Walter Ulbricht (German Edition)
Wachstum der DDR.
Die UdSSR war die Existenzbedingung der DDR. Sie sicherte seit 1957/58 die grundlegende Rohstoffversorgung der DDR. Daher bemühte sich Walter Ulbricht in vielfältiger Weise, die wirtschaftliche Zusammenarbeit beider Staaten zu verstärken. Ein Beispiel dafür war seine Forderung nach einem Zusammenwachsen der Wirtschaft der UdSSR und der DDR vom Februar 1962. Zu diesem Zweck sollten Fachleute der DDR bei Gosplan 7 mitwirken und den Prozess beschleunigen. Es wurde sogar eine »Wirtschaftsgemeinschaft« zwischen der UdSSR und der DDR gefordert.
Es ist davon auszugehen, dass es Walter Ulbricht vor allem darum ging, für eine schnelle Entwicklung der Produktion in der DDR die dafür erforderlichen Rohstoffe zu erhalten und das große wissenschaftliche Potenzial der UdSSR zu nutzen, um möglichst rasch auch das technische Niveau der DDR-Produktion zu erhöhen.
Mit gleicher Zielstellung wurde von der DDR seit 1960 im RGW eine bessere Koordinierung bzw. Zentralisierung der Wirtschaftspolitik durch den Rat gefordert. Weitere Anstrengungen galten der besseren Rohstoffversorgung und der Entwicklung der Spezialisierung, der Forschungskooperation und der Standardisierung innerhalb des RGW. Die DDR wollte die Verantwortung des RGW bei der Entwicklung der ökonomischen Zusammenarbeit stärken und die internationale Arbeitsteilung der sozialistischen Länder vertiefen.
Auf der XIV. Tagung des RGW im März 1961 hat Walter Ulbricht dazu seine Gedanken und Forderungen dargelegt. Er hoffte darauf, dass »bis 1980 das sozialistische Lager die wichtigsten kapitalistischen Länder hinsichtlich des Niveaus der Arbeitsproduktivität in allen entscheidenden Wirtschaftszweigen überholen« werde. Deshalb kritisierte er die fehlende Bilanzierung des Bedarfs an spezialisierten Erzeugnissen, die fehlende Koordinierung von Export und Import solcher Waren und die Tatsache, dass für die im RGW vereinbarten Spezialisierungen keine kommerziellen Verträge abgeschlossen wurden. Mit Blick auf Rumänien stellte er fest, dass einige RGW-Länder nur ein Nebeneinander und kein Miteinander anstrebten und sich darum einer effektiven Koordinierung und Bündelung der Kräfte verweigerten. Die Position der DDR war vom Bewusstsein gekennzeichnet, dass eine beschleunigte Entwicklung ihrer Industrie eine verlässliche Arbeitsteilung mit den Partnern im RGW verlangte. Das war kein nationaler Egoismus, sondern auch Ausdruck der Überzeugung, dass die Gemeinschaft nur durch das Erstarken der nationalen Volkswirtschaften gewinnen würde.
Die im Juni 1962 von der XVI. Ratstagung beschlossenen »Grundprinzipien der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung« definierten zwar die Rechtsbeziehungen im RGW, hielten aber zu wichtigen Themen die Entscheidung offen. Das größte ungelöste Problem hatte Chruschtschow im August und November 1962 thematisiert, als er vorschlug, alle RGW-Länder durch einen gemeinsamen Plan zu einigen und dafür ein zentrales Planungsorgan zu schaffen. Die DDR unterstützte diesen Vorschlag, andere RGW-Länder, etwa Rumänien, sprachen sich dagegen aus.
Im Mai 1963 machte Ulbricht in einem Briefentwurf den Vorschlag, dass man zunächst beginnen sollte mit gemeinsamen Planungen »großer Investitionen und Ausrüstungen« auf dem Gebiet der Petrolchemie, der Kraftwerke, der Metallurgie, der Elektrotechnik und Elektronik sowie des Bauwesens.
Der für RGW-Fragen verantwortliche stellvertretende Ministerpräsident Bruno Leuschner erhielt Kenntnis, dass ein vom Exekutivkomitee des RGW vorgeschlagener Bericht diese Vorschläge verwässerte, und informierte darüber die DDR-Regierung. Die Vertreter Rumäniens und Bulgariens hatten in ihrer praktischen Arbeit im RGW weitgehend die in den Dokumenten festgelegten Ziele missachtet und praktisch alle Vorschläge zur Vertiefung der ökonomischen Zusammenarbeit abgelehnt. Der Hauptgrund wurde im April 1964 öffentlich. Das ZK der rumänischen Arbeiterpartei hatte seine Bündnispartner wissen lassen, dass es »Eingriffe in die nationale Planungshoheit auch als solche in die politische Souveränität betrachtet«. Ulbricht flog daraufhin nach Bukarest, um die rumänische Führung zu überzeugen, dass eine gemeinsame Planung auch in ihrem Interesse läge. Vergeblich. Damit war die Diskussion zur Bildung eines gemeinsamen Planungsorgans beendet.
Ein weiteres Thema der Tätigkeit des RGW in der Folgezeit betraf die Forderungen einiger RGW-Länder, Vereinbarungen zum gemeinsamen
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