Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
Staunen gebracht hatte.
„Du bist ein Sinnenmensch, nicht wahr? Sonne und Wind auf deiner Haut, in deinen Haaren, die frohlockende Erregung, wenn du beim Reiten zu einem gewagten Sprung ansetzt, eine köstliche Speise. Das genießt du alles, du kostest alles aus, jeden Moment, lebst alles bewusst. Ich beneide dich darum.“
„Vermutlich, weil du so alt und verbraucht bist“, neckte sie und biss erneut in das Brot. „Weißt du was? Ich glaube, so hungrig wie jetzt war ich noch nie. Möchtest du wirklich nichts von den Beeren?“
Statt einer Antwort schob er ihr die Schale näher hin. „Ich schaue dir lieber zu. Nicole?“
„Hmm?“ Sie zögerte in der Bewegung; ihre Finger schwebten über der Schale, als schmeckten ihr die Früchte besser, wenn sie sie anfassen konnte.
„Ist alles gut?“
„Ob alles … oh.“ Rasch senkte sie den Kopf, denn sie spürte, wie ihre Wangen zu glühen begannen. Also wirklich, bevor sie ihn traf, war sie nie errötet! Aber er war so wunderbar gewesen, so rücksichtsvoll besorgt.
Nachdem sie sich so stürmisch geliebt hatten – und als stürmisch würde sie immer an den Akt denken –, hatte er den Zipfel des Handtuchs angefeuchtet und … und sie umsorgt, hatte die Spuren ihres ersten Mals beseitigt. Und die ganze Zeit hatte er zärtliche Worte gemurmelt und ihr behutsam erläutert, dass es nie wieder wehtun würde, dafür würde er sorgen.
Sie hatte es nicht über sich gebracht, ihm zu sagen, dass ihre Mutter ihr schon längst alles in peinlicher Deutlichkeit erklärt hatte. Ihr war bewusst gewesen, worauf sie sich einließ, was geschehen würde, und sie hatte es gewollt. Meine Güte, sie hätte ja nicht in sein Zimmer gehen müssen, und ganz bestimmt hatte er sie nicht zu bleiben gezwungen.
Sie hatten sich geliebt, ja, doch sie hatte den Entschluss dazu gefasst.
„Ja, Lucas, es ist alles gut. Ich … ich fand dich sogar ganz wunderbar.“
Seine Augen verdunkelten sich. „Nun, danke, aber ich bat nicht um eine Kritik meiner Liebeskünste. Ich wollte mit der Frage wissen, ob du nun damit einverstanden bist, dass wir heiraten. Denn es steht nun überhaupt nicht mehr in Frage, dass …“
„Hör auf, Lucas. Bitte. Mach nicht alles kaputt.“
Irritiert beugte er sich über den Tisch. „Kaputtmachen? Ein guter Ausdruck dafür, wenn du bedenkst, dass sowohl die Gesellschaft als auch deine Familie annehmen werden, dass ich dich ruiniert habe. Und so ist es ja auch, das weißt du so gut wie ich, Nicole. Um Himmels willen …“
Mit einer Geste bat sie ihn zu schweigen. „Bitte, Lucas, halt mir keine Vorträge, bitte nicht. Aus dem, was wir vorhin taten, folgt nicht selbstverständlich und verpflichtend ein Heiratsantrag. Ich will keine Verpflichtung sein! Wir haben uns geliebt. Als wir herkamen, erwarteten wir es mehr oder weniger. Du … du schuldest mir nichts, und ganz gewiss nicht die Ehe.“
Als sie sah, dass er lächelte, ballte sie unwillkürlich die Hände.
„Verpflichtend, das ist genau das Wort. Man könnte meinen, du hättest diese Rede eingeübt.“
Sie konnte nicht ausstehen, wenn er sie durchschaute. „Nein!“, rief sie hastig. Zu hastig, zum Kuckuck mit ihm! „Ah, gut, mag sein. Trotzdem meine ich, was ich sage. Immer wieder habe ich es dir erklärt: Ich kam nach London, um etwas zu erleben. Auf Ehre, weder dich noch … das hier hatte ich erwartet. Aber bestimmt wollte ich keinen Mann in eine Ehe drängen. Das ist schäbig … verächtlich, ach, berechnend! Damit will ich nichts zu tun haben!“
„Also bin ich nun dein Opfer, was? Der arme, trunkene Kerl, geblendet von deiner Schönheit, von deinen Launen manipuliert, durch deine provozierende Art ins Verderben gelockt. Als Nächstes wirst du behaupten, du hättest mich verführt.“
Angelegentlich sah sie zur Decke auf. „Nun ja …“
Als er laut herausplatzte, sprang sie wütend auf und wollte zur Tür. „Tu das nicht! Ich meine es todernst! Wage es nicht, über mich zu lachen!“
Nun erhob auch er sich. „Doch, wenn du etwas Lächerliches sagst.“
„Meine Mutter …“
„Nein!“, knurrte er, und weder sein Blick noch sein Tonfall enthielten auch nur eine Spur von Humor. „Genau dieses Thema hatten wir schon einmal, Nicole, nicht wahr? Sagtest du nicht selbst, dass du nicht deine Mutter bist? Ich weiß nicht, was alles sie dir gesagt, was du beobachtet hast, was du zu wissen glaubst.“
Ihre Augen brannten, doch sie blinzelte die Tränen fort. „Vielleicht sagte sie, ich
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