Walter Ulbricht (German Edition)
Ausbildung den Beschlüssen, oder was ist los? Der Volkskammerausschuss soll sich das gründlich ansehen und dann seine Empfehlungen an den Minister geben.«
Unser Ausschuss bildete sofort einige Arbeitsgruppen, die diese Problematik an Meisterhochschulen, Theatern und Fernseheinrichtungen untersuchten. Als Vorsitzender des Ausschusses für Kultur sprach ich über unsere Prüfungsergebnisse. Dies geschah wirklich, schon nach zehn Monaten.
Am 18. Oktober 1968 fand die 13. Staatsratssitzung über Entwicklungsprobleme des geistig-kulturellen Lebens statt. Diesmal waren noch mehr Kulturschaffende eingeladen. Wieder hielt der Minister Klaus Gysi die Grundsatzrede. Es kamen mehr Kulturschaffende zu Wort, um ihre Probleme und Fragen darzulegen. Ausführlich wurde das Musikschaffen erörtert und die Ergebnisse unterbreitet, die unser Ausschuss für Kultur von seinen Untersuchungen an Musik- und Hochschulen, Konzerthäusern und Theatern, in Gesprächen mit Dirigenten, Konzertmeistern und Komponisten vorgelegt hatte.
Es war erneut eine fruchtbare Arbeitssitzung, die viele schöpferische Kräfte zusammenführte, die das Verständnis für neuartige und wachsende Aufgaben vertiefte und viele Künstler zu neuen Taten motivierte.
Walter Ulbricht hatte damals von einer Zwischenbilanz gesprochen, er wollte sicherlich solche Beratungen weiterführen, und dies wäre meiner Meinung nach der Sache dienlich gewesen. Es kam aber nicht mehr dazu, weil Walter Ulbricht allmählich ausgeschaltet wurde.
Diese Beratungen zeigten die Arbeitsweise von Walter Ulbricht, sie demonstrierte, wie operativ, gründlich und schnell die Lage analysiert und verbessert wurde. Es wurde nicht diktatorisch angeordnet, sondern mit den Beteiligten die beste Lösung gesucht und gefunden. So möchte ich bei dieser Gelegenheit feststellen, dass Ulbricht in schwierigen revolutionären Zeiten – des Kalten Krieges – ein bedeutender Staatsmann war. Wo gab es jemals in Deutschland einen Staatsmann, der sich Zeit für die Kulturentwicklung nahm, direkte Verbindungen zu den Kunstschaffenden und den werktätigen Menschen suchte und in dieser Weise über Jahrzehnte als Förderer der Kultur und der Künste wirkte.
Aufarbeitung
Diether Dehm
Ein Dämonbild kippt
Diether Dehm, Jahrgang 1950, nach dem Abitur in Frankfurt am Main Studium der Sonder- und Heilpädagogik, seit den späten 60er Jahren Liedermacher und Autor für Musik- und Kabarettkünstler. 1981 rief er mit Lindenberg, Wader und anderen »Künstler für den Frieden« ins Leben, 1983 gründete er das Schallplattenlabel »Musikant«. Mit 15 Eintritt bei den Falken, 1965 SPD, 1994 Bundesvorsitzender der SPD-Unternehmer und Einzug in den Bundestag. 1998 verließ er mit 24 weiteren Sozialdemokraten aus Frankfurt am Main die SPD und trat am Tag des Bundestagswahl der PDS bei. Seit 2005 Bundestagsabgeordneter für die PDS/Linke.
W ährend der Jahre, die ich in Frankfurt am Main die Schule besuchte, war das Walter-Ulbricht-Bild das eingetrichterte eines Dämons: »der Spitzbart«, »die sächsische Fistelstimme«, »der Vasall Moskaus«, »der blutige Statthalter Stalins« und »Spalter Deutschlands«.
Aber bereits als Werber für die Jusos und ihre Forderung nach Anerkennung der Oder-Neiße-Linie und später für Willy Brandts Ostpolitik, dann als Streiter gegen das CDU-Misstrauensvotum am 27. April 1972 benötigte ich dringend neue Argumente. Gegen das, was Springer hetzte. Ausgerechnet Willy Brandt sollte einem Mörderstaat und Unrechtsregime die Verhandlungshand ausstrecken? Als was Adenauer, Kiesinger, Barzel und NPD die DDR hinstellten. Um wenigstens die diplomatischen Beziehungen zur DDR-Regierung ein ganz klein wenig zu verteidigen, war ich also gezwungen, mir detailliertere Gegeninformation zu besorgen.
Zunächst musste ich die extreme Notlage studieren, in der die Zangengeburt DDR (vormals SBZ) zwangsläufig aus dem Weltkrieg gekommen war. Das extreme Ungleichgewicht kam mir vor Augen zwischen dem Wirtschaftsgebiet Ost und West.
Und auch die Entnazifizierung, in der die antifaschistische DDR junge, neue, unerfahrene Unternehmer einstellen und größtenteils wirtschaftliche und politische Kader völlig auswechseln wollte (worauf die BRD verzichtete, indem sie ihre Wirtschaft auch von alten Massenmördern aufbauen ließ) – das alles musste »strafmildernd« für die DDR ins sozialdemokratische Umfeld und an die Wählerschaft und Infostände gebracht werden. Der Schwur von Buchenwald war damals ein
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