Wandernde Welten
City-Schleuse. Ein Frachter lag im Hauptdock. Vor der Glastür drängte sich eine kleine Menschenmenge, um dem Ausladen der Waren zuzusehen. Paula und Tanoujin gingen zum nächsten Dock, in dem die Ybicket magnetisch verankert lag.
David trat auf sie zu. »Ich muß einen Kristall auswechseln. Der Kapitän des Frachters hat eine Nachricht für Sie.«
»Wie lange wird es dauern?« fragte Tanoujin.
»Ich bin fast fertig. Eine knappe Stunde.«
Tanoujin nickte kurz, wandte sich um und ging auf den Frachter zu. Paula blickte ihm nach.
David sagte: »Setz dich doch zu mir. Wir können uns unterhalten, während ich arbeite.«
Sie kletterte nach ihm in die Ybicket. Das Armaturenbrett im Cockpit war hochgeklappt. Die Eingeweide des Antriebs in der Nase des Gleiters lagen frei. Paula setzte sich auf den Pilotensitz.
David legte sich auf den Rücken und schob den Kopf und Schultern unter das hochgeklappte Armaturenbrett.
»Gib mir die Leimtube.« Er streckte die Hand aus.
Paula bückte sich und drückte ihm die Leimtube in die Hand.
»Warum hast du es mit ihm gemacht?« fragte David.
»Wen meinst du? Ketac?«
»Ich verstehe nicht, wie man nach Papa so etwas mögen kann.«
Sie strich mechanisch mit der Hand über das Sitzpolster. »Es gibt vieles, was du noch nicht verstehst.«
»Kämpfst du gegen Tanoujin?«
»Kämpfen ist übertrieben ausgedrückt. Du weißt doch, daß ich Pazifist bin.«
Ein Schraubenschlüssel polterte zu Boden. Sie hörte ihn leise fluchen. Schließlich sagte er: »Brauchst du Hilfe?«
Dieses Angebot überraschte sie. Ihr Gesicht war kalt, und sie schlug den Jackenkragen hoch und steckte die Hände in die Ärmel. »Auch wenn du damit Ketac helfen würdest?«
»Den kann niemand mehr retten«, sagte David. »Der gehört Tanoujin, mit Augen, Krallen und Paranoia. Ich will dir helfen.«
Sie hob den Kopf. Tanoujin stand im Einstiegsluk. »Ziehen Sie Ihren Druckanzug an«, sagte er. Sie stand auf und trat durch das Luk auf das Dock. Tanoujin hatte bereits die Tür des in die Dockwand eingebauten Schranks aufgezogen und nahm seinen Druckanzug heraus. Sie griff nach dem ihren, der am letzten Haken hing.
»Hier«, sagte er und gab ihr eine Ordens-Medaille. Sie starrte sie an und runzelte die Stirn. Das eingeschnittene Symbol stellte einen Dreifachstern dar.
»Wem gehört sie?«
»Bokojin, nehme ich an.«
Sie legte die Medaille auf das Ablagebrett des Schranks. »Die ganze Uranus-Patrouille ist innerhalb der Atmosphäre?«
»Sehr richtig.«
Sie bückte sich und hob die schweren Schuhe aus dem Schrank.
David rief vom Schiff: »Ich bin fertig!«
»Es gibt keine fünf Schiffe in der Patrouille, die so schnell sind wie die Ybicket, und sie wissen nicht, wann wir starten.« Er schloß seinen Druckanzug. »Setzen Sie Ihren Helm auf. Wir starten ziemlich hart.« Er nahm seinen Helm aus dem Schrank und ging zur Ybicket.
Sie stapfte hinter ihm her, die dicksohligen Schuhe an den Füßen machten das Gehen mühsam. Als sie in der Ybicket saßen, sagte Tanoujin vom Rücksitz aus zu David: »Konzentriere dich ganz aufs Fliegen. Ich kann beide Kanonen von hier aus allein bedienen.«
Paula fuhr mit der Zunge über die Lippen. Sie fühlte einen un-angenehmen Druck im Magen. Wahrscheinlich würde ihr übel werden. David half ihr auf den mittleren Sitz.
Paula zog die Handschuhe an. David verließ den Gleiter noch einmal. Sie zog die Verschnürungen der Handschuhe fest. Tanoujin saß hinter ihr, über die Armaturen des Bordradios gebeugt. Sie hörte ein leises Klicken, und dann setzte ein auf- und abschwellender Heulton ein. Als sie den schweren Druckhelm aufsetzte, tpnte das Heulen aus dem Helmlautsprecher dicht über ihrem Kopf.
»Können Sie das nicht ausschalten?« rief sie Tanoujin zu.
David schwang sich in den Gleiter und schloß das Luk. »Kein anderes Schiff auf dem Bildschirm«, sagte Tanoujin. Der Heulton verstummte.
Der Start war so hart, daß sie beinahe das Bewußtsein verlor.
Benommen lehnte sie ihren Kopf an das Vorderteil des Helms. Das grüne Licht des Holografen beleuchtete Davids Gesicht. Aus dem Lautsprecher über ihrem Kopf kamen Tanoujins Anweisungen.
»Nimm sie ein M zurück.«
»Vorne ist ein Riff.«
»Unter ihm hindurch. Da kommt ein anderes Schiff.«
Die Ybicket kippte ab zu einem Sturzflug. Paula schluckte den sauren Geschmack hinunter, der plötzlich in ihrem Mund war.
Ihre Augen tränten. Die Ybicket legte sich in eine weite, ansteigende Kurve.
»Wo ist der andere?«
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