Wandernde Welten
verheiratet?«
»Nein. Anarchisten heiraten gewöhnlich nicht.«
»Aber sie bekommen Kinder.«
»Manchmal.«
»Haben Sie Kinder?«
Sie schüttelte den Kopf. Er beugte sich wieder vor. »Warum nicht? Worauf warten Sie? Sie sind schon jetzt über das beste Alter hinaus.«
»Ich bin zu beschäftigt, um ein Kind zu kriegen.«
»Womit?«
»Mit meinem Job. Mit meinem Leben.«
»Das ist kein guter Ersatz.«
Sie trank den Rest ihres Whiskys und stellte das Glas auf die Bar. »Mir reicht es.«
Seine Hände lagen flach auf der Bartheke. Seine langen Finger endeten in breiten schwarzen Nägeln. »Wenn jemand mich zu bestechen versuchte, würde ich nicht lachen«, sagte er.
»Freut es Sie nicht, daß ich Pazifistin bin?«
Er stand auf, und sie mußte den Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Er war knapp zwei Meter groß, ziemlich klein für einen Stythen.
»Ich gehe jetzt«, sagte er. »Morgen kommen Sie zu mir. Um fünf Uhr. Wie soll ich Sie nennen?«
»Paula.«
Auf dem Weg zur Tür blieb er noch einmal stehen. »Ob die Marsianer mir Whisky verkaufen?«
»Der ist hier ziemlich teuer. Und lassen Sie sich nicht den lokalen Ersatz andrehen. Der ist völlig anders.«
Er nickte. »Meine Name ist Saba.« Er sagte es in einem sehr herablassenden Ton, als ob er ihr einen Gefallen erwiese, ihr seinen Namen zu nennen.
Als er gegangen war, ging Paula ins Schlafzimmer, von dort ins Bad. Das kleine Fenster in der Duschkabine war offen. Ziemlich eng für einen so kräftigen Mann. Sie schloß das Fenster, schaltete das Licht im Schlafzimmer aus und ging ins Wohnzimmer, um Jefferson anzurufen.
Das Gesicht der alten Frau, das auf dem Bildschirm des Videone erschien, wirkte besorgt. »Warum melden Sie sich nicht? Ich habe schon gefürchtet, es sei etwas schiefgegangen.«
»Tut mir leid. Ich war beschäftigt.« Sie setzte sich vor das Ka-meraauge des Geräts. »Ich habe ihn kennengelernt.«
»Wirklich? Wie ist er?«
»Ziemlich zurückhaltend. Ich glaube, er hat Angst. Er scheint zu glauben, daß Angriff die beste Verteidigung ist. Übrigens, Cam Savenia ist auch hier.«
»Die Senatorin?«
»Sie und der Akellar haben sich auf den ersten Blick ineinander verliebt.« Sie berichtete Sybil, wie Saba in ihre Suite eingedrun-gen war.
Sybil Jefferson lachte meckernd. »Recht geschieht es ihr. Was will sie eigentlich hier?«
»Das Meeting platzen lassen, wenn Sie mich fragen.« Sie fuhr mit der Hand über ihr Kinn. »Übrigens hat er versucht, mich zu bestechen.«
»Tatsächlich? Wieviel hat er geboten?«
»Soweit ist es gar nicht gekommen.«
Jeffersons Gesicht bekam einen nachdenklichen Ausdruck. »Sie scheinen mit ihm zurechtzukommen.«
»Jedenfalls besser als Cam. Er hat mir einen Vortrag über den Platz der Frau in der Gesellschaft gehalten. Aber sonst scheint er ganz in Ordnung zu sein. Während der ersten zehn Minuten hat er ein halbes Kilo Eis verdrückt.«
»Ist er intelligent?«
»Ein Genie ist er sicher nicht.« Das Bild Sybil Jeffersons auf der Mattscheibe des Videones hatte schon einige Male leicht geflackert. Jetzt verzerrte es sich so stark, daß sie kaum noch zu erkennen war. »Ich glaube, irgend jemand versucht mitzuhören.«
»Das merke ich auch. Ich werde mich darum kümmern. Sie haben hoffentlich einen Scanner mitgenommen? Dann rate ich Ihnen, die Suite einmal genau zu untersuchen.«
»Darauf können Sie sich verlassen.«
Als sie am nächsten Morgen Cam anrufen wollte, wurde ihr gesagt, daß Dr. Savenia ausgezogen sei. Paula ließ sich das Frühstück aufs Zimmer schicken. Sie hatte alle Räume mit ihrem Scanner überprüft und zwei kleine Abhörgeräte entdeckt. Sie steckte sie in ihren Koffer, um sie von Technikern in New York untersuchen zu lassen. Der Page, der ihr das Frühstück brachte, machte sich nützlich. Er goß ihr den Tee ein, legte das Besteck griffbereit und stellte Butter und Kefir zurecht.
»Falls Sie auf ein Trinkgeld warten, sind Sie an der falschen Adresse«, sagte Paula und griff nach dem Messer.
»Dr. Savenia hat mir einen Fünfziger gegeben, damit ich gut für Sie sorge.« Der Page stellte eine Platte mit verschiedenen Wurstsorten zurecht und lächelte gewinnend.
»Haben Sie schon die Stythen gesehen?«
Sein Grinsen verstärkte sich. »Und ob. Gestern nacht haben sie einen Heidenkrawall veranstaltet. Oben, im Dachgarten. Haben Sie davon gehört?«
»Welche Stythen waren daran beteiligt?«
Er streckte ihr die offene Hand entgegen. »Zehn
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