Walzer der Liebe
Hosennähte gepresst, und starrten auf irgendeinen sie faszinierenden Fleck an der Zimmerdecke hinter meinem Himmelbett.
Es kam mir vor, als hätte ich eine Ewigkeit lang den Atem angehalten, bis endlich Mr. Carlyle den Raum betrat. In seinem gut geschnittenen schwarzen Abendfrack, mit dem weißen Hemd, der weißen Hose und der schlichten weißen Brokatweste sah er einfach prachtvoll aus. Er war die Perfektion in Person, von seinem tadellos gekämmten Haar bis hin zu den auf Hochglanz polierten Tanzschuhen. Die Spitzen an seinen Manschetten ließen die an meinem Halsausschnitt geradezu schäbig wirken. Mit einem Wort, er war hinreißend.
Plötzlich war ich wütend.
Ehe ich jedoch etwas äußern konnte, schlenderte er durch das Zimmer und schaute sich prüfend um. Die Vasen auf dem Fußboden verursachten bei ihm ein Stirnrunzeln, und er befahl, ganz so, als wäre ich gar nicht anwesend, den Lakaien, meine anderen Blumen zu entfernen. Derweil die Diener seinen Wunsch ausführten, studierte er die Begleitkärtchen der Bouquets. Innerlich vor Zorn kochend, saß ich da, die Bettdecke bis zum Kinn hochgezogen.
„John Geering, hm! Wie rührend. Und Lord Bryce ... Das ist eine Eroberung! Auch Lord Moreston? Ah, Lady Beech, natürlich! Sie hat einen so erlesenen Geschmack."
Nachdem die Sträuße aus dem Zimmer gebracht worden waren, hieß Mr. Carlyle die Lakaien, seine Gebinde rechts und links auf den Kaminsims zu stellen. Dann stand er da, eine Hand auf die Hüfte gestützt, eine ans Kinn gelegt, und begutachtete den Raum.
„Natürlich! Wir brauchen noch mehr Leuchter. Kümmern Sie sich darum, Jenkins. Im Salon müssten welche sein. Larson, seien Sie so gut, und richten Sie das Essen und den Wein her."
Während die Lakaien sich im Zimmer zu schaffen machten, kehrte er auf den Korridor zurück. Ich hörte ihn zu den anderen Leuten reden, die er mitgebracht hatte. Obwohl ich mich sehr auf Mr. Carlyle konzentrierte, war ich mir des Lakaien bewusst, der ein weißes Tuch über den Tisch breitete und ihn dann mit Kristallgläsern, Porzellan und Besteck deckte. Eine Reihe zugedeckter Silberschüsseln folgte, und dazu kamen zwei Flaschen Wein. Zwei? Plante der Mann etwa ein Gelage? Ich beschloss, keinen Tropfen zu trinken.
Schließlich kam Mr. Carlyle zurück, nachdem alles zu seiner Zufriedenheit arrangiert worden war. Hinter ihm begannen die Musiker zu spielen. Ich konnte eine Harfe und eine Flöte hören, eine Violine, eine Viola und auch ein Violoncello. Ich fragte mich, wie das Orchester in dem verhältnismäßig schmalen Gang Platz gefunden hatte.
Mr. Carlyle verneigte sich formvollendet vor mir. „Miss Ames", sagte er und kam zum Bett. „Ich wünsche Ihnen einen überaus angenehmen Abend."
„Sie müssen verrückt sein", erwiderte ich, nachdem ich endlich die Sprache wieder gefunden hatte.
Er setzte sich neben mich, löste meine Rechte von der Bettdecke und hielt sie in seinen Händen. Er betrachtete mich sehr eingehend, und ich hoffte, er möge nicht spüren, wie meine Finger zitterten.
„Ja, Sie haben eine schlechte Zeit hinter sich, nicht wahr?" fragte er leise. „Und verrückt bin ich wohl kaum. Ich hatte Sie bei dem vom Duke of Severn veranstalteten Ball um einen Tanz gebeten, erinnern Sie sich? Ich bin nur hergekommen, um diesen Tanz einzufordern."
„Aber das ist mein ... Schlafzimmer. Ich bin ... im Bett", protestierte ich stockend. „Sie sollten nicht hier sein. Sie werden meinen Ruf ruinieren!"
„Aber, aber", erwiderte Mr. Carlyle, als wäre ich ein verängstigtes Kind. „Im Gegenteil, durch mich werden Sie es zu etwas bringen. Außerdem werden wir mehr als adäquat beaufsichtigt. Sind Sie da, Mrs. Collins?" fragte er etwas lauter.
„Ja, Sir", ertönte direkt hinter der Tür eine ruhige Frauenstimme.
„Und können Sie mich deutlich hören? Auch Miss Ames?"
„Das kann ich, Sir."
„Na also! Wir haben eine unvergleichliche Anstandsdame! Mrs. Collins ist die Witwe eines Vikars. Ihr Ruf ist tadellos. Sie ist sogar entfernt mit dem Duke of Cumberland verwandt. Ich versichere Ihnen, sie wird auf der Hut sein und jedes Anzeichen enthemmter Leidenschaft unterbinden, die Ihrem hübschen Körper angedeihen zu lassen ich mich versucht fühlen könnte, falls ich auf Grund der Örtlichkeit und der Tatsache, dass Sie sich im Bett befinden, vor Lust nicht mehr an mich halten kann."
Ich blickte zu den beiden Lakaien hinüber. Von dieser wahnwitzigen Äußerung unbeeindruckt, flankierten sie weiterhin
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