Wandel
durchgesehen. Leider landeten wir auch beim Papier nicht einen Treffer. Wer immer hier die Spuren verwischt hatte, war gründlich vorgegangen.
„Mist!“ Susans Stimme zitterte.
„Immer mit der Ruhe!“, sagte ich. „Wir sind noch lange nicht am Ende.“
„Das war unser einziger konkreter Hinweis.“
„Vertrau mir: Wir sind noch lange nicht am Ende.“ Ich berührte kurz ihren Arm.
Sie versuchte sich an einem schiefen, tapferen Lächeln, die Anspannung in ihren Augen war jedoch nicht zu übersehen.
„Lass uns abhauen“, sagte ich leise. „Ehe hier die berittenen Horden auftauchen. Hier.“ Ich gab ihr das Sturmgewehr.
„Wie überaus nett und fürsorglich.“ Susans Lächeln wurde breiter, als sie mit geschickten Fingern über die Waffe fuhr, die Kammer checkte und nachsah, ob alles ordnungemäß gesichert war. Das ging bei ihr erheblich schneller als bei mir. „Ich habe gar nichts für dich.“
Draußen vor der Tür fiel mir der Lastwagen ins Auge, um den wir uns bisher noch gar nicht gekümmert hatten. „Kannst du mir die Hecktür aufmachen?“, wollte ich wissen.
Wieder kamen Susans Werkzeuge zum Einsatz, und sie hatte den Lastwagen schneller geknackt, als man „mach die Tür auf“ hätte sagen können.
Die Fracht im Innern des großen Transporters bestand aus mehreren länglichen, aufrecht stehend gestapelten Kisten, bei denen es sich offenbar um Kleiderkisten handelte. Ich stemmte eine auf und … fand darin einen langen, reich verzierten Umhang aus weißen und grünen Federn. Er hing an der Querstange, die in den oberen Teil der Kiste eingelassen worden war, und mochte gut und gern 25 Kilo wiegen. Ansonsten stand da noch ein mit rasiermesserscharfen kleinen Obsidiansplittern besetzter Stock, in dessen Griff man Piktogramme geschnitzt hatte. Die Schrift war keine, die ich ohne Weiteres hätte lesen können, aber ich erkannte sie wieder. Gleichzeitig erkannte ich auch, dass es sich bei dem Stab auf keinen Fall um ein uraltes Artefakt handelte. Er war irgendwann innerhalb der letzten paar Jahrzehnte geschnitzt worden.
„Das ist ein zeremonielles Kostüm der Maya.“ Ich runzelte die Stirn. „Was sucht das auf einem Lastwagen, der hier als Nächstes rausgehen …“
Noch ehe ich die Frage beendet hatte, sprang mich die Antwort förmlich an. Auch Susan hatte begriffen, worum es ging. Sie ging nach vorn zur Fahrerkabine, brach die Tür auf und stopfte wahllos alle möglichen Sachen in einen Sportbeutel aus Nylon, der offenbar in der Kabine gelegen hatte.
„Was hast du gefunden?“, fragte ich aufgeregt.
„Später, keine Zeit“, sagte sie.
Wir eilten wieder die Rampe hinauf zu Martin.
Das große Garagentor nach draußen spielte gerade ein Art Tauziehen mit sich selbst: Es zitterte, stöhnte, versuchte, sich zu heben, schaffte es fast – bis Martin irgendetwas mit den Drähten an der Bedienungskonsole anstellte, woraufhin das Tor wieder runterkrachte. Jedesmal, wenn sich unter dem Tor eine Lücke bot, versuchten die Wachleute draußen, ihre Gewehre durchzustecken, aber noch vertrieb Martins schallgedämpfte Pistole sie zuverlässig.
„Endlich!“ Martin war froh, uns zu sehen. „Bald brechen sie durch.“
„Mist!“ Ich hatte gedacht, das Feuer würde die Wachen länger beschäftigen. Aufgeregt sah ich mich in dem kahlen Tunnel um, in dem wir standen. Was tun? Inzwischen zitterte ich vor Müdigkeit. Normalerweise hatte ich keine Probleme mit einer Bande Schwerbewaffneter, selbst wenn sie über Maschinengewehre verfügten. Solange ich sie vor mir statt hinter mir wusste und ich fit war: bitte schön! Aber ich war mehr als entkräftet. Schilde wurden porös, wenn die Konzentration nachließ, man fing sich da leicht jede Menge Kugeln ein. Mein Ledermantel würde zwar einen Großteil davon abfangen, aber auch nicht auf lange Sicht, und meinem Kopf nützte er gar nichts.
„Plan B“, sagte ich. „Ja, stimmt. Wir brauchen einen Plan B. Wenn wir nur eine Schubkarre hätten, das wäre schon mal ein Anfang.“
Susan kicherte. Sie strahlte mich mit glänzenden Augen an: „Wir haben einen großen, fetten Laster.“
„Warum stand das nicht in Ihrer Bewerbung, junge Frau? Los, fahren Sie ihn vor!“
Schneller als man blinzeln konnte, verschwand Susan die Rampe hinunter.
„Martin? Hinter mich!“
Noch während er sich hinter mir aufbaute, hob ich den linken Arm, um einen rein physikalischen Schutzschild entstehen zu lassen. Gerade noch rechtzeitig: Keine fünf Sekunden später hatte
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