Walzer, Küsse und Intrigen - Michaels, K: Walzer, Küsse und Intrigen
der sie vollkommen einhüllte, sodass nicht einmal ein Zeh darunter hervorschaute. Und dennoch erkannte er, wenn sie den Arm mit dem Kamm hob, die Umrisse ihrer vollen Brüste, und nahm bewundernd wahr, wie der weiche Stoff sich um all ihre anderen Rundungen schmiegte. Für ihn war sie verführerischer als jede Sirene, die einstmals hoch über dem Wasser auf einem Felsen gehockt und die Seefahrer ins Verderben gelockt hatte.
Nur war er nicht Odysseus und hatte keine treue Mannschaft, die ihn an den Mast band, damit er dem Ruf der Sirenen widerstand. Er war nur ein Mann, ein Mann, der von Nicole träumte, seit sie ihn zum ersten Mal angelächelt und ihm fast die Sprache geraubt hatte.
Er kniete sich neben sie und nahm ihr den Kamm aus der Hand. „Lass mich“, sagte er und erkannte kaum seine eigene Stimme, noch wusste er, was alles er eigentlich von ihr erbat.
Mit einem einzigen Kopfschütteln legte ihr Haar sich wie ein Umhang um ihre Schultern. Es war immer noch feucht und fühlte sich warm an vom Feuer und ließ ein Prickeln durch seine Finger rinnen, als er den Kamm langsam durch die dichten schwarzen Strähnen zog.
Nicole lehnte den Kopf zurück und seufzte so zufrieden, dass es fast klang wie das Schnurren eines Kätzchens. „Du machst das sehr gut“, sagte sie. „Renée zerrt immer so, deshalb kämme ich mich meistens selbst. Dabei lasse ich mich so gern kämmen. Man kommt sich so … verwöhnt vor. Vielleicht lasse ich mir das Haar nicht ganz abschneiden.“
„Soll ich raten? Du erwartest nun, dass ich dich anflehe, es bloß nicht abzuschneiden?“ Wie er sich erinnerte, hatte er sich bei einer ähnlichen Bemerkung neulich nur mühsam davon abhalten können.
Sie lehnte den Kopf noch weiter zurück, sodass sie ihm ins Gesicht sehen konnte. „Ich wäre dem nicht abgeneigt; ein bisschen Unterwürfigkeit fände ich nicht übertrieben. Weißt du, die Sache mit dem Badetuch war nicht nett – also, nicht dass du etwas gesehen hättest!“
„Nein?“
So heftig wandte sie sich zu ihm um, dass der Kamm sich in ihren Haaren verfing. „Nein, bestimmt nicht! Ich war ja kaum aufgestanden, als du die Tür öffnetest, und dann rutschte ich aus und … Lucas, hör auf, die Augenbrauen so komisch hochzuziehen. Das ist kindisch!“
„Gut, gut, ich gebe es zu! Leider, leider schaute ich nicht in deine Richtung, und als du aufschriest und ich mich umdrehte, sah ich nur noch das Wasser aufspritzen. Und es spritzte verflixt weit!“
„Ja, nicht wahr?“ Sie lächelte. „Der ganze Teppich war überschwemmt, das trocknet möglicherweise so bald nicht weg. Mir kam schon der Gedanke, dass du dich morgen bei der Abreise als sehr, sehr generöser Trinkgeldgeber erweisen musst.“
„Vermutlich, um wiedergutzumachen, was sie hier von meinem zänkischen Weib ertragen mussten.“
„Da, warte mal“, sagte sie und nahm ihm den Kamm ab. „So sehr ich es genieße, dass du mich kämmst, wird mein Haar doch niemals auf die Art trocken werden.“
Sie richtete sich auf, rutschte zu ihm hinüber und lehnte sich zurück, bis sie mit dem Rücken auf seinen Knien lag und ihre Haare sich über seinen Beinen ausbreiteten und bis auf den Boden fielen. Sie rückte sich bequemer zurecht, wobei der Morgenmantel verrutschte und ihre nackten Füße sehen ließ.
Dieses bisschen bloße Haut provozierte ihn mehr als der kurze Blick auf ihren nackten Körper, als sie in der Wanne gestanden hatte. Was er ihr vielleicht eines Tages auch sagen würde – wenn er erst sicher war, dass sie ihn nicht dafür umbringen würde.
„Ach, schau mich nicht so an“, sagte sie, zu ihm aufblickend. „Du kannst den Kamm weglegen. Die Haare werden nun von allein trocknen, schieb nur das Handtuch darunter. Ich muss dir etwas erzählen, etwas, das ich herausfand, während ich in der Wanne saß.“
Ihr Haar verlockte ihn weiterhin. Er hob es spielerisch an, ließ es durch seine Finger gleiten und beobachtete fasziniert, wie es fließend niederfiel und im Trocknen sich in weiche Wellen legte.
„Du hast etwas entdeckt in der Wanne? Etwa einen Frosch? Also, Quaken habe ich nicht gehört, nur einen Schrei und ein Platschen.“
„Hör auf, Lucas, es ist mir ernst.“
Er schaute nieder in ihre bezaubernden veilchenblauen Augen. „Ja, offensichtlich. Tut mir leid.“ Dann neigte er den Kopf und küsste sie auf die Nasenspitze. „Also los, sag, was du herausgefunden hast.“
„Nun …“ Sie zögerte, so als müsste sie erst Mut sammeln.
„Geht es
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