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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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nicht existente Kaffeekasse sucht.

»Willkommen auch heute wieder bei unserer Nachmittagsshow Lara Live von Mutter Erde . Der Finger Gottes geht keinem aus dem Kopf. Ha, ha. Jeder fragt sich: Was soll das? Daher haben wir uns einen Fachmann ins Studio geholt: Seine Exzellenz Weiser Adrian von der Glaubensgemeinschaft Nach dem Ende ist vor dem Ende . Herr Adrian, wie deuten Sie das Auftauchen der größten Reliquie aller Zeiten?«
»Verehrte Frau Lara oder, wenn ich so keck sein darf, einfach Lara …
verehrte Lara, von Deutung kann doch gar keine Rede sein. Deutung ist die Sache von Astrologen, die aus der Position von Gestirnen auf die Chancen in der Liebe schließen wollen.«
»Sie machen eine wegwerfende Handbewegung, Exzellenz, aber mein Horoskop verspricht mir, dass ich heute einen interessanten Menschen kennenlerne.«
»Eins zu null für Sie, Lara. Gottes unendliche Güte verzeiht jedem Astrologen. Oder sollte ich sagen … verzieh .«
»Exzellenz, die meisten unserer Zuschauer kennen den Unterschied zwischen Präsens und Präteritum nicht. Erklären Sie bitte anschaulich, was Sie meinen.«
»Gott ist tot.«
»Das nennen Sie anschaulich ?«
»Ich kann Ihnen gerne einen Cartoon malen, wenn Sie mir eine Tafel bringen. Es ist doch offensichtlich: Gott ist explodiert. Eines seiner dabei abgerissenen Körperteile wurde in den Orbit der Erde geschleudert. Der Finger.«
»Und wo ist der Rest?«
»Ich bin sicher, den werden wir mit der Zeit an diversen Stellen finden.«
»Sie glauben also, Gott ist explodiert. Und warum? Menschen explodieren auch nicht einfach so.«
»Es gibt Personen, die etwas anderes behaupten. Aber keine Sorge: Auch ich glaube nicht, dass Gott einfach so explodiert ist. Er wurde in die Luft gesprengt. Verzeihung … im Kosmos gibt es natürlich keine Luft. Aber Sie und die Zuschauer wissen schon, was ich meine.«
»Wer sollte denn Gott in die Luft sprengen?«
»Atheisten. Praktizierende Atheisten.«
»Exzellenz, was bedeutet das denn für den Glauben an Gott? Entbehrt der jetzt nicht jeder Grundlage?«
»Ganz im Gegenteil. Gerade jetzt muss besonders intensiv geglaubt werden, und zwar an Gottes Auferstehung . Sicher kann es auch nicht schaden, den einen oder anderen Atheisten zu verbrennen …«
»Exzellenz! Sie wollen, dass unsere Zuschauer zu Mördern werden?«
»Keineswegs. Wer sich nicht dazu berufen fühlt, kann auch einfach einen beliebig hohen Geldbetrag an unsere Glaubensgemeinschaft spenden. Wir kümmern uns dann um alles Weitere.«
»Eine letzte Frage, Exzellenz. Zahllose Glaubensgemeinschaften haben sich in den letzten Stunden zu Wort gemeldet. Draußen in der Garderobe wartet zum Beispiel ein sogenannter Heiliger Totengräber , der ein ordentliches Begräbnis für den Finger fordert.«
»Alles Atheisten.«
»Das war seine Exzellenz Weiser Adrian von der Glaubensgemeinschaft Nach dem Ende ist vor dem Ende . Vielen Dank für den Besuch.«

»Blöde Sendung. Zap eins!« Herr van de Keupel wirft das Sprachkommando zackig gegen die Bildwand.
»Frau Randolf, sehen Sie nur, Sie haben Besuch!« Pflegeandroide Ralf rollt scheppernd in den Gemeinschaftsraum, im Schlepptau einen blassen Mann, der eine graue Jacke trägt, die ihm zwei Nummern zu groß ist. Die Haare stecken unter einer bunten Kappe, die Hände in der Jeans.
»Schhht«, zischt Herr Vastic. »Links oben läuft gerade dieses neue Lied.«
»Wo befindet sich Frau Randolf? Laut meinem Kollegen Ulf war sie gerade noch hier.«
»Wo ist Ulf?«, fragt ein nicht mehr ganz sedierter Senior, der sich bisher nicht am Gespräch beteiligt hat.
»Er wird nur schnell neu gestartet«, erklärt Ralf jovial.
»Bra-haucht Go-hott seinen Fi-hinger nicht me-heeehr?«, singt DJ Maxxi nur echt mit zwei X in Seniorenlautstärke auf dem linken oberen Bildschirm.
»Herr Vastic«, sagt Ralf, »die meisten Insassen sind nicht schwerhörig.«
» Ich bin schwerhörig«, behauptet Vastic.
»Haben wir dafür nicht ein Hörgerät?«, erkundigt sich Ralf überaus freundlich.
»Trash muss man laut hören, sonst klingt er wie Müll«, erläutert Herr Vastic. Herr van de Keupel nickt heftig.
»Wir können ja abstimmen«, meint Ralf. »Wer ist für eine geringere Lautstärke? Ich bitte um Handzeichen.«
Niemand hebt die Hand, die meisten Senioren gaffen nur geradeaus, weil sie sediert sind oder weil DJ Maxxi zu viel Krach macht und sie die Frage nicht verstanden haben.
»Wer ist für die Beibehaltung der aktuellen Lautstärke«, fragt Ralf ohne Begeisterung.
»Heeebt

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