Wandernde Welten
er dich nicht heilen, und du kannst sterben.« Er drängte seinen Bruder tiefer in den Wald hinein.
Sie konnte mit den beiden jungen Stythen nicht Schritt halten.
Immer wieder mußte sie rennen, um nicht zurückzubleiben. Als sie zwischen den letzten Bäumen hervortraten und am Rand einer weiten Ackerfläche standen, fielen auch die beiden Stythen in leichten Trab. Sie liefen über ein abgeerntetes Kornfeld. Als sie zurückfiel, blieb Kasuk stehen, bis sie ihn erreicht hatte.
»Laufen Sie, Paula.« Er packte sie am Arm und trug sie beinahe über das kahle Feld. An seinem Ende mußten sie über einen kleinen Bach springen und liefen dann einen steilen, unbewachsenen Hang hinab.
Ein Air-Car hielt auf sie zu. Die Positionslichter blinkten. Kasuk blieb sofort stehen, stieß Paula zu Boden und verschwand im Dunkel.
»Junna!«
Sie lag reglos und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Das Air-Car kreiste über ihr. Ein Scheinwerfer flammte auf, und das grelle Licht blendete sie.
»Bleiben Sie am Boden und heben Sie die Hände über den Kopf!«
Ein langer Schatten schoß aus dem Dunkel und packte eine Kufe des Air-Cars. Das grelle Licht wanderte von ihr fort. Eine Pistole krachte. Paula stand mühsam auf. Jetzt schmerzten auch ihre Beine. Das Air-Car schleuderte nach rechts, als Junna sich auf die rechte Kufe schwang. Das grelle Licht des Scheinwerfers beschrieb einen Kreis. Kasuk schoß aus dem Dunkel hervor und sprang das Air-Car von vorne an. Er packte es an der Nase und riß es zu Boden. Metall zerbarst, als sich der Kühler in den Boden bohrte. Kasuk riß die Tür auf. Wieder krachten Schüsse. Junna kam auf sie zugerannt. Seine Brust hob und senkte sich heftig, während er versuchte, wieder zu Atem zu kommen.
Kasuk trat auf sie zu. »Sehen wie Marsianer aus. Sie haben Uniformen an.«
Sie überquerten ein zweites abgeerntetes Kornfeld und hielten auf einen Waldrand zu. Vor den Bäumen war eine Steinmauer mit Stacheldraht auf der Krone. Sie kletterten hinüber und verschwanden zwischen den Bäumen. Kasuks Hemd war an der Seite aufgerissen. Er hielt Paula beim Arm und half ihr, rascher zu laufen. Als sie nicht mehr weiter konnte, nahm er sie auf die Arme und trug sie. Sie überquerten ein drittes Kornfeld und die Reste einer alten Betonstraße. Dann sahen sie vor sich Lichter auftauchen, und eine Leuchtschrift: >Halsteads Restaurants
»Vorsichtig«, sagte Paula.
Kasuk blieb stehen und stellte sie auf die Füße. Junna stand wenige Schritte vor ihnen. Aus den Fenstern der Gebäude schimmerte Licht. Nur eins von ihnen war dunkel: das der kleinen Scheune auf der anderen Seite des Hofs.
»Dort ist es«, sagte Paula. »Sie halten ihr Bier dort kühl. Früher war es mal eine Station der Untergrundbahn.«
Als sie näherkamen, hörte sie leise Musik aus dem Restaurant.
Die Scheunentür stand offen. Hintereinander traten sie in das Dunkel. In einer Ecke wieherte und schnaubte ein Pferd. Es roch nach Heu. Paula wandte sich nach links. »Irgendwo muß hier eine Treppe sein...«
»Hier ist sie«, sagte Junna, der ein paar Schritte voraus war.
Ihre Füße tasteten nach den rutschigen Steinstufen. Naßkalte Luft wehte ihr ins Gesicht. Es roch nach Moder. Sie stieß gegen eine Wand. Ihre ausgestreckte Hand ertastete einen Stapel von Kisten, der höher war, als sie reichen konnte. Sie ging eine zweite Treppe hinab. Der Boden unter ihren Füßen war kalt und feucht.
Sie begann zu frösteln.
»Hier ist ein Tunnel«, sagte Kasuk. Seine Stimme klang dumpf und hohl. »Wohin führt er?«
»Bis nach New York - wenn er nicht blockiert ist.«
»Was hast du vor?« fragte Junna. »Sollten wir nicht dort bleiben, wo Papa uns verlassen hat?«
Paula ging weiter. Es war völlig dunkel, und sie ertastete sich ihren Weg mit den Füßen. Irgend etwas streifte ihre Hüfte. Als sie danach griff, entdeckte sie ein Metallgeländer an der Tunnelwand.
»Junna, du bleibst bei ihr«, rief Kasuk. »Ich sehe mich mal ein wenig um. Bin gleich wieder da.«
Voraus, nur weinige Meter entfernt, sah Paula ein graues Licht.
Nur wenige Sekunden lang, dann erlosch es wieder. Sie schloß die Augen, die im Dunkel nutzlos waren.
Junna tastete nach ihr. »Wir sollten wirklich dort bleiben, wo Tanoujin uns verlassen hat«, sagte er.
»Nein«, antwortete Paula. »Kasuk hat recht. Man würde uns nur töten.«
»Ist dies denn ein Krieg?«
»Ich fürchte, ja. Genau wie in den Büchern.«
»Gegen wen kämpfen wir denn?«
»Ich weiß nicht,
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