Wanderungen durch die Mark Brandenburg 4. Spreeland.: Beeskow-Storkow und Barnim-Teltow
das Lied vernommen,
Ist über sie gekommen
Der Friede Gottes aus der Höh.
Schmidt von Lübeck
Teupitz war der äußerste Punkt unserer Pfingstfahrt; auf dem Rückwege lassen wir es uns angelegen sein, an Mittenwalde nicht ohne Ansprache vorüberzugehn.
Im allgemeinen darf man fragen: Wer reist nach Mittenwalde? Niemand. Und doch ist es ein sehenswerter Ort, der Anspruch hat auf einen Besuch in seinen Mauern. Nicht als ob es eine schöne Stadt wäre, nein; aber schön oder nicht, es ist sehenswert, weil es alt genug ist um eine Geschichte zu haben.
Es hat sogar eine Vorgeschichte: Sagen und Traditionen von einem Alt -Mittenwalde, das, in unmittelbarer Nähe der jetzigen Stadt, auf der westlichen Feldmark derselben gelegen war. Und in der Tat, unter Wiesen- und Ackerland finden sich an dieser Stelle noch allerlei Steinfundamente vor, und während das Auge des Fremden über Felder und Schläge zu blicken glaubt, sprechen die Mittenwalder vom »Vogelsang«, vom »Pennigsberg«, vom »Burgwall« etc., als ob all diese Dinge noch sichtbarlich vor ihnen stünden.
Daß hier früher, und zwar in einem enggezogenen Halbkreis um die jetzige Stadt her, ein anderes Mittenwalde stand, scheint unzweifelhaft. Es finden sich beispielsweis allerlei Münzen am »Pennigsberg«, und als Ende der fünfziger Jahre Kanalbauten und Erdarbeiten am »Burgwall« zur Ausführung kamen, stieß man auf Eichenbohlen, die wohl drei Fuß hoch mit Feldsteinen überschüttet waren. Ersichtlich ein Damm, der früher – mitten durch den Sumpf hindurch – erst nach dem Burg wall und von diesem aus nach der inmitten desselben gelegenen Burg führte.
So die Traditionen, und so das Tatsächliche, das jene Traditionen unterstützt. Aber so gewiß dadurch der Beweis geführt ist, daß auf der westlichen Feldmark ein anderer, längst untergegangener Ort existierte, sowenig ist dadurch bewiesen, welcher Art der Ort war und in welchem Verhältnis er zu der Burg und dem Pennigsberge stand. Wie verhielt es sich damit? War die Burg ein Schutz der Stadt oder umgekehrt ein Trutz derselben? Waren Stadt und Burg wendisch, oder waren sie deutsch? Befehdeten sie einen gemeinschaftlichen Feind, oder befehdeten sie sich untereinander? Alle diese Fragen drängen sich auf, ohne daß eine Lösung bisher gefunden wäre. Die Tradition scheint geneigt, einen alten Wendenort anzunehmen, der inmitten des »Burgwalls« seine Burg und auf dem »Pennigsberg« seine Begräbnisstätte hatte. Bevor Besseres geboten ist, ist es vielleicht am besten, dabei zu verharren. Ausgrabungen auf dem westlichen Stadtfelde würden gewiß zu wirklichen Aufschlüssen führen, aber diese Ausgrabungen werden in unbegreiflicher Weise vernachlässigt. Die Kommunen entbehren in der Regel des nötigen Interesses und unsere Vereine der nötigen Mittel.
Indessen, lassen wir das vorgeschichtliche Mittenwalde und wenden wir uns lieber dem mittelalterlichen zu, das, aller Verheerungen ungeachtet, in einzelnen Baulichkeiten immer noch existiert. Da haben wir die Mauer mit ihren Tortürmen, da haben wir die Propsteikirche, und da haben wir vor allem auch den »Hausgrabenberg«, von dessen Höhe herab, nach allgemeiner Annahme, »Schloß Mittenwald« in die Mark und die Lausitz hineinblickte. Die Lage dieses »Hausgrabenberges« im Norden des zu verteidigenden Notte-Flüßchens, dazu das Fortifikatorische der an andere Hügelbefestigungen jener Zeit erinnernden Anlage würden es wie zur Gewißheit erheben, daß das Schloß an diesem Punkt, und nur an diesem, gestanden haben müsse, wenn nicht der eine Umstand, daß, soviel ich weiß, keine Spur von Steinfundamenten innerhalb des Berges gefunden worden ist, das Urteil wieder schwankend machte.
Gleichviel indes, was auf seiner Höhe gestanden haben mag, jetzt steht ein Häuschen auf demselben, das sich in Weinlaub versteckt und über dessen Dach hin, als ob es doppelt geschützt werden sollte, sich die Wipfel alter Birnbäume wölben. Im Spätsommer, wenn die blauen Trauben an allen Wänden hängen und die goldgelben Birnen, entweder vom Wind oder der eigenen Schwere gelöst, polternd über das Dach hin rollen, muß es schön sein an dieser Stelle.
Der » Hausgrabenberg « hat ein reizendes Haus. Aber ein baulich größeres Interesse bietet doch der alte Torturm der Stadt, dem wir uns jetzt zuwenden. Er liegt nach Norden hin, auf dem Wege nach Köpnick und Berlin, und führt deshalb den Namen: das Köpnicker oder Berliner Tor. In alter Zeit, als
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