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Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883

Titel: Walloth, Wilhelm: Das Schatzhaus des Königs. 1883 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walloth
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Boden. Dem lauten Aufschrei des jungen Mannes folgte dichte, schwarze Dunkelheit, die Fackel war erloschen. Zugleich war es, als fiel ein schwerer Körper zu Boden.
    »Was hast du getan,« rang es sich verzweiflungsvoll aus dem Busen des wie gelähmt an die Mauer Taumelnden; »wir sind verloren.«
    Ohne zu wissen, was er tat, tappte er sich an der Mauer weiter bis an den Ausgang; hier strengte er seine Stimme aufs äußerste an, brüllte und rief, daß die Wände bebten, nach den Namen der Dienerinnen. Die Dunkelheit war so dicht, daß er sie ordentlich zu fühlen glaubte. Seine Augen quollen aus den Höhlen, so sehr strengte er sie an, eine Spur ihrer Befreier zu erblicken, die Finger riß er sich blutig am Gestein, das er betastete, um den Ausweg zu suchen. Noch einmal rief er: »Hilfe! Hierher!« dröhnte es durch das Gewölbe. Diese Anstrengung raubte ihm bald den Atem, nur ächzende Töne kamen noch über seine Lippen. Wild jagten die Gedanken durch sein Hirn, sein ganzes Wesen schauderte zusammen bei den Vorstellungen, die in ihm auftauchten. Er rief den Namen der Prinzessin, von der er doch keine Antwort erhielt. Mühsam tastete er sich an den Ort, wo sie gestanden; sein Fuß stieß dabei an einen weichen Gegenstand; er beugte sich herab und ergriff zufällig ein Kleidungsstück, das ihm den Weg nach dem Haupte der zu Boden Gesunkenen zeigte. Sie aus ihrem Zustande zu erwecken, war ihm nicht möglich. Noch einmal suchte er den Ausgang, tastete sich von diesem aus weiter und war endlich so glücklich, den folgenden Saal zu erreichen. Doch bei diesen Bemühungen hatte er die Wand neben sich verloren, er stand von Nacht umgeben, ohne Stütze. Wohin sich wenden? Er schickte seine Stimme mit letzter Kraft durch die Finsternis – – Halt! war das nicht ein Ton aus der Ferne? Er rief, so laut er es vermochte – richtig! Das war Antwort! Das war eine menschliche Stimme, wie Gesang der Götter tönte sie in das Ohr des Bejammernswerten. Die ferneren Hallen röteten sich, Tritte wurden hörbar; der Feuerschein kam näher, das Jammern der Dienerinnen ward deutlicher vernehmbar; bald war der zum Tod erschöpfte, hoch aufatmende Jüngling vom bestürzten, suchenden Gefolge der Königstochter umringt. In wenig hervorgestoßenen Worten erklärte er das Vorgefallene, maß sich aber die Schuld bei, daß die Fackel erlöscht war. Alle dankten den Göttern für den glücklichen Ausgang des ernsten Ereignisses; die Dienerinnen weinten vor Freude, die Männer suchten ihre Bewegung hinter jubelnden Ausrufungen zu verbergen. Die Prinzessin fand man ohnmächtig am Boden liegen, sie erholte sich erst, als man sie in das Boot gebracht unter dem Einflusse des frischen Windes und des Übergießens mit Nilwasser. Menes saß in sich gekehrt am Steuer. Ihm stieg die quälende Frage auf: Hat sie mit Absicht die Fackel zu Boden geschleudert? Hatte ihre aufgeregte Phantasie den wahnsinnigen Entschluß geboren, hier unten mit ihm, den sie heimlich liebte und den sie doch nie den ihren nennen durfte, zu sterben? Zu Hause angekommen, wurde Asa-Termutis in ihr Gemach gebracht; ein hitziges Fieber stellte sich ein, wochenlang lag sie wild phantasierend zwischen Tod und Leben, ihre Gedanken weilten dann immer bei Menes; sie sah sich mit ihm in unterirdischen Gemächern oder auf dem Gipfel von Pyramiden. Bald war sie hoch entzückt, bald tieftraurig, bald wünschte sie zu leben, bald zu sterben, bald küßte sie ihren Vater, war ihm zärtlich, bald stieß sie ihn von sich, ausrufend, sie hasse ihn.

Dritter Teil
    Erstes Kapitel
    Menes erhielt einen Brief von seiner Mutter, worin ihm dieselbe erzählte, wie sehr sie Myrrah ins Herz geschlossen. Sie könne sich gar nicht mehr von ihr trennen, auch Myrrah schien sich ihr nähern zu wollen. Menes solle ausharren, wenn ihm das Mädchen treu bliebe (was bei Jüdinnen vorher zu sagen freilich unmöglich sei), dann wolle sie nach Kräften sein Glück befördern. Menes küßte diesen Brief tausendmal. Daß sie ihm treu bliebe, daran zweifelte er keinen Augenblick, aber auch auf meine Treue darf sie bauen, sagte er sich, und wenn mich alle Königstöchter der Welt liebten und mich zum König machen wollten. Hätte er geahnt, was sich während seiner Abwesenheit zu Hause zugetragen, er hätte diesen Brief nicht mit so inniger Zufriedenheit an die Lippen gedrückt und sich nicht so herzlich Glück gewünscht, das Mädchen im Schutze einer solchen Mutter zurückgelassen zu haben. Aber die Götter sitzen

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