ihm wie gelähmt; schwankend, einem Trunkenen ähnlich, folgte er der Fliehenden.
    Als er einige Tage später das Haus Myrrahs aufsuchte, um sich Aufklärung über ihr seltsames Benehmen zu holen, sagten ihm die Bewohner desselben, Myrrah habe das Haus verlassen, kein Mensch wisse, wohin sie sich gewendet.

    Viertes Kapitel
    Am Südende der Stadt liegt an den blühenden Ufern eines Nilkanals das palastartige Haus der reichen Witwe, der Mutter unseres Freundes Menes. Aus dichtem Blättermeere hebt sich strahlend, farbenschimmernd, Säule, Halle und Dach der Wohnung. In demjenigen Gemach, von welchem aus man den Blick auf den weithin ausgedehnten, blumenduftenden Garten der Villa genießt, sitzt die alternde Dame auf vergoldetem, mit rotem Polster belegten Stuhl, vor dem reich eingelegten Tisch, auf welchem in zierlichen Körben Früchte glühen, während ägyptische, äthiopische und ebräische, meist nackte Sklavinnen beschäftigt sind, die welkenden Reize der Matrone mit dem Duft der Jugend zu umheucheln. Eine schwarze Sklavin befeuchtet die runzlig werdende Haut der Dame eifrig mit ölartiger, duftender Salbe; eine andere tupft rötlichen Farbstoff auf ihre Wangen, während eine am Boden Kniende ihr den, mit einem Katzengesicht verzierten, Spiegel vorhält und eine hinter ihr Stehende den Halskragen ordnet, welcher die allzu breite Brust kunstvoll verdecken soll. Das Gemach ist reich bemalt; schöne Vasen, kostbare Glasgefäße, Statuen, Leuchter zieren seine Wände, Polster laden zum Ruhen ein; vor dem geöffneten Fenster hängt ein durchsichtiges Netz, das den Durchblick auf den sonnenschimmernden Garten, das Einströmen seines Duftes erlaubt, aber den Insekten verbietet, sich der empfindlichen Haut der Herrin zu nähern. Auf einem vergoldeten Stabe wiegt sich ein schillernder Papagei, unaufhörlich schreiend: »Iß und sei fröhlich.« Rotgelb eingefaßte Decken wehen von mehreren mit Schmuckgegenständen belegten Zederholztischen, indes viele Gestelle an den Wänden mit den Kleidern der Herrin behangen stehen.
    »Hassura, trage stark auf,« lispelt die vornehme Dame, »ich glaube, auf der Stirne will sich eine Falte bilden.«
    »O nein,« versichert eifrigst Hassura, obgleich sie selbst die Falte erschrocken wahrgenommen, »o nein! was Ihr für eine Falte haltet, ist nur ein vorübergehendes Weichwerden der Haut. Meine schöne Herrin ist so glatt wie die Blätter der Lotosblume, ihre Stirne ist eben wie die Wasserfläche des Teiches und die Scheibe des Metallspiegels, in welchem sie sich beschaut.«
    »O  Gebieterin!« schreit plötzlich Assa, die Äthiopierin auf, »bei allen Göttern! – ich wage es kaum auszusprechen!« –
    »Was hast du? – Rede!« sagt die Dame, ängstlich nach ihrem Haupte greifend, auf welchem Assa die Haare ordnet. Assa läßt den Kamm zu Boden sinken, dann stammelte sie: »Ich bin unschuldig daran,« und sinkt ihrer Herrin zu Füßen.
    »Wirst du endlich sprechen?« sagt diese.
    »Wieder ein graues Haar,« tönt es von Assas erschrockenen Lippen.
    »Wie sprichst du? Du lügst!« entgegnet ihr entrüstet Asso, die Herrin, »wenn du lügst, ich lasse dir die Brüste mit glühenden Nadeln durchstechen.«
    »Hier, hier! o seht, Gebieterin, ob ich lüge,« beteuert angstvoll die Zofe, indem sie den Gegenstand des Entsetzens, ein unschuldiges, weißes Härchen, wie ein giftiges Insekt, zwischen Daumen und Zeigefinger feierlichst der Herrin vor die Augen hält. Diese schüttelte ärgerlich den Kopf.
    »Verbrenne es, Assa,« sagt sie endlich

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