Wandel
mit ernster, entschlossener Miene an mir vorbei. „Du musst mir vertrauen. Gib ihm die Schlüssel. Bitte. Leute sterben, solange sich diese drei hier noch im Hause befinden.“
Er reichte mir die Schlüssel.
Susan saß auf dem Stuhl, auf dem auch ich während meines Plauderstündchens mit den Bundesbehörden gesessen hatte. Sie trug ihre Lederhose und ein dunkles T-Shirt und wirkte seltsam verletzlich, wie sie so dasaß und sich in dieser schrecklichen Situation nicht vom Fleck rühren konnte. Ich nahm ihr die Handschellen ab.
„Danke“, sagte sie leise. „So langsam fing ich an, mir Sorgen zu machen.“
„Das Ick muss irgendwie durch den Keller reingekommen sein“, sagte ich.
Susan nickte. „Die Roten werden sich nach oben vorarbeiten, immer ein Geschoss nach dem anderen. Dabei bringen sie um, wen sie erwischen können, das ist ihre Vorgehensweise. Nicht nur die Zielperson ausschalten, auch noch für alle anderen eine Botschaft hinterlassen.“
Tilly schüttelte wie benommen den Kopf. „So operieren einige der Kartelle in Kolumbien und Venezuela, aber …“
Susan warf ihm einen gereizten Blick zu und schüttelte den Kopf. „Was habe ich Ihnen in der letzten Viertelstunde zu erklären versucht?“
Ein Vampir stieß seinen Jagdschrei aus – nicht mehr durch dazwischenliegende Stockwerke gedämpft.
„Sie sind hier“, flüsterte Susan und rieb sich die Handgelenke. „Wir müssen weg.“
Ich rührte mich nicht. „Sie werden einfach immer weiter morden“, sagte ich leise. „Bis sie gefunden haben, was sie suchen. Sie nehmen sich ein Stockwerk nach dem anderen vor, sagst du?“
Susan nickte angespannt.
Ich biss mir die Lippen wund. „Wenn wir davonlaufen, dann machen sie also weiter. Ganz bis nach oben.“
Murphy warf mir einen kurzen Blick zu, konzentrierte sich aber gleich wieder auf den Flur. „Kämpfen?“
„Einen Kampf gewinnen wir nicht.“ Da war ich mir sicher. „Nicht hier, nicht, wenn sie den Zeitpunkt bestimmen. Sie haben alle Vorteile auf ihrer Seite. Aber wir können die Menschen hier auch nicht einfach im Stich lassen.“
„Nein, können wir nicht.“ Murphy atmete tief ein, um ganz langsam wieder auszuatmen. „Also? Was tun wir?“
„Hat jemand eine Waffe für mich, die er entbehren kann?“ Als niemand ihr antwortete, warf Susan mit einer Hand den schweren Konferenztisch im Raum auf die Seite und riss lässig eins der Stahlbeine ab, als hätte man es mit einem Klebestift aus dem Kindergarten an der Tischplatte befestigt und nicht mit erstklassigen Stahlbolzen.
Tilly starrte sie mit weit offenem Mund an. „Ah“, sagte er leise.
Susan ließ das Tischbein zur Probe einmal durch die Luft wirbeln, um zu sehen, wie es in der Hand lag. „Das dürfte reichen“, sagte sie.
Ich grunzte zustimmend. „Gut, hier ist unser Plan“, sagte ich. „Wir werden uns den Vampiren und dem Ick zeigen. Wenn sie angreifen, dreschen wir mit allem, was wir haben, auf die Leute in der ersten Reihe ein. Danach weiß unter Garantie auch der Rest des Sturmkommandos, wo wir sind, und kommt angelaufen.“
„Genial“, meinte Murphy trocken.
Ich schnitt eine Grimasse in ihre Richtung. „Sobald die Roten nur noch an uns denken, trennen sich Murphy, Tilly und Rudolph von Susan und mir und suchen den nächsten Notausgang. Wenn es hart auf hart kommt, habt ihr bei einem Sprung aus dem Fenster wahrscheinlich noch bessere Karten als wenn ihr hier bleibt.“
Murphy runzelte die Stirn. „Was ist mit euch?“
„Susan, ich und eure Stuntdoubles hüpfen rüber ins Niemalsland und versuchen, die bösen Buben gleich mitzunehmen.“
„Stuntdoubles?“, fragte Murphy.
„Echt?“, fragte Susan alarmiert.
„Aber immer, du bist doch Supergirl, du musst mich beschützen. Ich brauche dich und deine Muskeln.“
„Gut.“ Susan warf mir einen Blick zu, der deutlich besagte, dass sie an meinem Verstand zweifelte. Wozu sie jedes Recht hatte. „Was ist auf der anderen Seite?“, wollte sie wissen.
„Keine Ahnung“, sagte ich, und eine Berührung des Juwels meiner Mutter verriet mir, dass sie bei ihren Ausflügen durch die Dimensionen nie in diesem Gebäude gewesen war. „Wir hoffen einfach, dass es kein Meer voller Säure und kein Haufen Wolken fünftausend Meter über einem großen Felsen ist.“
Susans Augen weiteten sich leicht, aber dann warf sie mir ein wölfisches Grinsen zu. „Ich liebe deinen Plan.“
„Das hatte ich mir gedacht.“ Ich grinste zurück. „Murphy – wenn es losgeht,
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