Wandernde Welten
sie, daß Flammen aus dem Fenster von Ketacs Schlafzimmer schlugen. Sie hörte lautes Schreien und sah, wie mehrere Männer versuchten, die Flammen zu ersticken. Ketac kletterte über die Hausmauer und sprang auf die Straße. Irgend jemand entdeckte ihn und gab Alarm. Ein Dutzend Männer stürzte durch das Haupttor auf die Straße und verfolgte Ketac.
Paula stieg über die Mauer und ging in die entgegengesetzte Richtung.
Sie eilte auf dem kürzesten Weg zum rAkellaron-Haus zurück. Er führte über die Blaugras-Felder am Seeufer. Das Gras war voller Schlangen und stechender Käfer, und sie mußte aufpassen, wohin sie trat. Sie passierte eine Reihe kleiner Boote, die aufs Seeufer gezogen worden waren. Irgendwo begann eine Glocke zu läuten.
Als sie die Straße wieder erreichte, war sie voller Menschen. Sie standen in kleinen Gruppen beisammen und diskutierten erregt.
Uberall in der Stadt begannen jetzt Glocken zu läuten, obwohl gar nicht die Zeit zum Glasen war. Eine Frau, die aus einem Fenster lehnte, rief Paula zu: »Was ist denn los?«
»Der Akellar ist tot!« schrie jemand aus der Menge.
Uberall um sie herum schrien und tobten die Leute, und der Lärm übertönte den Klang der Glocken. Welcher Akellar ist tot?
fragte sich Paula. Die Leute glaubten, es sei Machou. Ihre Lungen begannen vom Laufen zu stechen, und sie ging langsamer. Die Glocken läuteten ununterbrochen, von einem Ende Vribulos zum anderen. Paula bog in die Straße ab, die an der Colorado-Bar vorbeiführte. Menschen drängten heraus. Zuletzt erschien der Inhaber, der die Tür schloß und verriegelte. Trotz ihrer Müdigkeit begann Paula wieder zu laufen. Sie erreichte die Treppe des rAkellaron-Hauses und stieg sie keuchend hinauf. Als sie die Arkaden erreichte, wurden die Lichter dunkler. Sie blieb stehen, wandte sich um und blickte über die Stadt. Uberall in Vribulo gingen die Lichter aus.
Sie zitterte in der Nachtkälte. Wenn sie hierblieb, würde sie sterben. Aber wo sollte sie hin? Das Haus war völlig verlassen.
Sie sah nirgends einen anderen Menschen, nicht einmal einen Sklaven. Es war stockdunkel in dem Haus. Ihrer Erinnerung folgend tastete sie sich von einem Raum zum anderen, bis sie die Prima Suite und ihr Zimmer erreichte.
Aus dem Fenster konnte sie überall in der Stadt kleine Lichtflecken erkennen: Feuer und Kristallampen. Die Glocken läuteten immer noch, Hunderte von Glocken in der ganzen Stadt. Irgendwo heulte eine Sirene, und das Toben des Mobs schwoll noch mehr an. Der Krieg hatte Vribulo erreicht.
Hinter ihr öffnete sich die Tür. Paula sprang vom Fenster fort ins Dunkel.
»Mendoza«, sagte Leno. »Sie sind verhaftet.«
»Weshalb?«
Eine Hand umspannte ihren Arm. »Keine Widerrede. Wir müssen aus der Stadt sein, bevor die Schleusen geschlossen werden.
Mehma...«
»Ich habe sie«, sagte der Mann an ihrer Seite.
»Wartet.«
Leno riß an ihrem Arm. »Keine Widerrede.«
»Ich will meine Flöte.« Sie riß sich los und trat zum Bett, um ihre Flöte zu holen.
Die City-Schleuse war schon geschlossen. Zitternd vor Kälte stand sie neben Mehma im Dunkel, während Leno jemanden suchte, um sie noch einmal zu öffnen. In einer Querstraße brannte ein Haus. Asche und glühende Funken regneten auf sie herab.
Paula schlang die Arme um die Brust.
»Warum bin ich verhaftet worden?« Sie konnte Mehma neben sich nicht sehen.
»Wahrscheinlich weil Tanoujin Sie in Yekka haben will«, sagte er ruhig.
»Tanoujin. Das habe ich mir doch gedacht.«
Das Gebäude ihnen gegenüber explodierte mit dumpfem Krachen. Der Boden unter Paulas Füßen schwankte.
»Kommen Sie, es wird wahrscheinlich noch schlimmer.« Leno war wieder da, und er hatte einen Schlüssel für die Schleuse. Der Boden vibrierte unter neuen Explosionen. Paula stolperte. Mehma fing sie auf. Sie wartete, bis Leno das Tor aufgeschlossen hatte, dann liefen sie in die weite Halle der Schleuse. Mehma blieb beim Tor zurück. Paula folgte Leno zu dessen Gleiter.
YEKKA
Die Flucht der Ybicket
Sie erreichten Yekka während der ersten Wache. Leno führte Paula über die Koup-Brücke zum Akopra-Haus, das zwischen Feldern mit Rellah-Ranken stand. Es war hell und kalt, das Gras von einem frischen Grün, wie im Frühling auf der Erde. Durch eine Seitentür traten sie in das runde Gebäude.
Es war dunkel. Nur über der Bühne brannten ein paar Lampen.
Tanoujin malte etwas mit Kreide auf die Bretter. Vier Tänzer standen hinter ihm und sahen ihm aufmerksam zu. Paula stieg
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