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Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition)

Titel: Walpar Tonnraffir und der Zeigefinger Gottes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Post
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anbietet, versucht Nera, Kerbil seine Pille zu verabreichen.
»Davon werde ich müde, und wir wollen gleich noch einen Film anschauen.«
»Walpar hat bestimmt Aufputschmittel zu Hause.«
»Davon wird mir schlecht.«
»Sag bloß, nach dieser Kletterei ist dir noch nicht übel?«
»Dir etwa?«, grinst Kerbil, aber sein Gesicht ist bleicher als gehässig.
»Nein danke«, sagt Nera zu der Nonne. »Meine Güte, so ein Helm ist nicht gut für die Frisur.«
»Mir waren die Stiefel zu eng. Jetzt hab ich Blasen«, klagt Kerbil.
Nera seufzt. »Schaue ich mir nachher an.«
»Ich hab Schweißfüße.«
»Eine gute Nachricht«, sagt die fröhliche Lautsprecherstimme, »wir sind vollzählig und landen in wenigen Minuten auf dem Busbahnhof Olympus Süd. Wir freuen uns, dass Sie Müller Tours gewählt haben und hoffen, Sie bald wieder … nein, danke. Wieso versuchen Sie eigentlich, mir so eine Wärmflasche zu verkaufen? Ich bin der Reiseleiter! – Nein, mir ist nie kalt im Bett. Ich habe eine beheizte Matratze. – Natürlich benötigt die Strom, Ihr Wasserkocher etwa nicht?«
»Walpar?« Kerbil, der mit Nera eine Reihe hinter ihm sitzt, beugt sich über den Sitz.
»Ich hab keine Blasen.«
»Aber eine Theorie?«
»Ja«, antwortet Walpar ernst. »Die Dunkle Energie, die das Universum zusammenhält, besteht aus Humor. Ohne ihn würde einfach alles in einem peinlichen Wirbel vergehen.«
»Kosmologie hatten wir in der Schule noch nicht«, murrt Kerbil.
»Lernt ihr da nichts Sinnvolles?«
»Nö. Nur Malen und Singen. Das einzige interessante Fach ist Popkultur.«
»Hm, darin war ich nie besonders gut.«
»Du hast mir immer noch nicht deine Theorie verraten«, beschwert sich Kerbil und zwickt Walpar ins Ohrläppchen.
»Lass deinen Onkel in Ruhe«, befielt Nera. »Ich wette, er hat überhaupt keine Theorie.«
Walpar verdreht die Augen. Er ist nicht sicher, ob er einen Fernsehabend mit Nera übersteht, ohne größere Mengen bewusstseinsverändernder Genussmittel zu konsumieren. Außerdem tut seine angeschossene Schulter allmählich wieder weh. »Was haltet ihr davon«, sagt er zu Kerbil, »wenn ihr schon mal Psychips und Zimt-Cola einkauft, während ich kurz bei einem Bekannten im Forensik-Labor vorbeischaue?«
»Herzlich willkommen auf dem Busbahnhof Olympus Süd«, verkündet der Reiseleiter. »Bitte nicht applaudieren, unser Autopilot fühlt sich dadurch in seiner Ehre gekränkt. – Wie? Oh, natürlich. Ich höre gerade, dass Sie beim Aussteigen die einmalige Gelegenheit haben, zwei dieser hübschen Wärmflaschen zum Preis von einer zu erstehen. Einen schönen Abend noch!«
»Ich mag am liebsten die blauen Chips in der sprechenden Tüte.«
Walpar nickt säuerlich. »Natürlich. Das sind die teuersten.«
»Ich kenne eine erstklassige Entgiftungsanstalt«, sagt Nera.

5 Olympus City, Mars
     
    Als die Detektiv-Soap abgesetzt worden ist, in der Walpar die Titelrolle spielte, gab es beim Sender gerade eine kurzfristige Umbesetzungs-Kampagne. Daher hat niemand gewusst, welche Aufgaben sein Vorgänger gehabt hat und welche davon bereits erledigt sind. Außerdem wissen die meisten Nachfolger nicht, was sie in ihrem neuen Job zu tun haben. Die Folge sind drastische Umsatzeinbußen sowie ein Organisationschaos, das einem Hühnerstall nicht unähnlich ist – nach kurzer Zeit stinkt es so furchtbar, dass niemand mehr den Laden betreten will. Es hagelt Krankmeldungen aufgrund Erschöpfung, Burnout oder verrenkter Rücken.
Leider hat das Chaos Walpars Bemühungen durchkreuzt, die Serie zu reaktivieren. Allerdings ist sie auch nie endgültig abgesetzt worden. Die Miete für Walpars Apartment wird weiter vom Sender bezahlt, und auch seine Sonder-Akkreditierung bei der Marspolizei ist nie zurückgezogen worden.
Ganz einfach ist der Missbrauch von Polizeieinrichtungen trotzdem nicht für Walpar.
»Ich dachte, deine Sendung läuft nicht mehr«, sagt Herr Zartek misstrauisch. Er ist der leitende Assistent der forensischen Abteilung des Polizeikonzerns von Olympus City und kennt sich offenbar mit dem Fernsehprogramm ganz gut aus.
»Die nächste Staffel wird gerade vorbereitet«, behauptet Walpar. »Wir senden momentan nicht live.« Er befummelt demonstrativ die Minikamera auf seiner Schulter.
Herr Zartek schaut in die Linse, wirkt aber nicht überzeugt. »Na schön«, brummt er trotzdem. »Wo ist denn die Leiche, die du mitgebracht hast?«
»Keine Leiche«, schüttelt Walpar den Kopf. Er greift in seine Umhängetasche und holt ein Probentöpfchen hervor.

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