Walter Ulbricht (German Edition)
gewesen.
In den 50er Jahren erwarb sich Becher ebenfalls große Verdienste. Auch der Aufbau des Ministeriums für Kultur der DDR – mit vorwiegend besten Fachleuten aus allen künstlerischen Bereichen – ist vorwiegend das Werk Johannes R. Bechers gewesen. Ulbricht legte Wert auf die Feststellung, dass er dem Dichter jede erdenkliche Hilfe und Unterstützung erwiesen hat.
Es ist auch bekannt, dass Ulbricht dem 1934 in Paris tätigen Willi Bredel Unterstützung gewährte, als dieser dort einen Verlag gründen wollte, um der antifaschistischen Literatur eine Heimstadt zu geben. Walter Ulbricht hat dort in Paris im Interesse der Volksfrontpolitik auch die Zusammenarbeit mit Heinrich Mann und anderen Antifaschisten der literarischen Elite Europas angestrebt.
Leider sind viele Fakten darüber nicht genügend erforscht worden, wie Ulbricht früher als Förderer der Kultur in Erscheinung getreten ist. Solche Fakten sind aber wichtig, um die Fälschungen und Einseitigkeiten der Darstellung Ulbrichts in der vor allem westdeutschen Historiografie zu ntlarven.
IV.
Es gibt persönliche Erinnerungen an Walter Ulbricht, die ich bis heute nicht vergessen habe, die mich seinerzeit beschäftigt und ermutigt haben. Das waren die Beratungen, die Ulbricht mit uns – den Vorständen der Ausschüsse der Volkskammer der DDR – in Berlin im Staatsrat und in Dölln durchführte, und wo er uns aufforderte, entscheidende Schritte zur Entwicklung der sozialistischen Demokratie zu tun. Wir sollten die Minister mehr kontrollieren und befragen und Vorschläge für die Planung der staatlichen Organe machen.
In der Tat gab es im Ausschuss für Kultur mit den Ministern offene Debatten, kritische Bewertungen, durch unsere Meinungsbildung wurde schließlich auch die Sacharbeit des Ministeriums beeinflusst und verbessert. Gleich ob es sich um die Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses, die Denkmalpflege oder die städtebauliche Gestaltung handelte. Unter den Abgeordneten der Fraktionen gab es genügend ausgewiesene Fachleute. Für uns war es gut zu wissen, dass Ulbricht diesen Prozess der Demokratisierung förderte.
Ähnliche Hoffnungen erweckten bei vielen Kulturschaffenden die Sitzungen des Staatsrates zu Grundfragen der Entwicklung der Kultur der DDR. Ulbricht leitete diese Beratungen, die den Charakter eines lebhaften Dialogs hatten, persönlich. Er nahm sich Zeit, hörte die Analysen der Fachbereiche und stellte Fragen. In den Gesprächen mit den Leitern kultureller Einrichtungen und den Repräsentanten der Künstlerverbände wurden brennende Probleme erörtert und nach Antworten gesucht.
Im Gegensatz zum rüden Ton auf der 11. Tagung des ZK der SED herrschte eine kameradschaftliche, ja freundschaftliche Atmosphäre. Diese Art der Einbeziehung vieler Künstler und die Suche nach gemeinsamen Lösungen, diese Mitbestimmung trug wesentlich zur Vertrauensbildung bei.
Dazu nur folgendes Beispiel: Am 30. November 1967 beschäftigte sich der Staatsrat mit Kulturfragen. Der Minister für Kultur, Klaus Gysi, gab einen Bericht über die Tätigkeit des Ministeriums und machte programmatische Vorschläge für die einzelnen Künste. Er hob z. B. hervor, dass die DDR ein Land hoher Musikkultur und des kompositorischen Schaffens sei und sich in der ganzen Welt nicht zu verstecken brauche.
In der Debatte, die Ulbricht leitete, sprachen die Komponisten Ernst Hermann Meyer und Jean Kurt Forest. Sie dankten Klaus Gysi für die kritischen Bemerkungen und sprachen die Hoffnung aus, dass der Minister öfter Konzerte mit neuen Werken besuchen werde. Meyer erinnerte, dass gegenwärtig etwa achtzig Musikschulen und sechs spezielle Kindermusikschulen bestünden, und sprach die Hoffnung aus, dass sich in den nächsten Jahren die Zahlen verdoppeln könnten. Forest kritisierte, dass Werke der DDR-Komponisten wenig gefördert würden, dass die Sendezeit im Rundfunk rückläufig wäre, und das Gleiche sei auch in den Konzertsälen der Fall. Er bat um entsprechende Hilfe. Ulbricht reagierte sofort und schlug vor, »dass wir das nicht dem Ministerium allein überlassen, sondern dass sich der Volkskammerausschuss für Kultur mit der Rede des Genossen Forest beschäftigt und die Tatsachen nachprüft. Er sollte sich auch für die Arbeit der Musikabteilung im Fernsehfunk und Rundfunk interessieren und Schlussfolgerungen ziehen. Außerdem muss er sich selbstverständlich damit beschäftigen: Wie sieht die Ausbildung an den Musikinstituten aus? Entspricht diese
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