Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
Ich brauche sowieso einen Erben. Außerdem werde ich schon morgen früh ein mächtiger Mann sein, sehr, sehr mächtig, und Sie werden froh sein, sich mit mir eingelassen zu haben. Sagen Sie mir nur, wann.“
Wie unverschämt arrogant der Kerl war! Nicole ging unverdrossen weiter und war froh, zu sehen, dass Lydia und Charlotte schon aus der Tür und draußen auf der Straße waren.
Eigentlich hätte sie etwas Unverfängliches sagen und dann verschwinden sollen. So war es geplant, und sie hatte ihren Mitverschwörerinnen und besonders Lydia fest versprechen müssen, bloß keine Häme zu zeigen, sondern einfach mit ihnen zusammen das Haus zu verlassen.
Aber der Mann war ein so unfassbares Scheusal! Sie schüttelte die Fransen ihres rosa Schals aus, warf sich mit hochfahrender Geste ein Ende über die Schulter, wie sie es bei ihrer Mutter gesehen hatte, wandte sich Frayne zu und blitzte ihn zornig an.
„Wann, Mylord? Da diese ärgerlichen Briefe wieder in unseren Besitz kamen, während Sie so sehr damit beschäftigt waren, sabbernd anzugaffen, was Sie nie besitzen werden, selbst wenn Sie der letzte Mann auf der Welt wären? Wann, fragen Sie? Ich dächte doch, das wäre offensichtlich, selbst für jemanden, der so vernagelt ist wie Sie! Niemals!“
„Smithers!“ Wutentbrannt schrie Frayne nach seinem Butler, während er gleichzeitig Nicole beim Ellenbogen packte und sie grob zurück in den Salon stieß. „Smithers! Die Tür zu, los!“
Nicht, dass Frayne es sich nicht redlich verdient hätte, jede einzelne Scheibe an seinem Haus in Scherben gehen zu sehen! Doch langsam kamen Lucas Bedenken.
Denn nun tauchten aus dunklen Gassen und Straßen Männer auf und sammelten sich in der Nähe des Gebäudes. Sie waren nicht etwa wie ein wütender Mob aus dem „Broken Wheel“ gestürzt, sondern geordnet und unauffällig zu zweit und dritt losgetrottet, hatten sich verstohlen im Schutz der Dunkelheit bewegt, alle dasselbe Ziel im Auge.
Nicht weniger verdient hatte Frayne, dass eben diese Männer sein Portal aufbrachen, seine Besitztümer verschleppten … und indem sie, gute Hundert an der Zahl, wie ein Mann zusammenarbeiteten, würden sie ihr Werk bald schnell und gründlich getan haben, genau, wie sie es während des Krieges in ihren Einheiten so prachtvoll praktiziert und so Napoleon besiegt hatten.
Nur, hätte es vielleicht, wenn mehr Zeit zum Planen gewesen wäre, einen besseren Weg gegeben, um Helen Daughtrys Briefe zurückzuerlangen? Immerhin benutzten Rafe und er diese wütenden Männer als Ablenkungsmanöver, um unbemerkt ins Haus zu kommen.
Dennoch, Frayne hatte Aufruhr gewollt, nun bekam er ihn. Sie würden die schwere Last aus Hunger und drückender Armut und gerechtem Zorn direkt vor seine Tür tragen. Nicht Auflehnung gegen die Stadt, gegen die Regierung, sondern Angriff auf einen einzelnen Mann würde es sein, ein Überfall, ja, ein Unglück für das Opfer dieses Einbruchs, doch nichts, das zu einem Gesetzeserlass führen würde, wie Frayne ihn beabsichtigte.
Das jedenfalls war der Plan.
Nun jedoch fragte Lucas sich, ob er die Männer nicht, indem er sie vor einer sicheren Tragödie, wie es der Marsch zum Parlament geworden wäre, bewahrt hatte, einer neuen Gefahr aussetzte.
„Rafe“, sagte er, während sie aus einem Kutschenweg traten, der zu den Ställen hinter Fraynes Stadtresidenz führte, „vielleicht hätten wir uns überlegen sollen, wie wir die Briefe in die Hand bekommen, ohne diese Männer mit hineinzuziehen.“
Doch Rafe hörte nicht zu; er war jäh stehen geblieben und nahm ungläubig den Anblick in sich auf, der sich ihm bot. „Charlie?“, keuchte er, und dann rannte er los. „Charlie!“
Lucas rannte hinter ihm her auf die Kutsche zu, die vor Fraynes Portal stand. Er hoffte verzweifelt, Nicole darin zu finden. Lydia hatte er schon erspäht, denn ihr blondes Haar schimmerte hell im Licht der Laternen neben dem Portal. Doch während sein Herz noch hoffte, sagte ihm seine Vernunft schon, dass, wenn Nicole hier irgendwo auf dem Anwesen war, dann gewiss nicht sicher außerhalb von Fraynes Türen.
„Was hat sie gemacht?“, verlangte er von Lydia zu wissen, die ziemlich bleich war. Er packte sie bei den Armen. „Sag’s mir! Was für einen haarsträubenden Plan hat sie ausgeheckt?“
„Nein, nein, nicht sie! Es war meine Idee. Nur meine Idee, ich bin schuld! Ich wollte nicht mehr das ängstliche Mäuschen sein! Gott sei Dank, dass ihr hier seid …“
„Ja, ja wir sind hier. Und
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