Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
Kragen gepackt und in den nächsten Sessel gestoßen, wo er, völlig außer Atem, hockte und an seinem Krawattentuch zerrte.
„Jetzt werden Sie es nie erfahren, Basingstoke“, keuchte er. „Nie werden Sie wissen, wer damals die Anschuldigungen gegen Ihren Vater erhob!“
„Damit kann ich leben, wenn ich nur weiß, dass Sie mit Ihren Träumen von Macht erledigt sind“, sagte Lucas kalt, während er die Hand ausstreckte, damit Nicole an seine Seite käme.
Das Rumpeln, das sie zuvor schon gehört hatten, wechselte jetzt zu dumpfen Lauten, eindeutig wurde etwas sehr Schweres die Marmortreppe hinuntergeschleppt. Ein Blick in den Flur zeigte ihnen noch eben, wie einige Männer eine wertvolle Kommode zum Portal und hinaus auf die Straße zerrten.
„Wir sind nicht unverschämt, Sir“, rief einer der Männer, „wir lassen’s dabei. Und meine Frau wird sich ma’ was freuen! Hat noch nie so was Schönes geseh’n. Wissen Se, mag sein, andere würd’n de Wände aufgerissen hab’n, aber wir sind ja nich’ fies.“ Er salutierte vor Lucas und machte vor Nicole einen Diener. „Ma’am. Und von meinem Freund Hughie soll ich sag’n, dass die Bürger für Gerechtigkeit heute Nacht kräftig eins draufgekriegt ham. Und Danke soll ich sag’n. Der Hughhie, der is’ schon richtich!“
„Meine Möbel!“, schrie Frayne und rannte auf die Straße, nur um noch zu sehen, wie sein gewiss hochgeschätzter Besitz in einer dunklen Gasse verschwand.
Frayne kehrte um und schaute an seinem Haus, seinem Palais, empor. Kein Fenster war mehr heil. Sämtliche Scheiben waren zerschlagen, und die noch vorhandenen im Salon wirkten mit ihrem blitzenden Glas in der Fassade plötzlich seltsam unpassend.
„Die Fenster! Meine Fensterscheiben!“
Und als ob Mutter Natur die Bemühungen der Einbrecher segnen wollte, begann es plötzlich zu regnen.
Lucas mit Nicole am Arm blieb neben Frayne stehen und sagte: „Wagen Sie eine Beschwerde, auch nur ein geflüstertes Wort über diese Angelegenheit, und Liverpool und Sidmouth werden in Kenntnis gesetzt, und jene ehrlichen Männer, die Sie Ihrem Ehrgeiz opfern wollten, sind wieder hier, aber dann mit Fackeln! Bestimmt ist doch ein verregnetes Haus immer noch besser als ein abgebranntes, oder? Sie haben verstanden? Hier ist nie etwas passiert, Frayne. Nichts!“
Dann legte er seine Hand auf Nicoles und fügte leise hinzu: „Der Wagen deines Bruders wartet. Sollen wir?“
„Ja, gehen wir“, antwortete Nicole und hob energisch das Kinn. „Eine gute Nacht wünsche ich, Lord Frayne, und da Sie sich vermutlich für den Rest der Saison aufs Land zurückziehen möchten, auch gleich Lebewohl. Oder wie meine Mutter in ihrem grässlichen Französisch sagen würde – au revoir .“
„Du musst immer das letzte Wort haben, was?“, sagte Lucas, als er ihr in die Kutsche half, in der Charlotte und Lydia warteten.
Sie hielt auf dem oberen Tritt an und drehte sich um. „Aber heute Nacht werde ich es nicht behalten, oder? Du bist grässlich wütend, nicht wahr?“
„Musst du überhaupt fragen?“
„Nein, eigentlich nicht.“ Sie quetschte sich auf das Samtpolster neben ihre beiden sichtlich erleichterten Mitverschwörerinnen, während Lucas den Platz gegenüber an Rafes Seite einnahm. Die Hände brav auf dem Schoß gefaltet, saß sie schweigend und starrte den ganzen Heimweg lang auf ihre Finger nieder, bis die Kutsche anhielt. Merkwürdig, viel eher, als sie erwartet hatte.
Sie standen vor Lucas’ Stadtpalais.
Aus den Augenwinkeln lugte Nicole zu ihrem Bruder hinüber, der ungerührt dasaß, nur vielleicht ein wenig amüsiert, als Lucas nun aus dem Wagen sprang und ihr wortlos die Arme entgegenstreckte.
„Rafe? Charlotte? Lydia? Ihr sitzt einfach nur da und lasst zu, dass er mich mitnimmt? Habt ihr eine Vorstellung, wie wütend er auf mich ist?“
Ihre Schwester schaute Rafe an und sagte: „Wirklich, Rafe, eigentlich war es meine Idee, na ja, außer dass sie zum Schluss nicht sofort mit uns hinausging, wie wir es vorgesehen hatten, sondern Frayne unbedingt noch seine Dummheit vorhalten musste. Vielleicht sollten wir …“
Ohne auf sie zu achten, beugte Rafe sich aus der Tür und sagte zu Lucas: „Wir frühstücken um zehn. Gute Nacht.“
Da gab Nicole auf; widerstandslos ließ sie sich aus dem Wagen heben.
Ein einziger Blick genügte dem Butler, und er funkelte die beiden Lakaien derart an, dass sie sofort die Köpfe senkten und taten, als wären sie blind und taub. Dabei gab es
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