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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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unser Leben sei ein sehr wohlgeordneter Traum, der nur zu manchen Zeiten an das Erwachen streift, um dann wieder in desto größere Dumpfheit zurückzusinken. Denn ist das, was wir von den Dingen wissen, nicht bloß traumhafter Natur? Ist unser Überlegen doch nur ein unsicheres Tasten; selbst der klarste Geist tappt im Finstern.«
    Er stockte, drehte sich um und blieb dann stehen.
    »Was ist dir?« frug die Prinzessin, »warum erschrickst du?«
    »Über mein Wort ›tappt im Finstern‹ –« erwiderte er, »fiel mir ein, daß wir ebenfalls im Finstern tappen. Siehst du nicht, daß wir uns im Eifer des Gesprächs von unseren Begleitern entfernt haben? Wir ließen sie weit hinter uns, wir müssen danach trachten, wieder zu ihnen zu stoßen.«
    Als die Prinzessin sich mit dem Jüngling allein sah, in einem von der Fackel spärlich beleuchteten Gemach, weit von ihrem Schutze entfernt, schien sie zu erblassen; man sah ihr an, wie sie den hastigen Schlag ihres Busens zu dämpfen suchte. Auch Menes, wie sie bemerkte, fühlte sich eigentümlich bewegt. Seine Wangen, seine Augen glühten. War es nun die Aufregung des Gespräches oder die Bestürzung, sich allein mit dem Mädchen zu sehen oder hatte es eine andere Ursache, es überlief ihn ein heftiges Zittern; auch mußte er, wie er zürnend an sich beobachtete, gewaltsam seine Augen von der Königstochter wenden, da sich dieselben mit furchtsam süßem Ausdruck zuweilen unwillkürlich nach ihren Armen oder Schultern verirrten. Asa-Termutis eilte an den Eingang des Saales; er folgte ihr unsicher. Dort setzte sie sich einen Augenblick auf das hervorragende Ende eines Pfeilers, stand aber, als er näher kam, rasch auf, was ihr jedoch schwer zu werden schien, denn ihre Knie wankten sichtlich. Ihr Gesicht wendete sie stets von ihm ab.
    »Ich glaube, hierher müssen wir gehen,« sagte er mit beklommener Stimme, »dies ist die Grabkammer, ich erkenne sie an den gelben Wänden; dort auf dieser Erhöhung soll der Sarg stehen.«
    Sie befanden sich in einem weiten Pfeilersaal, in dessen Mittelpunkt sich ein Sockel erhob. Die Wände trugen auf goldgelbem Grunde Malereien, welche das Totengericht und die Seligkeit der Gerechtfertigten wiedergab. Auf diesen Gemälden erregte besonders der hundsköpfige Toth durch die Unheimlichkeit seines Ausdruckes, mit dem er das Zünglein der Wage lenkte, die Aufmerksamkeit.
    »Rufe,« sagte die Königstochter mit herrischem Ton, »rufe nach Huassa, meiner Dienerin, sie wird dich hören, sie wird uns zurückführen.«
    Menes wußte nicht, was er tun sollte, die veränderte Sprache der Prinzessin setzte ihn in Verwirrung; er schwieg unschlüssig.
    »Warum schweigst du?« sagte sie streng.
    »Rufe! Ich befehle es!« setzte sie hinzu.
    »Gebieterin, sogleich,« stammelte er.
    Da er noch immer verlegen schwieg, denn es befiel ihn auf einmal Furcht vor seiner eigenen Stimme, wendete sie ihr Gesicht zu ihm hin. Menes sah in zornige Züge, die sich jedoch, sobald sie des Jünglings tiefe Verlegenheit gewahrten, aufhellten; das herbe Wort schmolz im Munde der Prinzessin zu einem milderen, versöhnlichen um.
    »Verzeihe,« versuchte sie zu lächeln, »ich war heftig. Ich wollte dich nur bitten, mich sobald als möglich zu meinen Begleitern zu führen; du kennst die bösen Zungen am Hofe, gib ihnen keine Nahrung, laß uns eilig das Gefolge erreichen.«
    Menes schritt lautlos, mit hocherhobener Fackel voran. Am Zittern seines Armes konnte das Mädchen wahrnehmen, in welcher Gemütsverfassung sich der junge Mann befand. Sie hatten kaum einen kleinen Weg durch mehrere Hallen zurückgelegt, als ihnen schon wieder die Mauer haltzumachen gebot.
    »Wo sind wir?« frug sie betroffen.
    »Kenne ich mein eigenes Grab nicht? Hier aus dieser Kammer führt kein weiterer Gang, wir müssen umkehren.«
    »Ich will rufen,« sagte Menes.
    Nun strengte er seine Stimme an, daß die Echos unheimlich von Saal zu Saal rollten, aber keine Gegenstimme gab Antwort; die Prinzessin verriet keine Angst, im Gegenteil, eine sonderbare Heiterkeit verklärte geisterhaft ihre Züge; es kam plötzlich über sie wie eine krankhafte Erregung. Menes sah ihr ängstlich verwundert in die brennenden Augen.
    »Mein Grab liebt mich so sehr,« lachte sie, »daß es mich bereits als Lebende in sich aufnehmen möchte. Das ist seine Rache an der Sonne, die Nacht gibt uns nicht mehr her.«
    Ihr Blick fiel nun mit einer Art wilder Trunkenheit auf den jungen Mann, dem ihr Zustand immer unheimlicher ward; die

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