Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Walter Ulbricht (German Edition)

Walter Ulbricht (German Edition)

Titel: Walter Ulbricht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon Krenz (Hrsg.)
Vom Netzwerk:
Technik von entscheidender Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung der DDR sei.
    Du hast Ulbricht beim Besuch auf dem Weißen Hirsch begleitet. Dort führte seit 1955 Manfred von Ardenne 4 sein privates Forschungsinstitut, das er mit den 100.000 Rubeln, die er 1953 mit dem Stalin-Preis erhielt, aufgebaut hatte.
    Ja, das war eine interessante Reise. Wir wurden in die Villa des 1957 verstorbenen Friedrich Paulus 5 in Oberloschwitz bei Dresden einquartiert. Ulbricht wollte zwei Dinge klären. Erstens hatte ihm Ardenne etwas geschickt, wovon ich nichts wusste, darüber wollte er mit ihm sprechen. Und zweitens hatte er Klaus Fuchs 6 einbestellt. Der wollte einen Kernbrennstoffzyklus in der DDR aufbauen und anschließend zu Schnellen Brüter übergehen. Das Schlimme war, dass er in Dresden bereits erste Maßnahmen eingeleitet hatte. Das war für die DDR eine unmögliche Sache.
    Ulbricht war auf das Gespräch mit Fuchs bestens vorbereitet, er war völlig im Bilde, schließlich arbeitete die Frau von Klaus Fuchs bei ihm als Sekretärin. So rigoros habe ich ihn selten erlebt. Das komme überhaupt nicht in Frage, sagte er, bei allem Verständnis dafür, dass wir die energetische Basis der DDR ausbauen müssen: Das übersteigt unsere Möglichkeiten. Aber auch aus politischen Gründen können wir das nicht machen. »So geht das nicht, lieber Genosse, ich ruiniere nicht die DDR«, sagte Ulbricht. »Das kommt überhaupt nicht in Frage.« Aber, so lenkte er ein, er würde demnächst wieder nach Moskau fahren. Fuchs solle ihm ein Konzept machen, wie wir die Zusammenarbeit mit der Sowjetunion auf dem Gebiet der Kernenergie entwickeln könnten.
    Das tat Fuchs, und er saß dann mit mir in jenem Sonderzug, der die Delegation nach Moskau brachte. Er legte mir das Konzept vor, was Ulbricht von ihm verlangt hatte, und ich sah, dass er – gleichsam durch die Hintertür – wieder diesen Brennstoffzyklus in der DDR einführen wollte. Mir standen die Haare zu Berge. Wie kriegte ich das Problem gelöst? Klaus Fuchs, mit dem ich befreundet war und den ich wegen seiner Vergangenheit außerordentlich schätzte, war ein eigenwilliger Dickkopf, der würde nicht davor zurückschrecken und sein Papier den Sowjets auch ohne Ulbrichts Segen präsentieren. Komm, Klaus, sagte ich, das ist eine gute Konzeption, darauf sollten wir einen trinken. Nun muss man wissen, dass wir beide keinen Alkohol vertrugen. So »vergaßen« wir, was gefordert war, dass er seine Unterschrift unter das Papier setzte. Im Schreibbüro in Moskau habe ich dann sein Konzept ohne die von mir gestrichenen Passagen noch einmal abschreiben lassen und sie dann Walter Ulbricht gegeben. Der bemerkte die fehlende Unterschrift. Ich redete mich heraus und sagte, dass wir, also Klaus und ich, die Konzeption gemeinsam geschrieben hätten. Was ja irgendwie ja auch stimmte. Und Ulbricht gab das Papier an Chruschtschow.
    Aber du wolltest etwas über den Besuch Ulbrichts bei Ardenne erzählen.
    Ich muss da etwas korrigieren. Entgegen umlaufenden Darstellungen, die behaupten, das Ulbricht den Baron über die Maßen geschätzt habe, war dies keineswegs so. Er hatte ein durchaus freunschaftlich-kritisches Verhältnis zu ihm.
    In der Materialsammlung über seine Ablösung ist ein Zitat aufgeführt, demzufolge Ulbricht gesagt haben soll, wenn er wirklich wissen wolle, was im Lande los sei, frage er nicht den Parteiapparat, sondern Manfred von Ardenne.
    Damit wollte er, wenn es denn verbürgt ist, vermutlich den Parteiapparat ärgern, mehr steckte nicht dahinter. – Ich habe an allen Gesprächen zwischen den beiden auf dem Weißen Hirsch teilgenommen. Ardenne wollte eine staatliche Beteiligung an seinem Institut haben. Er wurde ohnehin schon materiell und finanziell ziemlich protegiert, ich behaupte, dass andere Institute, hätten sie soviel bekommen wie der gute Baron, dann wären sie vielleicht sogar besser gewesen. Denn um Ardennes Institut, machen wir uns nichts vor, wurde ein übertriebener Wirbel gemacht, Ardenne war ein guter PR-Mann in eigener Sache. Unter den Forschungsratsmitgliedern lehnten nicht wenige Ardenne ab. Steenbeck 7 sagte: Ja, er ist ein guter Techniker, hat auch Ideen, aber er ist kein Wissenschaftler. (Wegen dieser Einwände wurde Ardenne auch nicht als Mitglied in die Akademie gewählt.)
    Walter Ulbricht lehnte eine staatliche Beteiligung ab, er sah sofort den Pferdefuß. Ihm war bekannt, dass Ardenne nie nach Grundsätzen wirtschaftlicher Rechnungsführung

Weitere Kostenlose Bücher