Wandel

Selbst friedfertige Männer ziehen der Liebe wegen in den Krieg. Der Liebe wegen zerstört der Mensch sich selbst, und das auch noch aus freien Stücken.“ Die Gestalt fing an, im Kreis zu gehen, diesmal auf dem Boden, nicht von Stein zu Stein springend. Ihre Bewegungen waren so voller Leben und fremdartiger Anmut, dass es fast schien, als befände sich außer Mab noch etwas anderes unter der alles verbergenden Kutte. „Du kennst meinen Preis. Nenn ihn mir noch einmal.“
    „Du willst, dass ich der Winterritter werde“, flüsterte ich.
    Ein Lachen, fröhlich und kalt zugleich, dann die Antwort: „Ja.“
    „Ich werde dein Winterritter sein“, sagte ich. „Unter einer Bedingung.“
    „Nenn sie.“
    „Ehe mein Dienst beginnt, lässt du meinen Körper genesen. Du gewährst mir genug Zeit, meine Tochter zu retten, und genügend Stärke und Wissen, um mein Vorhaben erfolgreich durchführen zu können. Außerdem gibst du mir dein Wort darauf, dass du mir nie befehlen wirst, die Hand gegen die zu erheben, die ich liebe.“
    Ohne ihre beinahe schon furchterregende Geschwindigkeit zu verringern, schlug die Gestalt einen weiteren Kreis um mich. Die Temperatur schien um einige Grade zu sinken. „Ich soll meinen Ritter an einen Ort der ärgsten Gefahren gehen lassen, damit er dort sein Leben aufs Spiel setzt? Ohne Gewinn für mein Land und mein Volk? Warum sollte ich das tun?“
    Ich sah sie einen Augenblick lang an, ohne die Miene zu verziehen. Dann zuckte ich die Achseln. „Falls wir nicht ins Geschäft kommen – bitte. Dann wende ich mich an andere. Lasciels Münze ist hier, wenn ich nur mit den Fingern schnippe. Nikodemus und die Denarier sind zweifellos entzückt, wenn ich sie um Hilfe bitte. Außerdem bin ich einer der wenigen noch lebenden Menschen, der weiß, wie man einen Kemmlerschen Alptraum heraufbeschwört. Sollten Nicky und die Silberköppe also nicht mitspielen wollen, hole ich mir die Kraft verdammt noch mal einfach selbst, und dann bin ich nicht mehr so höflich, wenn ich das nächste Mal deinen Namen rufe.“
    Mab ließ mich durch die Lippen meiner Patin ein freudloses Lachen hören. „Demnach schwimmst du ja regelrecht in Optionen, mein Magier. Aus welchem Grund hast du mich den anderen vorgezogen?“
    Ich schnitt eine Grimasse. „Nimm das bitte nicht als Beleidigung, aber du warst das kleinste Übel.“
    Die empfindungslose Stimme blieb bar jeder Reaktion. „Erklär mir das.“
    „Bei den Denariern würde ich mir früher oder später einen Spitzbart zulegen müssen und in ein paar Jahren nur noch wie der letzte übelwollende Angeber rumlaufen, wenn ich nicht vorher breche und mich in eine mordlüsterne Bestie verwandle, und bei Kemmlers Alptraum müsste ich als Erstes eine Menge Leute umbringen.“ Ich schluckte. „Aber ich würde es tun. Wenn es keinen anderen Weg gibt, mein Kind aus den Händen der Roten zu befreien, mache ich es.“
    Auf dem Hügel herrschte eine geschlagene Minute lang Schweigen.
    „Ja“, murmelte Mabs Stimme schließlich. „Du würdest es tun, nicht wahr, und nochmal ja: Du weißt, dass ich nicht wahllos töte und auch meinen Ritter nicht dazu ermutige.“ Sie schwieg. Als sie weitersprach, klang ihre Stimme immer noch sanft. „Aber du bist bereit, dich selbst zu zerstören, das hast du in der Vergangenheit bewiesen. Du hast deine letzte Auseinandersetzung mit meinem Diener gewonnen, indem du dich mit dem Todesengel eingelassen hast. Was hindert dich daran, einen ähnlichen Kurs zu steuern und mich um meinen Preis zu betrügen?“
    „Mein Wort“, sagte ich leise. „Ich weiß, ich kann dich nicht bluffen. Ich werde mir nicht das Leben nehmen. Ich bin hier, um in gutem Glauben zu verhandeln.“
    Mabs brennende Augen fixierten mich lange, ehe sie weit ausschreitend einen dritten Kreis um mich zog. „Eines musst du verstehen, Magier: Wenn deine letzte Queste vollendet ist, wenn du mein Ritter bist, dann gehörst du allein mir. Du zerstörst, was ich vernichtet sehen will. Du tötest, wen ich dir zu töten befehle. Du gehörst mir. Dein Blut, deine Knochen, dein Atem. Verstehst du?“
    Ich musste schlucken. „Ja.“
    Sie nickte langsam, bevor sie ihren Blick der Leanansidhe zuwandte.
    Lea neigte den Kopf und schnippte mit den Fingern. Aus dem Nebel traten sechs kleine, missgestaltete Wesen in langen Umhängen. Es hätten Kobolde, Gnome oder Vertreter einer der anderen Dienerrassen der Sidhe sein können, von denen es ein halbes Dutzend gab. Genauer konnte ich das