Wandernde Welten
an die andere Seite der Bar und goß ihm Whisky nach. Vielleicht konnte sie ihn betrunken machen.
»Sind Sie ein Mensch?« fragte er.
»Ich bin kein Marsianer.« Der scharfe Kupfergeruch ging von ihm aus. Sie öffnete das Kühlfach. »Wollen Sie etwas Eis?«
Er nickte.
Sie nahm mit der Eiszange zwei Würfel heraus und tat sie in sein Glas.
Er fischte ein Stück mit den Fingern heraus und schob es in den Mund. Paula machte sich einen neuen Drink. Sein dichter schwarzer Schnurrbarthing ihm bis auf die Schultern. Cam hatte also recht. Er mußte etwas älter sein als sie, Mitte Dreißig oder Vierzig. Das Eis zerkrachte zwischen seinen Zähnen.
»Wollen Sie meine Vollmacht sehen?« sagte sie.
»Ich weiß, wer Sie sind.« Er leerte sein Glas. »Was ist das für ein Zeug?«
»Scotch Whisky.«
»Nicht schlecht.«
Sie goß ihm das Glas wieder voll. Er schien ziemlich viel vertragen zu können. Er aß den zweiten Eiswürfel. Paula bückte sich unter die Bartheke, entdeckte eine Glasschale und füllte sie mit Eiswürfeln. Sie schob ihm die Schale zu.
»In Zukunft«, sagte er, »wenn ich nach Ihnen rufe, werden Sie kommen.«
»Was hat Cam Ihnen von uns erzählt?«
»Nichts, das ich nicht schon wußte.« Er stützte die Ellbogen auf die Bartheke. »Wir wissen alles über das Komitee.« Er starrte sie ein paar Sekunden lang an und schob zwei Eisstücke in den Mund. Der scharfe Kupfergeruch war vergangen. Er griff nach der Flasche und goß sich sein Glas wieder randvoll.
»Dies kommt von der Erde?« fragte er dann.
»Ja. Whisky wird in Schottland hergestellt.«
»Und dort leben Sie?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich bin in Havanna aufgewachsen. Jetzt lebe ich in New York. Sie sprechen die lingua franca recht gut.«
Er nickte stolz. »Ich habe sie beim Studium technischer Texte gelernt. Sprechen Sie Stythisch?«
»Nicht sehr gut.«
»Sagen Sie etwas in meiner Sprache.«
Sie wollte ihn nicht merken lassen, daß sie die Sprache fließend beherrschte. Gewollt stockend und grammatikalisch unkorrekt sagte sie: »Ich hoffe, Sie gute Zeit auf Mars haben.«
»Wir sollten wohl lieber bei der lingua franca bleiben.« Er setzte das Glas hart auf die Bartheke. »Die Erde ist eine Anarchie.«
»Ja.«
»Keine Regierung, keine Gesetze, keine Armee.«
»Stimmt. Und auch keine Steuern.«
»Das glaube ich Ihnen nicht.«
Paula nahm einen kleinen Schluck von ihrem Whisky. Es war spät. Sie war müde. Und sie mußte noch Sybil Jefferson anrufen.
»Das wird wohl nicht das letzte Mal sein«, sagte sie seufzend.
Seine schwarzen Augen funkelten. Er verschränkte die Unterarme auf der Bartheke und beugte sich vor. »Haben Sie nicht die Aufgabe, dafür zu sorgen, daß ich Ihnen vertraue?«
»Sie müßten ein Narr sein, wenn Sie irgend jemandem vertrauten. Und Sie sehen nicht aus wie ein Narr.«
Er starrte sie ein paar Sekunden lang an. Schließlich glitt er von seinem Barhocker und ging zum Fenster. Der Rückenteil seines Hemdes war dunkel von Schweiß. Sein Haar war straff zurückgekämmt und im Nacken zu einem Knoten aufgesteckt. Paula nahm wieder einen vorsichtigen Schluck Whisky. Sie wollte in diesem Raum nicht viel reden. Zuerst mußte sie nachsehen, ob Cam Savenia nicht irgendwo ein paar Wanzen versteckt hatte.
Er sagte: »Ich kann Cam Savenia verstehen. Sie ist sehr ehrgeizig, und was sind Sie in diesem Spiel?«
»Ich habe einen Job, das ist alles.«
Er fuhr herum und blickte sie an. »Dort, wo ich herkomme, haben Frauen keine Jobs. Sie bleiben zu Hause bei ihren Familien, wo sie hingehören.« Er kam zur Bar zurück, stemmte die Ellbogen auf die Theke und beugte sich zu Paula herab. »Savenia hat gesagt, ich sollte den Leuten vom Komitee kein Wort glauben. Ihr wärt alle Diebe und Lügner.«
Sie antwortete nicht.
»Stimmt das oder nicht? Was wollen Sie? Geld?«
Sie hob den Kopf. »Wollen Sie mich bestechen?«
»Ja.«
»Und was muß ich dafür tun?«
»Das wird man Ihnen rechtzeitig sagen.«
Sie lachte schallend. »Wieviel haben Sie dem Ninive gezahlt, damit man sich nicht mit Ihnen anlegt? Viel zu viel, fürchte ich. Sie hätten sich gleich an das Komitee wenden sollen. Die Leute sind Experten für Bestechung.«
Er setzte sich auf den Barhocker und nahm ein Stück Eis aus der Schale. Es roch wieder nach heißem Kupfer. »Sie lehnen ab?«
»Richtig.«
Er zerbiß den Eiswürfel. Paula lächelte ihn an. Er war sichtlich verlegen und zerrte an den langen Enden seines Schnurrbarts.
»Sind Sie
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