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Wandernde Welten

Titel: Wandernde Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cecelia Holland
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dem Bewacher einen Wink. »Die da. Oben im sechsten Stock ist schon eine Zelle für sie vorbereitet.«
    Er gab Paulas Arm frei.
    Der Bewacher packte Cam Savenia. Ihr Gesicht lief vor Wut dunkelrot an. »Du Schwein!« schrie sie Tanoujin an. »Du dreckiges schwarzes Schwein! Du kannst mit mir machen, was du willst, aber zerbrechen kannst du mich nicht! Das schafft niemand!« Der Bewacher zerrte sie davon. Tanoujin lachte und steckte die Hände in den Gürtel.
    »Es ist derselbe Raum, in dem Sie gefangengehalten wurden«, sagte er.
    Die Gefangenen waren verschwunden. Der kahle Abhang erstreckte sich bis zum Ufer des ausgetrockneten Sees. Ein leichter Nebel lag in der Luft. Drei oder vier zerbombte Gebäude erhoben sich aus dem Wald von Baumstümpfen. Die ehemalige Seeoberfläche war trocken und zerrissen wie eine Mondlandschaft. Paula blickte über das verwüstete Land und versuchte sich zu überlegen, wie es vor dem Krieg ausgesehen hatte: grün und lebendig, eine freie Welt.

    Die Stythen behaupteten noch immer, daß sie den Krieg geführt hätten, um die Erde vor der Sonnenlicht-Liga zu schützen, aber die letzten Anarchisten saßen jetzt zusammen mit den Marsianern in den Gefangenenlagern, die Erde war verwüstet, und der Krieg war noch nicht vorbei. Hanse und dem Gros der marsianischen Armee war es gelungen, rechtzeitig zu fliehen. Saba hatte es sehr eilig, seine Operationsbasis nach Luna zu verlegen, wo er sich besser verteidigen konnte. Paula würde mit nach Luna gehen. Den Grund dafür kannte sie selbst nicht. Sie war von der vagen Vorstellung besessen, daß sie sie ihre Rage fühlen lassen konnte. Und sie hatte Angst vor dem Tod. Bunker war irgendwo in dem zerstörten Dom, vielleicht schon tot.
    Ihr Sohn rief nach ihr. Sie ging den kahlen Hang hinauf zum Regierungsgebäude.
      
      

LUNA
Martius - Averellus 1865
    »Ich verstehe wirklich nicht«, sagte David, »warum du nicht bei mir und Vater wohnst.«
    Paula öffnete einen kleinen Wandschrank. In ihm befanden sich zwei Reihen Flaschen. »Was hat Saba gesagt?«
    »Er sagt, du seist verrückt.«
    »Ich bin verrückt...«
    Sie nahm eine Flasche Gin heraus. Zwei Männer trugen Möbel in das Zimmer. Sie hatte eine ganze Suite für sich selbst. Drei Zimmer, so hübsch wie in einem Hotel. Ketac trat herein und gab den Möbelträgern Anweisungen. Sie goß einen Schuß Gin in ihr Glas und füllte es mit Lemon-Soda auf. Luna wurde mit dem Beutegut von der Erde neu eingerichtet. Sie kam sich wieder vor wie im Gefängnis.
    »Paula«, rief Ketac. »Kommen Sie her und sehen Sie sich an, was ich für Sie gefunden habe.«
    Sie ging auf ihn zu. Seine Aufmerksamkeit machte sie mißtrauisch. Er hatte den halben Vormittag damit verbracht, Teppiche auszulegen, und jetzt packte er eine riesige Kiste aus. Er setzte eine größere gelbe Kugel auf den Tisch und hielt sie fest, damit sie nicht herunterrollte.
    »Sieh mal nach, ob du die Halterung finden kannst.«
    David war ihr gefolgt. Er stand neben ihr, die Hände auf dem Rücken, die Stirn gerunzelt. Paula entdeckte den Plastikfuß, nahm ihn aus der Kiste, und Ketac befestigt die gelbe Kugel darauf.
    »Die Maßstäbe stimmen nicht«, sagte er. Er nahm eine Handvoll kleinerer Kugeln aus der Kiste und warf sie in die Luft. Sie flogen auf die gelbe Kugel zu und umkreisten sie auf Umlaufbahnen. Paula murmelte etwas vor sich hin. Es war ein Modell der Mittleren Planeten. Erde und Luna flogen an ihr vorbei, drehten sich umeinander und um die eigene Achse.
    »Im Rat hat es einige Änderungen gegeben«, sagte Ketac.
    »Aber nicht durch Gewalt.«
    »Eine Wahl?«
    »Keine Ahnung. Jedenfalls wollen sie jetzt unsere Friedensbedingungen erfahren.«
    »Diese Bastarde«, murmelte Paula unhörbar.

    »Der Prima wird Ihren Rat brauchen.«
    Sie blickte ihn scharf an. Das also war der Grund für sein Hiersein. Er sah sie nicht an, sondern blickte auf das kreisende Planetarium. »Gut. Sagen Sie ihm, daß ich kommen werde.«
    Er nickte. Die beiden Männer schleppten eine schwere Couch herein, und Ketac ging zu ihnen, um ihnen zu sagen, wohin sie sie stellen sollten.
    David trat auf sie zu. »Ich verstehe dich nicht«, sagte er hartnäckig.
    »Sei doch nicht kindisch.«
    »Liebst du uns nicht mehr?«
    »David, ich habe keine Lust, mit dir Theater zu spielen. Falls Saba dich dazu angestiftet hat, bist du ein Narr, und wenn er es nicht getan hat, ein Sadist.«
    Sein Gesicht wurde verschlossen. Wenn er ärgerlich wurde, wirkte er jünger, fast wie ein

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