Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
Erfrischungen, und die Gastgeberin hat doppelt so viele Besucher eingeladen, wie sie unterbringen kann, betrachtet aber ihre Gesellschaft anscheinend als erfolgreich, wenn nur das Gewühl groß genug ist. Weißt du, ein solcher Galaabend ist nur dann etwas wert, wenn die Anzahl der Kutschen vor deinem Portal die gesamte Straße verstopft, die Gäste zur Begrüßung auf der Treppe Schlange stehen müssen, sich anschließend quälend langsam durch überhitzte, überfüllte Salons schleppen und sich auf der anderen Seite über eine zweite hochherrschaftliche Treppenflucht wieder ins Freie begeben, nur um elend lange auf ihren Wagen zu warten, der sie zur nächsten Gesellschaft bringt, wo man dann erzählt, wie es zuvor bei Lady Soundso doch so sterbenslangweilig war. Dann erwähnt man noch, wie lästig das alles sei, doch was solle man machen, wenn man nun einmal überall eingeladen werde! Und das alles tut man, um zu sehen und gesehen zu werden und sich zur Schau zu stellen.“
Mit jedem Wort hatte sich Nicoles Stimmung gehoben. Sie musste sich zusammennehmen, sonst hätte sie laut herausgelacht. Erst als sie kühle Nachtluft auf ihren bloßen Armen spürte, merkte sie, dass sie die Gesellschaftsräume verlassen hatten. „Wir gehen weg?“
„Siehst du, an der Stelle hattest du nicht aufgepasst“, erklärte er. „Rafe bleibt mit seinen Freunden beim Whist, der stets zuvorkommende Fletcher plaudert mit deiner Schwester über Elgins faszinierende Marmorbrocken, und wir zwei schlendern durch die Salons, bis ihr euch auf den Weg zu Mrs Drummond-Burrell macht.“
„Aber wir schlendern nicht herum, wir sind auf dem Weg nach draußen.“
„Möchtest du lieber wieder zurück?“
„Du kennst die Antwort“, sagte Nicole, während er sie durch eine Seitentür hinausführte, den Gehweg entlang und dann um eine Ecke in eine ruhige Gasse, wo seine Kutsche wartete.
Er half ihr hinein, folgte ihr und zog, nachdem er den Schlag geschlossen hatte. die Vorhänge vor die Fenster. Nun war es im Innern fast vollkommen dunkel.
Zum ersten Mal mussten sie nicht fürchten, dass jemand sie überraschte oder an die Tür pochte oder sie sonst wie störte. Was sie vielleicht nicht so sehr hätte erregen sollen, wie es der Fall war.
„Jetzt bleiben uns nicht ganz zwei Stunden, damit du alles erfährst – das, was ich dir sagen möchte, unbedingt sagen muss und eine Menge mehr, von dem ich wünschte, dass ich es dir nie sagen müsste“, erklärte er, während er sich neben ihr niederließ. „Wie viel von dieser Zeit du dafür aufwenden willst, um mich zu schelten, weil ich mich heute Nachmittag mit Rafe traf, überlasse ich dir. Aber zuerst …“
Sie wusste, was er vorhatte, und so hatte sie ihm schon die Arme um den Nacken geschlungen, kaum dass er sich zu ihr beugte, um sie zu küssen.
Aus Gründen, die ihr nur ihr verräterischer Sinn erklären könnte, dachte sie plötzlich an all die Jahre, die vor ihr lagen, öde Jahre ohne Lucas’ Küsse, ohne seine Berührungen.
Und sie umklammerte ihn fester, wobei ihr klar war, dass sie nur Ja zu seinem Antrag zu sagen brauchte, dann müsste sie ihn nie wieder verlassen, nie auf einen Kuss verzichten, nie wieder ohne ihn sein.
Ja zu sagen, würde so einfach sein.
Sie war nicht wie ihre Mutter. Alle sagten das, Lucas, Lydia, Charlotte. Es wäre so einfach, ihnen zu glauben.
So einfach, zu glauben, dass sie diesen Mann hier liebte, mit Herz und Seele, und dass er sie ebenso umfassend liebte.
Doch an ihrer Mutter hatte sie gesehen, welche Macht die Lust, die Begierde hatte, und ebenso hatte sie den plötzlichen Tod dieser Gefühle gesehen und die hässlichen Folgen.
Ihre Mutter hatte beide Männer, die sie als Ersatz für ihren verstorbenen Gatten ins Haus brachte, begehrt, und alle die anderen Männer auch, die, wie Rafe es nannte, vorgesprochen hatten, doch nicht in die letzte Auswahl gekommen waren. Und ihre Mutter hatte geschworen, dass sie jeden liebte. Bis sie sie in ihrem Bett hatte oder vor dem Altar. „Man denkt, man hat die Taube vom Dach“, warnte sie ihre Töchter, wenn sie wieder allein und in rührseliger Stimmung war. „Und wenn man sie hat, sieht man, dass es nur ein Spatz ist, ein mickriger, unansehnlicher Spatz und überhaupt nicht so aufregend, wie man glaubte. Das ist der Fluch der Männer und der Fluch der Ehe.“
Nicole umfing Lucas fester, schwelgte darin, wie er seine Hände schmeichelnd über ihren Körper gleiten ließ, seufzte an seinen Lippen, als
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